Meran: Bettengrenze erreicht?
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Kaum ein Tag vergeht ohne neue Meldungen über Touristenströme, die Südtirol derzeit regelrecht überfluten – manche würden sagen: heimsuchen. Neue Rekordzahlen sind zur Normalität geworden. Umso verständlicher, dass die Nachricht, Meran seien rund 300 Gästebetten zugewiesen worden derzeit einen besonders wunden Punkt trifft. In den sozialen Medien häufen sich Beschwerden über überfüllte Straßen und Cafés, in denen kaum noch ein Einheimischer einen Sitzplatz findet. Anderen Berichten zufolge kann es in der Hochsaison schon einmal eine Stunde dauern, um von einem Ende der Stadt zum anderen zu kommen.
„In dieser Verordnung geht es nicht darum, dass Meran neue Gästebetten will.“
„In dieser Verordnung geht es nicht darum, dass Meran neue Gästebetten will“, stellt Bürgermeisterin Katharina Zeller deshalb klar. Die Betten seien der Passerstadt bereits vor drei Jahren zugewiesen worden – nur habe erst die neue Stadtregierung die nötige Verordnung dazu ausgearbeitet. Der entsprechende Entwurf wurde vorgestern (22. Juli) vom Stadtrat gutgeheißen. Er legt die Kriterien und Modalitäten für die Zuweisung von Gästebetten an Beherbergungsbetriebe fest und soll demnächst dem Gemeinderat zur Genehmigung vorgelegt werden.
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Drei Jahre Stillstand
Drei Jahre habe Stillstand geherrscht, berichtet Zeller. Der Grund: In der vorherigen Legislaturperiode hatte die Lista Civica unter Zellers Vorgänger Dario Dal Medico darauf gepocht, zusätzliche Betten an Privatzimmervermieter zu vergeben. „Wir waren immer dagegen“, betont Zeller. Nun herrscht Einigkeit: In der neuen Verordnung sind keine zusätzlichen Betten für private Vermieter vorgesehen. Für die Vergabe stehen zwei Kontingente zur Verfügung. Das sogenannte Vorschusskontingent wurde mit Dekret Nr. 25 des Landeshauptmanns vom 26. September 2022 festgelegt und sieht für Meran 296 zusätzliche Gästebetten vor. Laut Entwurf ist folgende Aufteilung vorgesehen
- 266 Betten für gastgewerbliche Betriebe
- 30 Betten für Urlaub auf dem Bauernhof
- Keine Betten für private Zimmervermietung oder möblierte Ferienwohnungen
Daneben verfügt die Gemeinde über ein separates Kontingent mit aktuell 39 Betten für die nicht-gewerbliche Privatzimmervermietung.
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Merans Besonderheit: viele Tagestouristen
Im Vergleich zu den Tourismushochburgen der Nachbargemeinden verfüge Meran über relativ wenige Hotelbetten, argumentiert Zeller. Aktuell zählt die Stadt 8.918 Gästebetten: 6.423 in gastgewerblichen Betrieben, 2.087 bei Privatzimmervermietern und in Ferienwohnungen sowie 408 auf Bauernhöfen. Damit verfüge Meran über in etwa gleich viele gewerbliche Betten wie die viel kleinere Nachbargemeinde Schenna. Auch deshalb sei Meran im Vergleich zu Gemeinden wie Wolkenstein (33 Betten) oder Schenna (41 Betten) mit mehr Betten bedacht worden. Das Hauptproblem sei jedoch nicht die Anzahl der Nächtigungsplätze, sondern der Tagestourismus: Wie in der Landeshauptstadt Bozen drängen bei Regenwetter die Urlauber aus den Umlandgemeinden in die Stadt und verstopfen Straßen und Plätze. Der eigentliche Druck auf die Stadt gehe also nicht von den Meraner Betten aus, sondern von Gästen, die in anderen Gemeinden nächtigen.
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Airbnb und Co. eindämmen
Kritisch sieht die Stadt jedoch den unkontrollierten Zuwachs an privaten touristischen Vermietungen über Plattformen wie Airbnb, die dem Mietmarkt in Meran viel Wohnraum entzogen hätten. Vor diesem Hintergrund habe man bewusst darauf verzichtet, dem Segment der privaten Zimmervermietung weitere Gästebetten aus dem Landeskontingent zuzuteilen. „Wir setzen auf strengere Kontrollen“, kündigt Zeller weiters an. Die Stadt wolle verstärkt gegen ungenehmigte oder exzessive Kurzzeitvermietungen vorgehen. Zudem sollen die neu zugewiesenen Betten nicht auf einen Schlag vergeben werden: Jährlich werde die Stadt entscheiden, wie viele Betten in welchen Kategorien vergeben werden. „So können wir Jahr für Jahr nachjustieren und uns touristisch gezielt weiterentwickeln“, so die Bürgermeisterin.
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Regionale Zusammenarbeit gefordert
Was eine gemeinsame Tourismusstrategie im Bezirk Meran betrifft – insbesondere zur Lenkung des Ausflugsverkehrs aus Schenna oder Dorf Tirol –, verweist Zeller auf das noch auszuarbeitende Gemeindeentwicklungsprogramm und das Tourismusentwicklungskonzept. „Mein Wunsch ist es, gemeinsam mit den Nachbargemeinden – Tirol und Schenna sind bereits aktiv – an einem Konzept zu arbeiten. Wir spüren den Tourismusdruck der anderen Gemeinden in unserer Stadt sehr stark“, sagt Zeller. Vor allem im Bereich Mobilität müsse die Zusammenarbeit deutlich intensiviert werden.
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In die gleiche Kerbe schlägt Florian Mayr: Der Fraktionssprecher der Grünen in Meran fordert eine breite, ehrliche Diskussion über die Tourismuspolitik der Stadt – und zwar unter Einbeziehung aller Beteiligten, nicht nur der Touristiker und Unternehmer. „Die Stimmung kippt“, sagt Mayr mit Blick auf die zunehmende Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Viele Meraner hätten genug von überfüllten Straßen, Wohnungsknappheit und einem Tourismus, der ihnen zunehmend den Alltag erschwert. Besonders kritisiert Mayr die Verdrängung auf dem Wohnungsmarkt durch Ferienvermietung. „Airbnb ist ein großes Problem. Ganze Mietwohnungen verschwinden vom Markt und werden an Gäste vermietet – oft illegal, manchmal legal, aber jedenfalls zulasten der Einheimischen.“ Gleichzeitig fehle es an einem verbindlichen Tourismusentwicklungskonzept. Die Diskussion über die Zuteilung von 300 neuen Gästebetten sei ein Symptom: „Es zeigt, wie sensibel das Thema geworden ist.“ Auch beim Verkehr brauche es neue Konzepte: Mayr spricht sich für eine moderne, sanfte Mobilitätslösung aus. Mit dem Standseilbahnprojekt, das auf die Initiative der Grünen zurückging, hätte man hier eine Vorreiterrolle einnehmen könne – allerdings wurde es in der vergangenen Legislatur versenkt. Die Seilbahn hätte das Umland mit der Stadt optimal verbunden und den Verkehr in Meran entlastet, ist Mayr überzeugt. Das Ziel sei klar: ein Tourismus, der mit der Stadt und ihrer Bevölkerung in Einklang steht – statt einseitig auf Wachstum zu setzen. Kritik übt der Grünen-Politiker am – wie er ihn nennt – Industrie-Tourismus, sprich an den Bettenburgen. „Wir waren in Südtirol immer stark, weil wir familiengeführte Betriebe hatten. Heute diktieren Großinvestoren die Linie – und das führt uns in die falsche Richtung.“ Mayr plädiert für eine langfristige Strategie und mehr Mut zur politischen Gestaltung. „Wir brauchen keine neuen Ausnahmen, sondern klare Regeln. Und den politischen Willen, sie durchzusetzen.“
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