Società | Masken-Skandal

„Wir machen Sie fertig“

Der Bozner Arzt Andreas Tutzer über seine Aussage im Masken-Untersuchungsausschuss, seine Kritik an den Schlauchtüchern, die Drohungen danach und mögliche Klagen jetzt.
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Foto: Südtiroler Freiheit
Salto.bz: Herr Tutzer, nachdem Salto.bz am Montag über Ihre Aussage im Masken-Untersuchungsausschuss des Landtages berichtet hat, erhielten wir eine Mail von Marco Cappello. Der Direktor des Rechtsamtes des Sanitätsbetriebes schreibt darin: „Die heute publizierten Aussagen von Herrn Dr. Tutzer sind völlig falsch und ich werde rechtliche Initiativen ergreifen.“
 
Andreas Tutzer: Eigentlich sollte das, was im Untersuchungsausschuss gesagt wird, vertraulich behandelt werden. Es scheint aber hier eine undichte Stelle zu geben. Dabei kann ich die Reaktion von Cappello durchaus verstehen. Wenn jemand solche Anschuldigungen vorbringt, dann muss er ja mit einer Klage drohen, um eine weiße Weste zu behalten. So jedenfalls interpretiere ich das.
 
Kurz vorher hat Marco Cappello auch Ihnen geschrieben. „Sehr geehrter Dr. Tutzer, nun werde ich mich an einen Kollegen RA wenden, um festzustellen, ob Sie solche Aussagen konkret gemacht haben, die nicht wahr sind, und danach um eventuelle rechtliche Initiativen zu ergreifen“, heißt es in der Mail. Mit Verlaub, haben Sie alles erfunden?
 
Nein. Tatsache ist, dass die Worte so gefallen sind, wie ich sie am Freitag im Untersuchungsausschuss wiedergegeben habe. Das heißt: Mir wurde am Telefon gedroht. Es wurde gesagt, ich soll meine Kritik sofort zurückziehen, ansonsten würde mir jemand vorbeigeschickt werden. „Wir machen Sie fertig“, hat man mir am Telefon wörtlich gesagt.
Mir wurde am Telefon gedroht. Es wurde gesagt, ich soll meine Kritik sofort zurückziehen, ansonsten würde mir jemand vorbeigeschickt werden
Und es war Marco Cappello, der diese Worte in den Mund genommen hat?
 
Ja. Der Anruf wurde – wenn ich mich richtig erinnere – über die Telefonzentrale des Krankenhauses durchgestellt. Glücklicherweise war bei mir jemand anwesend, der den Anruf auch mitgehört hat. Deshalb habe ich notfalls auch einen Zeugen. Ich sage nur das, was wahr ist. Ich habe keinerlei Interesse dem Doktor Cappello etwas zu unterstellen oder anzutun. Mir geht es in diesem Fall ausschließlich darum, wie mit dem gesamten Masken-Skandal umzugehen ist. Und vor allem aufzudecken, was unrechtmäßig geschehen ist.
 
Was aber war der Grund dieser Bedrohung?
 
Die Anschuldigung war, dass ich Kritik an den Äußerungen der Sanitätsspitze geübt habe. Es ist darum gegangen, dass der Sanitätsbetrieb der Meinung war, dass ein Hals- oder Schlauchtuch als Infektionsprophylaxe gelten soll. Es liegen aber zu viele Daten und Studien vor, die diese Aussage widerlegen. Deshalb kann ich da als Arzt nicht einfach still sein und das einfach abnicken. Meine Kritik wurde aber alles andere als goutiert und das hat dann zu dieser Aktion geführt.
 
 
 
Sie sind Funktionär der Südtiroler Freiheit und haben am 20. März in einer Pressemitteilung mit dem Titel „Schals sind kein Infektionsschutz“ diese Gangart offen kritisiert. Das scheint der Südtiroler Sanitätsspitze besonders sauer aufgestoßen zu sein?
 
Ich habe keine Parteifunktionen, sondern ich bin ein einfaches Mitglied der Südtiroler Freiheit. Wenn es aber um medizinische, fachliche Fragen geht, dann werde ich gefragt und erlaube mir meine Meinung zu sagen. Ich habe diese Aussage als Arzt getroffen. Und sie der Südtiroler Freiheit zur Verfügung gestellt.
 
Sie haben diesen Anruf als klare Bedrohung erlebt?

Ja, als ganz klare Bedrohung. Es war wirklich eine sehr unangenehme Situation. Denn mir ist es noch nie passiert, dass mir jemand persönlich so etwas androht. Ich habe in dem Moment wirklich nicht mehr gewusst, was mir passieren wird. Sie werden vielleicht lachen: Aber es hat so ausgeschaut, dass nach diesem Anruf jemand vorbeikommt, mir einen Sack über den Kopf stülpt und ich links und rechts mit einer Keule eines übergezogen bekomme. Ich habe wirklich Angst gehabt. Als ich mich dann informierte, wie ich mit dieser Sache umzugehen habe, hat sich das Ganze langsam gelegt.
 
 
Sie haben dann auch einen Anruf von Generaldirektor Florian Zerzer bekommen?
 
Das war so: Im selben Telefonat hat mir Cappello angeraten, Florian Zerzer anzurufen. Weil diese Beanstandung vom Generaldirektor ausgegangen sei oder er irgendwie mit involviert ist. Deshalb habe ich Florian Zerzer angerufen. Ich habe mich dann mit ihm ausgesprochen.
 
Mit welchem Ergebnis?

Der Succus der ganzen Aktion war, dass mir nahegelegt wurde, eine Korrektur in der Pressemitteilung anzufügen. Auch das ist heute noch nachvollziehbar. Denn es ist ein „Nachtrag“ dazugekommen, wo ich meine ursprüngliche Kritik etwas relativiere. Der Sinn dieser Korrektur war es, meinen Hals zu retten.
Es ist ein „Nachtrag“ dazugekommen, wo ich meine ursprüngliche Kritik etwas relativiere. Der Sinn dieser Korrektur war es, meinen Hals zu retten.
Fünf Monate später haben Sie jetzt die gesamte Geschichte im Untersuchungsausschuss des Landtages offen dargelegt. Warum?
 
Im Untersuchungsausschuss ist eine Frage gekommen, auf die ich ehrlich geantwortet habe. Dabei habe ich auch Namen genannt. Jetzt scheint es, dass mir das wieder zum Verhängnis werden sollte, indem man jetzt mit Klagen wegen Verleumdung oder Rufschädigung droht. Hier geht es darum, die saubere Weste des Sanitätsbetriebes zu wahren.
 
Haben Sie jetzt Angst unter die Räder zu kommen?
 
Natürlich mache ich mir Gedanken, ob ich mir damit hier in Südtirol meine berufliche Zukunft verbaue. Mein Glück ist es, dass ich im Südtiroler Sanitätsbetrieb keine Stelle mehr habe. Ich habe gekündigt und gehe ins Ausland. Aber es stellt sich natürlich die Frage, ob und wie ich wieder zurückkommen kann.
 
Ist diese Episode ein Ausreißer im Südtiroler Sanitätsbetrieb oder durchaus gängige Praxis?
 
Dazu kann ich nichts sagen. Ich kenne keinen anderen Fall. Ich kann mich deshalb nur auf das beziehen, was mir passiert ist. Und das ist sehr besorgniserregend.
 
 
 
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Peter Gasser Mar, 08/25/2020 - 07:53

„Dabei habe ich auch Namen genannt. Jetzt scheint es, dass mir das wieder zum Verhängnis werden sollte, indem man jetzt mit Klagen wegen Verleumdung oder Rufschädigung droht. Hier geht es darum, die saubere Weste ... zu wahren“.
Ja, diese Hinweise mit „Klagen wegen Verleumdung oder Rufschädigung“, und diese Bestreben, „die saubere Weste ... zu wahren“.

Mar, 08/25/2020 - 07:53 Collegamento permanente
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Salto User
Manfred Gasser Mar, 08/25/2020 - 08:13

"Natürlich mache ich mir Gedanken, ob ich mir damit hier in Südtirol meine berufliche Zukunft verbaute". Allein schon, sich darüber Gedanken machen zu müssen, wenn man die Wahrheit ausspricht, ist sehr besorgniserregend.

Mar, 08/25/2020 - 08:13 Collegamento permanente
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Max Benedikter Mar, 08/25/2020 - 09:35

Ich will dazu nur eines sagen. Ich habe einige Jahre regelmäßig mit Dr. Tutzer zusammen gearbeitet. Ich habe ihn stets als kollegialen, fleißigen, extrem korrekten und fachlich kompetenten Kollegen erlebt. Ein großer Verlust für das Krankenhaus Bozen.

Mar, 08/25/2020 - 09:35 Collegamento permanente
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Manfred Klotz Mar, 08/25/2020 - 11:45

Ich habe Dr. Tutzer über den Sport als kompetenten, sympathischen Mann kennengelernt. Ich kenne aber auch Marco Capello gut und muss mich doch sehr wundern, dass er solche Aussagen gemacht haben soll, das ist eigentlich überhaupt nicht sein Stil.

Mar, 08/25/2020 - 11:45 Collegamento permanente