Economia | Landwirtschaft

Keine Millionen

Die FF bringt eine Geschichte über eine Millionenfinanzierung durch den europäischen Wiederaufbauplan für Leo Tiefenthaler. Das Problem: Die Zeitung recherchiert schlecht.
MASAF
Foto: MASAF
  • Es ist eine vermeintliche Top-Nachricht, die der Informant gleich mehreren Medien anbietet.
    Der Succus: Leo Tiefenthaler, bis vor kurzem Obmann des Südtiroler Bauernbundes (SBB), soll über 20 Millionen Euro aus dem europäischen PNRR-Plan für ein Projekt erhalten. 
    Dass das Ganze nicht aus der Luft gegriffen ist, soll ein offizielles Dokument anschaulich machen, das der Informant beilegt.
    Es handelt sich um das Dekret Nr. 0342515 des Generaldirektors des Ministero dell’agricoltura, della sovranità alimentare e delle foreste, Oreste Gerini, das am 30. Juni 2023 ausstellt wurde.  Es ist die Genehmigung und die Rangordnung der Projekte, die das Landwirtschaftsministerium zur Finanzierung durch den europäischen Wiederaufbauplan zugelassen hat.
    In der offiziellen Rangliste kommt auch Leo Tiefenthaler vor. Unter dem verdächtig klingenden Namen „Vinum Vita Est 2022“ wird dem Montaner Landwirt in dem amtlichen Dekret ein „contributo ammesso“ von 20.220.521 Euro zugesprochen. 
    Schaufelt hier der langjährige SBB-Obmann Millionen Euro für ein privates Projekt ab? Nutzt Leo Tiefenthaler Insiderwissen zur privaten Bereicherung aus?

  • Langjähriger Bauernbundobmann Leo Tiefenthaler: Kein privates Projekt. Foto: Plattform Land
  • Die FF springt auf diese Geschichte auf. „Die Euromillionen“ ist ein Artikel betitelt, der in der aktuellen Ausgabe des Wochenmagazins erschienen ist. Im Vorspann heißt es: „Der Wiederaufbaufonds bringt viel europäisches Geld nach Italien. Dabei können auch Südtirols Betriebe absahnen.
    Denn noch interessanter wird die Geschichte, wenn man sich die Rangliste genauer durchschaut. In dieser Liste findet sich noch weit vor Leo Tiefenthaler ein zweiter bekannter Südtiroler und sein Unternehmen. Einem gewissen Ulrich Zuenelli wird im selben Beschluss ein Beitrag von 11.981.566,22 Euro zugesprochen. Diese Beitrag läuft unter der Programm „filiera delle nocciole“. 

  • Südtiroler Vorzeigeunternehmen Loacker: Fast 12 Millionen Euro aus den PNNR-Gelder für die Landwirtschaft. Foto: Loacker AG
  • Ulrich Zuenelli ist der CEO des bekannten Südtiroler Großunternehmens „Loacker AG“. Der Rittner Waffelhersteller hat in Italien mehrere Nussbaum-Plantagen und plant, noch weitere zu betreiben. Dafür hat Zuenelli jetzt beim Landwirtschaftsministerium um einen Millionenbeitrag angesucht.
    FF hat sowohl mit Tiefenthaler als auch mit Zuenelli gesprochen. Beide geben sich zuversichtlich, dass die Millionen aus Europa auch fließen werden.

  • Falsche Fährte

    Kellerei Tramin: Umbauprojekt soll finanziert werden. Foto: Paola Bertoletti

    SALTO hat diese Geschichte bereits vor zwei Wochen ausrecherchiert. 
    Dabei kam schnell heraus, dass es sich beim Projekt von Leo Tiefenthaler um kein privates Geschäft handelt. Der Name des Ex-SBB-Chefs steht in seiner Funktion als Obmann der Kellerei Tramin in diesem offiziellen Akt. Angesucht hat die Traminer Kellerei für einen Umbau, der bereits im Gang ist. Zudem ist die Kellerei nur der sogenannte „capo filiera“ für eine Reihe ähnlicher Projekte von Kellereien. Darunter auch Südtiroler Kellereien.
    Das erklärt Leo Tiefenthaler dann auch in der FF.
    Was die Wochenzeitung aber nicht schreibt: Diese Millionen aus Rom und Brüssel wird es in Wirklichkeit aber kaum geben.
    Denn sowohl der Informant als auch der FF-Journalist haben anscheinend ein zweites amtliches Dokument übersehen. Mit dem Dekret des Generaldirektors im Landwirtschaftsministerium wird eine Rangliste nach Punkten genehmigt, in der insgesamt 309 Bewerber aufscheinen. Das Loacker-Projekt rangiert dabei auf Platz 191 (82,71 Punkte), während das Tiefenthaler-Projekt auf Rang 263 (77,18) aufscheint. 

  • Zu wenig Geld

    Am 15. November 2023 erlässt Generaldirektor Oreste Gerini ein weiteres Dekret (Nr. 0633056), mit dem die Auszahlung der Beiträge beschlossen wird. Darin wird festgehalten, dass für diese Programme für die Jahre 2024 bis 2026 insgesamt 1.203,3 Millionen Euro aus dem PNNR-Fond zur Verfügung gestellt werden. 
    Nach Rekursen und einer weiteren Überprüfung wurde die Rangliste, die drei Monate zuvor beschlossen wurde, dabei noch einmal leicht korrigiert. Die Bewertung des Projekt der Weinkellereien, das von Leo Tiefenthaler in seiner Eigenschaft als gesetzlicher Vetreter eingebracht wurde, wird nach oben korrigiert. Mit 81,18 Punkten landet dieses Ansuchen jetzt auf Platz 223 der Rangliste, während das Loacker-Projekt auf den 195. Platz abrutscht.
    Mit diesem Beschluss werden insgesamt 690 Millionen Euro zugesprochen und ausbezahlt. 
    Doch die Beiträge gehen an die Projekte, die auf der Rangliste auf den ersten 39 Plätzen stehen. Der 40. auf der Rangliste bekommt schon nichts mehr. Denn die 690 Millionen sind bereits ausgeschöpft. 

  • Vergabebeschluss: Die Hälfte der Gelder bereits durch die ersten 39 Projekte ausgeschöpft. Foto: MASAF
  • Im Beschluss des Landwirtschaftsministeriums heißt es:

    „Per i restanti programmi le verifiche delle condizioni di ammissibilità anche dei singoli progetti di cui al comma 1, previste dall’Avviso verranno effettuate in caso di rendessero disponibili ulteriori risorse finanziarie.“

    Diese zusätzlichen Gelder dürfte es geben. Man hat immerhin erst die Hälfte der veranschlagten Summe ausbezahlt. Aber auch wenn der Staat die gesamten 1,2 Milliarden Euro an Beiträgen vergibt, kommt man damit kaum über den 100. Platz der Rangliste hinaus. Vielleicht kommt es durch eine weitere Aufstockung der Gelder sogar dazu, dass die ersten 150 Projekte dieser Rangliste finanziert werden. „Weiter wird man aber kaum kommen“, sagt ein Südtiroler Fachmann zu SALTO.
    Das heißt, die Euromillionen werden den beiden Südtiroler Projekten zwar auf dem Papier zugesprochen. Aber wohl nicht ausbezahlt. 

Da bin ich, was die Kellerei betrifft, erleichtert!
Ich möchte mich nicht in den privaten Drogenkonsum der Einzelnen einmischen und auch den Drogenanbau nicht grundsätzlich verboten wissen.
Aber die öffentlichen Hand sollte sich aus dem Geschäft heraushalten und es weder direkt noch indirekt fördern! Sie zahlt schon genug für die Folgeschäden.

Mer, 04/24/2024 - 14:06 Collegamento permanente