Società | Soziale Medien
Ein tödliches Spiel
Foto: Karolina Grabowska / Unsplash
Laut Recherchen der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ stehen mindestens 15 Todesfälle mit der Blackout Challenge auf TikTok in Zusammenhang. TikTok gilt als die erfolgreichste Social-Media-Plattform der Gegenwart und gehört dem chinesischen Konzern ByteDance. Millionen Kinder und Jugendliche verbringen viele Stunden auf der Plattform – und spornen sich mitunter zu gefährlichen Mutproben an.
Eine davon heißt Blackout Challenge, auch „Choking Game“ oder „Space Monkey“ genannt. Dabei filmen sich Menschen, wie sie sich die Luft abschnüren und wieder zu Bewusstsein kommen. Nach mehreren Sekunden wird der euphorische Moment nach der Ohnmacht festgehalten. Hilfsmittel sind Gürtel, Schnürsenkel, Hundeleinen oder die eigenen Hände.
Über 15 Kinder und Jugendliche sollen ihr Leben verloren haben, weil sie sich an der Blackout Challenge beteiligen wollten. Das belegen öffentliche Mitteilungen, Meldungen und Klagen, die die Zeit gesichtet hat. Die jüngsten Opfer waren acht oder neun Jahre alt. Zeit-Journalistin Hannah Knuth bringt die Vorfälle auch mit den Folgen der Corona-Pandemie in Zusammenhang: „Im ersten Jahr der Corona-Pandemie stieg die Zahl der Downloads von TikTok in den USA innerhalb von neun Monaten um 75 Prozent an. Kinder und Jugendliche saßen zu Hause fest, verbrachten Zeit an ihren Handys.“
TikTok selbst äußert sich zu den tödlichen Vorfällen und teilt sein Mitgefühl für die Verluste der Familien mit. Inhalte wie die Blackout Challenge seien auf der Plattform verboten. Werden solche Videos entdeckt, würde die Plattform sie sofort entfernen. Damit beauftragt sind weltweit mehr als 40.000 Mitarbeiter*innen, die auf der Suche nach illegalen Inhalten von einer automatisierten Technologie unterstützt werden. Nach eigenen Angaben hat TikTok allein zwischen Oktober und Dezember 2022 über 85 Millionen Videos gelöscht.
Funktionsweise der App
Studien zeigen, dass emotionale Botschaften in sozialen Medien eine besonders große Reichweite haben, wenn ihre Inhalte aufregen, berühren, Wut oder Zorn auslösen. Laut Christian Montag, Professor für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm, nutzt das auch TikTok. Denn je länger Nutzer*innen auf der Plattform online sind, desto mehr Daten hinterlassen sie und das Unternehmen kann erfolgreicher Werbung verkaufen.
Drei der betroffenen Familien haben in den USA im vergangenen Jahr Klagen eingereicht. Die App wird als „gefährliches, fehlerhaftes Produkt“ kritisiert. Auch in Italien gibt es einen Todesfall: Die 10jährige Antonella S. würgte sich im Jänner 2021 mit dem Gürtel eines Bademantels. Sie starb kurz darauf an den Folgen in einem Krankenhaus in Palermo.
Solange es keine gesetzlichen Regeln für Plattformen wie TikTok gibt, empfehlen Expert*innen vor allem digitale Bildung für Kinder, Eltern und Lehrkräfte. Etwa rät Manuela Lechner, Koordinatorin des Netzwerks Eltern-Medienfit beim Forum Prävention, im Interview mit salto.bz zu aufmerksamer Beobachtung und Austausch mit den Kindern: „Es hilft, mit ihnen in Kontakt und im Gespräch zu bleiben, sich dafür zu interessieren, was die Kinder in der digitalen Welt machen, und diese ein Stück weit gemeinsam zu entdecken.“ In Südtirol gibt es verschiedene Beratungsstellen für problematische Mediennutzung.
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