Der Måwe-Beschluss
Dass der Hut brennt, wurde am Montagnachmittag gleich zu Beginn der SVP-Parteiausschusssitzung klar. Dieter Steger hatte sich kaum hingesetzt, da erhielt er vom Parteiobmann schon eine Order. Der SVP-Fraktionssprecher im Landtag soll zusammen mit dem Vorsitzenden der SVP-Bezirksobleute Christoph Perathoner überprüfen, wer die Wahlwerbung der SVP-Kandidatin Marie Måwe bezahlt hat.
Richard Theiner baute so vor: Keiner im SVP-Ausschuss sollte das heikle Thema ansprechen. Denn schon vorher auf der Sitzung der SVP-Parteileitung waren die Wogen hochgegangen. Vor allem aber war Theiner plötzlich in arge Verlegenheit geraten. Der ehemalige Wahlkampfleiter Hanspeter Munter untergetaucht und nicht erreichbar, der SVP-Landesekretär Martin Alber absolut ahnungslos, versucht der SVP-Obmann jetzt auf Zeit zu spielen. In zwei Wochen soll das Duo Perathoner-Steger in der SVP-Parteileitung das Ergebnis ihrer Untersuchungen präsentieren. Man hofft bis dahin irgendwie eine Erklärung zusammenzimmern zu können.
Ausgegangen war alles von einer Meldung auf salto.bz. Am Montag früh hatten wir enthüllt, dass Hanspeter Munter als SVP-Wahlkampfmanager bei den vergangenen Landtagswahlen eine Geheim-Aktion eingefädelt hat. Das umstrittene Pin-Up-Poster der schwedischen Kandidatin Marie Måwe wurde von ihm erdacht und aus der Parteikasse gezahlt. Kostenpunkt: 23.000 Euro.
Die Meldung ließ nicht nur in der Brennerstraße die Alarmglocken läuten. Mehrere SVP-Landtagskandidaten empörten sich über die Vorzugsbehandlung einer Kandidatin. „Ich fasse es nicht....“, postete etwa die Eppaner SVP-Referentin und SVP-Landtagskandidatin Wally Kössler auf Facebook. Vor allem die Tatsache, dass die SVP sich solche Eskapade in einer Phase leistet, in der die Partei finanziell praktisch vor dem Konkurs steht, ärgert viele aus der Basis.
Gestern suchte man in der SVP-Parteileitung deshalb nach einem Ausweg. „Die Aktion wurde von Sponsoren bezahlt, die das Geld der Partei überwiesen haben“, erklärte Richard Theiner nach der Sitzung. Die Namen der edlen Spender wolle man nicht nennen. Dabei kursiert seit Tagen innerhalb der SVP, inständig der Name eines möglichen Finanziers: Podini. Doch Alex Podini dementiert. „Meine Familie hat keinen Cent für diese Werbung oder für Frau Måwe gespendet“, sagt der Bozner Unternehmer gegenüber salto.bz.
Dabei wissen einige wenige innerhalb der SVP, dass die Sache ganz anders gelaufen ist. Denn in Wirklichkeit wurde die Werbeaktion für Marie Måwe im SVP-Wahlkampfkomitee besprochen und beschlossen. Diesem Komitee gehörten neben Wahlkampfleiter Hanspeter Munter, SVP-Obmann Richard Theiner, Spitzenkandidat Arno Kompatscher auch die drei Obmannstellvertreter Martha Stocker, Thomas Widmann und Daniel Alfreider an.
Die SVP hatte für den Landtagswahlkampf 2013 den Nordtiroler Politikwissenschaftler Rainer Nick und sein „Institut für angewandte Politikwissenschaft“ (IFAP) als Berater engagiert. Es war Nick, der dem Wahlkampfkomitee einen Vorschlag machte.
Die SVP sei vor allem bei den Unter-40jährigen und bei den jungen Italienern schlecht unterwegs. Genau in diesen Zielgruppen aber habe die schwedische Kandidatin Marie Måwe beste Umfragewerte. Sein Idee: Man soll mit Måwe eine Sonder-Werbeaktion machen.
Nach einer kurzen Diskussion beschloss das Komitee diese Aktion durchzuführen. Damit war das Pin-Up-Poster von Marie Måwe geboren. Zudem beauftragte man den Wahlkampfleiter Hanspeter Munter Sponsoren für die Aktion zu finden.
Arno Kompatscher, Richard Theiner & Co scheinen sich nur jetzt nicht mehr dran so genau erinnern zu wollen.
Bezahlt wurden die Rechnungen für die Agentur und den Druck aus der Parteikasse der SVP. Das bestätigt gegenüber der Tageszeitung Dolomiten auch SVP-Landessekretär Martin Alber. Derzeit weiß niemand, ob Hanspeter Munter wirklich Spender für das Werbeprospekt von Marie Måwe gefunden hat.
„Natürlich gab es Spender“, sagt ein Mitkandidat, „doch die haben der Partei gespendet und nicht spezifisch einer Kandidatin.“ Es gab zwar wie bei jeder Wahl einige Unternehmer, die einzelne Kandidaten und Kandidatinnen finanziell unterstützt haben, aber in den meisten Fällen haben diese Unternehmer die Drucksachen für Kandidaten direkt bezahlt. Und nicht über die Parteikasse.
Sollte es die angeblichen Måwe-Spender aber geben, werden sie schon bald öffentlich werden. Das Staatsgesetz zur Parteienfinanzierung sieht vor, dass jede Partei neben ihrer Bilanz auch alle Spenden über 5.000 Euro veröffentlichen muss.
Spätestens dann kann man nachfragen, wer von den edlen Spendern Marie Måwe kennt.
"Is this what we came into
"Is this what we came into politics for? " –
"Yeah, that and the pussy."
The Thick of It, Series 4, Episode 3.