Wir sagen "NEIN" zu Gewalt gegen Frauen
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Wir sagen "NEIN" zu Gewalt gegen Frauen
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Seit dem 1. Januar 2023 wurden in Italien mehr als 100 Frauen getötet. Von diesen wurden 83 Opfer von Gewalt im familiären oder emotionalen Umfeld und ganze 54 von ihren Partnern oder Ex-Partnern umgebracht[1]. Der Internationale Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, der jedes Jahr am 25. November begangen wird, wirft erneut Licht auf dramatische Daten, die von einem Land erzählen, in dem die Gleichstellung der Geschlechter noch lange nicht Realität ist.
In Italien ist nur eine von zwei Frauen erwerbstätig
Und selbst wenn Frauen eine Erwerbstätigkeit haben, werden sie systematisch schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen, selbst bei gleicher Qualifikation und Funktion. Die Folge ist eine wirtschaftliche und finanzielle Verarmung, die sie oft in ihrer Entscheidungsfreiheit einschränkt. Im Durchschnitt entspricht das geschlechtsspezifische Lohngefälle für Frauen in Italien 12,5 % und der Lohnunterschied nimmt für Frauen progressiv zu, wenn sie auf der Karriereleiter höher steigen. Allerdings muss betont werden, dass Frauen, die es schaffen, die so genannte „gläserne Decke“ zu durchbrechen und Führungspositionen zu erreichen, immer noch eine Minderheit sind. Wie aus dem Buch She Leads von 4.Manager, einer bilateralen Vereinigung von Confindustria und Federmanager, das von Il Sole 24 Ore veröffentlicht wurde, hervorgeht, sind nur 28 % der Führungspositionen mit Frauen besetzt, und diese Zahl sinkt bei CEO-Positionen börsennotierter Unternehmen auf 3 bis 4 %. Dieses Ungleichgewicht ist auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:
- Stereotypen, die immer noch sehr präsent sind und von klein auf gepflegt werden: Denken wir daran, wie sich die geschlechtsspezifischen Einstellungen in der Schule auf die Wahl der Studiengänge und folglich auf die berufliche Entwicklung auswirken können.
- Child Penalty und Ungleichgewicht bei den Betreuungsaufgaben: Die Kindererziehung obliegt nach wie vor größtenteils den Frauen. Nach Schätzungen der ILO (International Labour Organization, Internationale Arbeitsorganisation) wenden italienische Frauen täglich 5 Stunden und 5 Minuten für unbezahlte Betreuungsarbeit auf, Männer nur 1 Stunde und 48 Minuten. Außerdem sinkt der Prozentsatz der Erwerbstätigkeit von 71 % bei Frauen ohne Kinder auf 54 % bei Frauen mit einem Kind unter 6 Jahren. Anders gesagt, wird die Familie in dieser Hinsicht zu einem echten Nachteil für Frauen.
- Mit einem unterdrückenden Umfeld verbundene Schwächen: Eine der Folgen davon, jahrelang an zweiter (oder letzter) Stelle zu stehen, ist das Hochstapler-Syndrom. Es handelt sich um ein persönliches Gefühl, das ein echtes innerliches Hindernis darstellt, und gegen das Frauen selbst ankämpfen müssen, um ihren eigenen Weg zu gehen, sowohl im Beruf als auch in anderen Bereichen.
In diesem Zusammenhang fällt die Dynamik der physischen und psychischen Gewalt auf fruchtbaren Boden: In Italien wird alle drei Tage eine Frau Opfer eines Feminizids, das heißt, sie wird allein aufgrund der Tatsache, dass sie eine Frau ist, aufgrund der ihr zugewiesenen Rolle getötet. Natürlich geschieht dies auch in anderen Ländern. Geschlechtsspezifische Gewalt ist ein globales Problem: Nach Angaben der WHO erfährt ein Drittel der Frauen weltweit mindestens einmal im Leben Gewalt. Opfer dieser Gewalt sind sehr oft auch Minderjährige. Und wir sollten nicht vergessen, dass Gewalt auch emotionale Erpressung umfasst, die keine blauen Flecken am Körper hinterlässt, aber genauso weh tut.
Wie man der geschlechtsspezifischen Gewalt entkommen kann
Die Journalistinnen von Il Sole 24 Ore Radiocor, Chiara di Cristofaro und Simona Rossitto, erzählen in ihrem Buch „Ho detto NO“ anhand von acht Geschichten aus dem wirklichen Leben, wie man der geschlechtsspezifischen Gewalt entkommen kann.
- Dass erste Schlüsselwort heißt „Netzwerk“. Ein Netzwerk von 350Beratungsstellen für Frauen in Gewaltsituationen (Centri antiviolenza) und 366 Frauenhäusern in ganz Italien, auf die sich Frauen verlassen können. Die Unterstützung beginnt beim ersten Telefonanruf: 1522 ist die Telefonnummer, die von der Abteilung für Chancengleichheit eingerichtet wurde und 24 Stunden am Tag aktiv ist. Sie garantiert Anonymität und ermittelt die Zentren in der Nähe der misshandelten Frau, um ein erstes Gespräch zu vereinbaren. In dieser Phase werden Informationen gesammelt und personalisierte Unterstützungsmaßnahmen Wenn die Frau sich bereit fühlt, nimmt die Beratungsstelle Kontakt mit Anwälten auf, um Strafanzeige zu erstatten, und versucht auch, die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Frau zu fördern, falls diese nicht gegeben ist. Wie bereits erwähnt, ist ökonomische Gewalt in der Tat oft ein Hemmnis für eine Anzeige. Nach Angaben des Vereins D.i.Re – Donne in rete contro la violenza (Frauen im Netzwerk gegen Gewalt) sind etwa 35 % der Frauen davon betroffen. In den letzten Jahren haben die Arbeitsberatungsdienste zugenommen, obwohl die Mittel knapp sind: Nur ein Drittel der Aktivistinnen in den Beratungsstellen wird bezahlt, die anderen sind ehrenamtlich tätig. Ein weiteres Problem ist die territoriale Ungleichheit: Die meisten Frauenhäuser befinden sich in Norditalien, und dasselbe gilt für die Beratungsstellen für Frauen in Gewaltsituationen.
- Der zweite wichtige Punkt für einen Ausweg aus der Gewalt ist „Nein zur sekundären Viktimisierung sagen“: Sehr oft werden Frauen für das, was ihnen widerfahren ist, schuldig gemacht. Dies wird als „doppelte Gewalt“ bezeichnet. Dadurch werden sie noch weiter entmutigt, Anzeige zu erstatten.
- Diese Dynamik geht Hand in Hand mit einer anderen strategischen Frage: der Kompetenz der in diesem Bereich tätigen Personen. Sozialarbeiter, Ärzte und Pflegepersonal, Strafverfolgungsbehörden, Anwälte und Richter müssen sich der Problematik der geschlechtsspezifischen Gewalt bewusst sein und bereit sein, sie vorurteilsfrei zu behandeln. Denn wie die Autorinnen unterstreichen, sind Stereotypen heutzutage auch in Gerichtssälen immer noch weit verbreitet.
- Das vierte Schlüsselwort ist „Männer“: Es sind die Männer, die an vorderster Front einzubinden sind, um Gewalt gegen Frauen zu ächten. „Ohne unterstützende Maßnahmen“ – heißt es im Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission zu Frauenmorden – „werden mehr als 8 von 10 Männern erneut Gewalt gegen Frauen ausüben.“ Aber auf Männer einzuwirken – als Präventivmaßnahme und nicht nur nach einem Gewaltereignis – bedeutet, auf die Gesellschaft als Ganzes einzuwirken.
Der Wendepunkt wird erst dann erreicht sein, wenn ein echtes kulturelles Bündnis zwischen Frauen und Männern geschaffen wird, das mit der Erziehung aller Generationen in allen Bereichen beginnt: von der Schule über Sportzentren bis hin zum Arbeitsplatz. Die Vorbeugung geht durch die Sprache, die wir verwenden, die Filme, die wir sehen, das Verhalten, das wir am Arbeitsplatz an den Tag legen. Dies erfordert ein tiefes und akribisches Engagement für jeden dieser Aspekte, denn nur so können Beziehungen geschaffen werden, die auf Gleichberechtigung und nicht auf einer patriarchalischen Kultur basieren.
[1] Angaben vom Amt für öffentliche Sicherheit