Società | Kritik

Der Falsche

Wie schnell wird man im harten Kampf um Auflage unschuldig zum Gewalttäter? Von medialen Abgründen und couragierten jungen Menschen, die sie nicht hinnehmen wollen.

Vom Hockeytormann zum vermeintlichen Gewalttäter:  Unter diesem Titel erzählte die Bloggerin Sylvia Pöhl am Montag auf salto.bz eine Geschichte, die  zwischen Wien und Südtirol angesiedelt ist – und zugleich hart mit den Medien ins Gericht geht. Der Anlass? Ein randalierender Rittner Student und Eishockey-Torwart, der in Nacht auf Sonntag in Wien wegen schwerer Körperverletzung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und Diebstahls angezeigt wurde. Während über den jungen Mann in den meisten österreichischen und auch Südtiroler Medien nur als „Südtiroler“ oder unter den Initialen M.G oder M.V.G. berichtet wurde, enttarnte ihn die Tageszeitung Österreich am Montag auf ihrer Aufmacherseite als Roland F. – und brachte auch gleich ein Foto des vermeintlichen Gewalttäters. Zwar mit einem schwarzen Balken unkenntlich gemacht, aber doch für viele Südtiroler klar erkennbar: Roland Fink, bekannter zweiter Tormann der Rittner Serie A-Eishockeymannschaft Ritten Sport.

„Als ich das Foto auf ‚Österreich’ gesehen haben, bin ich fast vom Stuhl gefallen“, erzählt Sylvia Pöhl. Die Rittnerin, die in Wien gerade ihr Studium für Europäische Ethnologie abgeschlossen hat, war am Samstag Abend wie viele andere Mitglieder der Wiener Südtirol-Community auf einem Konzert einer Südtiroler Band. Am Tag darauf macht das Gerücht vom nächtlichen Zwischenfall an einem Kebab-Stand mit einem Südtiroler die Runde.  „Alle haben herumgerätselt, wer das gewesen sein soll“, erzählt Pöhl. Als sie dann schließlich am Montag den Österreich-Aufmacher zugeschickt bekommt, weiß sie sofort, dass dies nicht die Auflösung des Falls sein kann. Denn als Rittnerin kennt sie Roland Fink persönlich – und weiß, dass er am Samstag Abend ein wichtiges Spiel in Klobenstein hatte. „Ich habe das richtig fies und gemein gefunden, und auch von Freunden mitbekommen, dass alle außer sich sind“, sagt sie. Und so nimmt sie sich ein Herz - und rückt die Sache gemeinsam mit ihrem Freund Manuel Profunser auf salto.bz zurecht. Neben der Richtigstellung, dass es sich beim vermeintlichen Gewalttäter nicht um Roland F. handeln könne, geht sie auch hart mit der Tageszeitung ins Gericht.

„Die Tatsache, dass hier anscheinend durch Zufallsprinzip Personen beschuldigt werden, nur um Auflagen zu erhöhen, rüttelt an der (sowieso schon geringen) Glaubwürdigkeit von „Österreich“, die hinter dem Kurier und der Kleinen Zeitung der 3.größte APA-Printeigentümer ist.“

Roland Fink selbst will zu der Causa zumindest vorerst nicht Stellung nehmen. „Herr Fink möchte keine Interviews geben und sich in Ruhe auf die anstehenden Finalspiele vorbereiten“, teilt der Eishockeyclub auf Anfrage mit. Der Spieler habe die ganze Angelegenheit seinem Rechtsanwalt übergeben. Dieser wird angesichts des handfesten „Alibis“ des Hockeyspielers zumindest keinerlei Probleme haben, den Fehlgriff der Zeitung zu belegen. „Wir haben am Samstag den Einzug in das Halbfinale geschafft und der Roland ist unser Back-up-Goalie – es ist also 1000-prozentig sicher, dass er am Ritten war und nicht in Wien“, heißt es bei den Rittner Buam. 

Twittern mit Presserat

Die Frage ist eher, welche Konsequenzen es für eine Zeitung mit mehr als 700.000 Lesern pro Auflage hat, wenn sie ungefragt ein Facebook-Foto samt leicht recherchierbarem Profil auf ihren Titel stellt – und darunter schreibt: 22-jähriger Sportler wollte 3 Euro-Kebab nicht bezahlen. Amtsärztin sagte geschockt: „Ich habe noch nie so eine Brutalität gesehen.“

So etwas kann doch nicht einfach durchgehen“, findet jedenfalls der gebürtige Brixner und derzeitige Wahl-Wiener Daniel Goggi. Auch der Journalismus-Student im vierten Semester wollte in der Causa nicht untätig bleiben. „Ich habe am Montag zuerst die Titelseite von Österreich gesehen und dann über Facebook den Beitrag von Sylvia Pöhl gelesen“, erzählt er. Seine Reaktion? Er leitete den Artikel an den österreichischen Presserat weiter. Also jene Selbstregulierungseinrichtung des österreichischen Pressewesens, die es selbst als eine ihrer wesentlichen Aufgaben bezeichnet, „Missstände im Pressewesen aufzuzeigen und diesen entgegenzuwirken“.  Für Goggi ist der Fall Fink ein eindeutiges Beispiel für einen solchen Missstand: „Wenn es handfeste Beweise gibt, dass er nicht einmal in Wien war, muss das aufgeklärt werden“, sagt er. „Hier geht es um eine extreme Rufschädigung, so etwas kann Leute in bestimmten Fällen auch in den Ruin treiben.“ 

Eine erste Reaktion des Presserates folgte am Dienstag über Twitter.

Wie weit die Kreise noch werden, die sich um diese Wien-Südtirol-Geschichte ziehen, wird nun auch von Roland Fink abhängen. Aus seinem Freundeskreis ist zu hören, dass er derzeit „erst einmal alles verarbeiten muss“. Wohl auch die Tatsache, anstelle eines ihm gut bekannten Hockeyspielers medial verurteilt zu werden.

Statt ihm ereifert sich in der Zwischenzeit auch im Forum der auflagenstärksten österreichischen Tageszeitung Krone  jemand über seinen Fall.

Österreich (Zeitung) lügt

Es ist ja in Wirklichkeit eh nichts Neues, und es funktioniert nur deshalb noch (auch wenn die Glaubwürdigkeit dahin ist), weil jeden Tag neuer Dreck auf den gekippt wird, dessen Wahrheitsgehalt man eben zertrümmert hat: Die Zeitungen, allen voran ÖSTERREICH und HEUTE lügen nicht nur, in dem sie die Wahrheit verdrehen, umdeuten, biegen und zurechtschneidern, sondern in dem sie schlicht und ergreifend erfinden, wo ihnen die Fakten fehlen. Eine besonders widerliche Geschichte: http://salto.bz/article/23032015/vom-hoc…en-gewalttaeter

Ist das jetzt "pars pro toto"? Kann man davon ausgehen, dass der gesamte Boulevard (mindestens) so arbeitet? Und wenn ja: welche Leute sind das bitte? Wer lässt sich soweit korrumpieren, um einen solchen völlig falschen und rufschädigenden Stuss zu veröffentlichen?

Zumindest laut Fallstatistik des Österreichischen Presserats steht die Kronen Zeitung ihrem kleinen Bruder dabei aber um nichts nach. Im Gegenteil: In Sachen Krone waren im Vorjahr 51 Fälle beim Presserat anhängig. Als Nummer 2 mit 30 Fällen folgt - Österreich.

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Harald Knoflach Mer, 03/25/2015 - 17:28

ich finde es ziemlich bizarr, wie ihr da auf der einen seite zurecht den wahnsinn anprangert, den zeitungen wie österreich und heute tagtäglich aufführen und wie ihr auf der anderen seite grundlegenste prinzipien des rechtsstaates sowie persönlichkeitsrechte einer tatverdächtigen missachtet, indem ihr deren vollen namen, diverse facebookfotos usw. nach außen kehrt.

Mer, 03/25/2015 - 17:28 Collegamento permanente
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Gianmarco Eccher Gio, 03/26/2015 - 20:12

In risposta a di Harald Knoflach

Trovo bizzarro piuttosto il commento e non invece l'articolo, che -contrariamente a quanto affermato- non parla dei sospettati, ma invero della vittima della superficialità e leggerezza (considerando che allo stato non paiono esservi degli indizi di consapevolezza) del giornale.
Siccome le foto già pubblicate e l'acronimo Roland F. in verità non lasciavano dubbi su chi fosse l'interessato, è opportuno essere univoci e chiari quanto meno nel dare conferma e prova della sua assoluta estraneità ai fatti.

Gio, 03/26/2015 - 20:12 Collegamento permanente