Alle nach Hause?

Am 24. Mai wurde Luigi Spagnolli zum dritten Mal zum Bozner Bürgermeister gewählt. Auf den Tag genau vier Monate später könnte seine Amtszeit schon wieder zu Ende sein. Zum einen, weil am heutigen Donnerstag, 24. September, um 18 Uhr die beiden Misstrauensanträge gegen ihn auf der Tagesordnung des Gemeinderats stehen. Zum anderen, weil sich die Gerüchte verdichten, dass Spagnolli das Handtuch werfen und zurücktreten könnte. Bereits mehrere Male soll er in internen Parteisitzungen damit gedroht haben, “alle nach Hause zu schicken”. Auf den möglichen Rücktritt hin angesprochen, ließ Spagnolli verlauten, dass er dazu nichts sage – erst zu gegebener Zeit werde er sich äußern.
Von der Abstimmung über die Misstrauensanträge am Donnerstag Abend dürfte der Bürgermeister nichts zu befürchten haben. Die Einbringer selbst – allen voran die Lega Nord – glauben nicht daran, dass sie die nötigen 23 Stimmen zusammen bekommen, um Spagnolli zu stürzen. Nicht alle Oppositionsräte scheinen auf ihre Posten verzichten zu wollen – diese müssten sie im Falle eines Abtritts des Bürgermeisters räumen. Franco Murano, der für Forza Italia im Gemeinderat sitzt erklärt: “Ich glaube nicht, dass ich für den Misstrauensantrag stimme, ich halte es für eine unnötige Sache.” Viel wichtiger sei, das Wahlrecht zu ändern bevor man erneut an die Urnen schreite. Ein klares, erneutes “Nein” zu Bürgermeister und Mehrheit kommt hingegen von Anna Pitarelli. Die abtrünnige SVP-Rätin sieht etwa in der angekündigten Erweiterung des Stadtrates ein Täuschungsmanöver der Mehrheit, um sich das Vertrauen jener Gemeinderäte zu sichern, die noch nicht sicher sind, wie sie abstimmen. Das ihre bekommt Spagnolli jedenfalls nicht.
Die Grünen wenden sich indes mit einem offenen Brief an Spagnolli, den PD und die SVP. Sie werfen den beiden großen Parteien vor, für die eigentlichen Probleme in der Gemeindepolitik verantwortlich zu sein. Und wenn jetzt “immer abstrusere” Forderungen an die beiden Grünen Gemeinderäte gestellt würden, dann dürfe nicht vergessen werden, dass sie es gewesen seien, die PD und SVP die Mehrheit gesichert hätten. Würde sich die Regierungskoaltion jetzt nicht ihrer Verantwortung stellen, sehen Tobe Planer und Marialaura Lorenzini nur einen Ausweg: Neuwahlen.
Tutto questo deve finire. La città e chi, forse per l’ultima volta, è andato a votare, si aspetta un regolare funzionamento della vita democratica. Se non siete in grado di rispondere a queste legittime attese, abbiate l'onestà di ammetterlo - per poter permettere un ricambio che in quel caso sarà assolutamente necessario. E assumetevi quella responsabilità che, da partiti di governo in Comune e Provincia, vi spetta e magari vi pesa. Ma è un peso onorevole. Prendetevene carico! (Planer & Lorenzini)
Applaus und Zustimmung kommt von Claudio Della Ratta, als PSI-Rat selbst Teil der Mehrheit. Er hatte sich stets gegen die Grünen in der Koalition ausgesprochen. Doch dieses eine Mal gibt er ihnen Recht: “Seit drei Monaten warten wir und können uns nicht entscheiden. Es ist an der Zeit, diese Ratsperiode in Gang zu bringen oder sie zu stoppen. Basta perdere tempo a parlare in politichese.” Anderswo liest man die offenen Grünen Worte erwartungsgemäß anders. “Die Grünen Alles-Blockierer haben sich entschlossen, den Bürgermeister zu unterstützen, aber in gewissen Anliegen auch nicht. Dieses Verhalten zeigt, dass nicht nur der Bürgermeister Angst vor Neuwahlen hat”, schreibt der Landtagsabgeordnete Andreas Pöder. “Momentan ist Bozen gelähmt, selbst der Stillstand steht mittlerweile still”, so seine Beobachtung. Sowohl Pöder als auch die Freiheitlichen sehen nur einen Ausweg für Bozen: Neuwahlen. Weder Bürgerunion noch Freiheitliche waren im Mai zu den Wahlen angetreten. Ob sie im Falle von erneuten Wahlen Morgenluft schnuppern?
Innerhalb von PD und SVP hält man sich noch bedeckt. Erst einmal soll die Abstimmung über die Misstrauensanträge über die Bühne gebracht werden. “Dann sehen wir weiter”, meint etwa SVP-Fraktionssprecher Luis Walcher. Auch Judith Kofler-Peintner will bis Freitag ausharren, denn es könne durchaus sein, “dass wir dann gar nicht mehr im Amt sind”. Vom PD hat sich neben Alexander Tezzele auch Liliana Di Fede zu Wort gemeldet. Sie besteht weiterhin auf einen zusätzlichen Posten für ihre Partei im Stadtrat. Damit war der PD innerhalb der Mehrheit auf Widerstand gestoßen. “Wir akzeptieren aber keine Veti”, stellt Di Fede klar. Sie wünscht sich eines: dass der Gemeinderat endlich mit seinen Arbeiten loslegen kann. Wie wohl viele andere in der Landeshauptstadt auch.