Società | Neuroreha

Saltuaris Ultimatum

Ultimatum von Leopold Saltuari an Südtirols Politik: Wenn innerhalb dieser Woche kein klares Wort fällt, ist er weg. Landeshauptmann Kompatscher scheint unbeeindruckt.

„Tatsachen und klare Worte“: Unter diesem Titel lud Leopold Saltuari, Primar der Abteilung für neurologische Akutnachbehandlung am Landeskrankenhaus Hochzirl und – man muss sagen – ehemaliger wissenschaftlicher Leiter der Neuro-Reha in Sterzing am Dienstag Vormittag zur Pressekonferenz ins Bozner Hotel Laurin. Denn, wie Saltuari in seinem offenbar ultimativem Hilferuf über die Medien klarstellte: Wenn er alle zwei Wochen für ein paar Stunden in den vierten Stock des Sterzinger Krankenhauses kommt, um PatientInnen zu sehen und sich mit den 30 MitarbeiterInnen des Kompetenzzentrums abzusprechen, tut er dies seit 1. Jänner dieses Jahres ohne Vertrag, ohne Bezahlung und ohne Versicherung. „Indem ich dies öffentlich erkläre, mache ich mich am Ende auch noch rechtlich angreifbar“, erklärte Saltuari vor der versammelten Südtiroler Presse. Schließlich ist der Vertrag des Südtiroler Sanitätsbetrieb mit den Tirol Kliniken, laut dem der international angesehene Neurologe in Sterzing ein Kompetenzzentrum für Neurorehabilitation aufbauen und Forschung betreiben soll, mit Ende 2015 ausgelaufen. Und obwohl Leopold Saltuari im November 2015 nach einem ersten medialen Hilferuf  laut seinen Worten von Landeshauptmann Arno Kompatscher das Versprechen erhielt, innerhalb maximal einer Woche eine Antwort zur Zukunft der Neuro-Reha in Sterzing zu erhalten, wartet er bis heute darauf. „Bis zum heutigen Tag haben weder der Landeshauptmann noch Landesrätin Martha Stocker auf meine unzähligen Mails und Kontaktversuche geantwortet“, erklärte er. Seine Schlussfolgerung: „Wenn dies innerhalb dieser Woche nicht geschieht, bin ich definitiv weg.“

Es ist nicht die erste Drohung,  die der Professor mit dem wallenden weißen Haar an Südtirols Landesregierung richtet. Viele der Fakten, die er am Dienstag noch einmal im Hotel Laurin präsentierte, waren in den vergangenen Monaten bereits in den Medien zu lesen. Eine Bettenstation, die mit 15 Betten zu klein bleibt, um wirtschaftlich und vor allem mit Exzellenz arbeiten zu können. Rund fünf Millionen Euro, die in den vergangenen Jahren in ein Kompetenzzentrum investiert wurden, um dann die Verlegung der Intensiv-Betten nach Brixen anzukündigen – und zwar ohne Saltuari zu informieren. Zum bereits bekannten Vorwurf, dass die Landesregierung nicht nur Saltuaris Anfragen nicht beantwortet, sondern auch Schreiben des Kolosses Tirol Kliniken zu ignorieren scheint, gesellte sich laut Saltuaris Darstellung eine weitere Kuriosität. Demnach sei im April bei den Tirol Kliniken nun doch noch ein bereits von Generaldirektor Thomas Schael unterzeichneter Vertrag eingetroffen, in dem in drei Zeilen die Verlängerung der Zusammenarbeit erklärt wird. In Innsbruck habe man ihm jedoch klar zu verstehen gegeben, dass man dort ohne vorherige Verhandlungen und Gespräche keine Verträge schließe, sagte Saltuari. Vielmehr warte man auch bei den Tirol Kliniken darauf, dass er sich mit der Landespolitik bzw. dem Südtiroler Sanitätsbetrieb auf das weitere Vorgehen einige. 

Miserables Zeugnis in Sachen Kommunikation

Es ist eine Geschichte mit vielen Fragezeichen, die - bei aller Einseitigkeit der heutigen Darstellung - der Landesregierung zumindest in Sachen Kommunikationspolitik ein miserables Zeugnis ausstellt. Warum wird in Zeiten des akuten Ärztemangels eine international anerkannte Kapazität, der auch noch weitere kompetente Ärztinnen für Sterzing gewinnen konnte, bis hin zu einer Pressekonferenz getrieben statt ihm eine Aussprache zu gewähren? Warum wird die seit den Neunziger Jahren verfolgte Idee, ein Kleinkrankenhaus wie Sterzing durch ein Kompetenzzentrum aufzuwerten und vor allem den vielen Südtiroler Neuro-Reha-PatientInnen, die heute im Ausland behandelt werden, eine lokale Alternative zu bieten, offenbar fallengelassen? Saltuari selbst zerschlug am Dienstag gleich mehrere im Raum stehende Erklärungen. Den angeblichen Vorwurf, in Sterzing werde zu wenig Forschung betrieben, widerlegte er mit einer langen Liste von Forschungsabreiten und vor allem einer Reihe von Videos. Darin zeigte der Primar von Hochzirl eindrucksvolle Beispiele, wie dank Forschung und einer unmittelbar begonnen Rehabilitation wahre Wunder bei manchen Neuro-PatientInnen erzielt werden können. Auch einen angeblich fehlenden 24h-Dienst der Anästhesie in Sterzing, der als Begründung für eine Verlegung der Intensivbetten nach Brixen genannt worden sei, lässt Leopold Saltuari nicht gelten. Einerseits, weil ihm der ärztliche Direktor des Krankenhauses Sterzing Franz Ploner das Gegenteil versichert hätte. „Andererseits arbeiten wir auch in Hochzirl ohne 24-Stunden-Anästhesie“, so Saltuari. „Und das bei 700 Patienten im Jahr und einer Warteliste von 150.“

Klar scheint nur, dass die unsichere Zukunft der Neuro-Reha mit der unsicheren Zukunft des Krankenhauses Sterzing in Zusammenhang steht. Bestätigt wurde dies auch von einer ersten Stellungnahme von Landeshauptmann Arno Kompatscher auf Leopold Saltuaris Ultimatum. „Wenn Herr Saltuari an Sterzing interessiert ist, und davon bin ich immer ausgegangen, dann muss er die Geduld haben, die Entscheidung abzuwarten, die von den Parteigremien in den kommenden Wochen zur Zukunft von Sterzing getroffen wird“, zeigte sich Kompatscher auf Nachfrage von Journalisten nach der Sitzung der Landesregierung recht unbeeindruckt. Leopold Saltuari machte am Dienstag Vormittag allerdings nicht wirklich den Eindruck, diese Geduld noch zu haben. „Ich hätte sicher bereits schon viel früher den Hut werfen müssen“, sagt er. „Doch ich habe einfach mein Herzblut in das Projekt gesteckt und mich auch den Leute gegenüber verpflichtet gefühlt, die ich extra dafür hergeholt habe.“ Nun verlange er dagegen zumindest eines: ein klares Ja oder Nein.