Società | Kindergarten und Sprachen

Ein- Zwei- oder Mehrsprachig?

Das Problem der überfüllten deutschsprachigen Kindergärten ist immer noch nicht gelöst. Die Landesregierung will die Anmeldung für deutsche und italienische Kindergärten vereinheitlichen. Das hilft aktuell allerdings kaum weiter und erklärt auch das Phänomen dahinter nicht.

Ein Gespräch mit Kindergarten-Inspektorin Christa Messner über den Ansturm auf deutsche Kindergärten und Sinn und Unsinn frühen Spracherwerbs.

Warum besteht so großes Interesse am deutschen Kindergarten?
Ein Grund ist sicher die unterschiedliche pädagogische Konzeption, die bei uns besonders stark das Kind im Zentrum hat und die Interessen und vor allem das aktive Sein der Kinder unterstützen. Wir legen außerdem ein großes Augenmerk auf die Außenräume, die so gestaltet sind, dass sie den Kindern viele Möglichkeiten bieten, und dass wir diese Möglichkeiten auch nutzen.
In zweites Argument ist sicher auch, dass die jüngeren Generationen in Südtirol immer stärker zweisprachig sind und sich viele Italiener ganz bewusst dafür entscheiden, der deutschen Sprache mehr Gewicht zu geben.

Ist es überhaupt sinnvoll Kinder so früh mit einer zweiten Sprache zu konfrontieren?
Wir stellen natürlich auch Forderungen an die Familien. Wir klären darüber auf, dass es nicht ausreicht, die Kinder einfach nur in den deutschen Kindergarten zu schicken, sondern dass sie das Kind auch begleiten und der deutschen Sprache in ihrem täglichen Leben eine Relevanz geben müssen. Andernfalls wird es gerade für sehr kleine Kinder sehr schwierig. Der Eintritt in den Kindergarten ist insgesamt eine große Herausforderung für das Kind, da ist eine zusätzliche Sprache auch eine zusätzliche Belastung.

Wie ist es eigentlich der Umgang mit der Zweitsprache? Ist alles was nach „Immersion“ riecht immer noch ein absolutes no go?
Wir sind klar auf die deutsche Sprache ausgerichtet. Aber natürlich können die Pädagoginnen in Kleingruppen oder im individuellen Kontakt auch das Italienische Anwenden. Oft müssen sie das ganz einfach auch, um sich verständlich zu machen. Alle Kindergärtnerinnen haben heute den Zweisprachigkeitsnachweis A, also da dürfte es keinerlei Probleme geben, aber das geleitete pädagogische Geschehen erfolgt in deutscher Sprache. Wir dürfen auch nicht außer Acht lassen, dass bei uns die Kinder mit 2,5 Jahren beginnen und da kommt man mit der Muttersprache allein schon oft nicht weiter, sondern muss kreativ sein. Hinzu kommen auch noch die Kinder mit Migrationshintergrund als besondere nicht nur sprachliche Herausforderung.

Es ist also nicht so, dass Italienisch verboten ist und die Kinder nicht einmal ein italienisches Lied lernen oder einen italienischen Reim lernen dürfen, wie man gerade auf den Dörfern immer wieder hört?
Nein, absolut nicht. Wir bemühen uns mittlerweile sehr, die zweite Sprache aber auch das Ladinische in unsere Kindergärten hineinzubringen - über das Zählen, Lieder, Reime, kurze Texte… Die Kinder nehmen das mit Begeisterung auf und dazu gibt es auch didaktische Begleitmaterialien von Kinderbüchern bis hin zu Audiovisuellen Medien.

Andererseits hört man zuweilen auch Klagen italienischsprachiger Eltern, dass ihre Kinder zu wenig Deutsch lernen, im deutschen Kindergarten…
Unser Fokus liegt sicher nicht auf dem Spracherwerb im Sinne einer Sprachschule. Wir achten auf die Bedürfnisse und Potentiale des Kindes und in diesem Alter erfolgt das Sprachenlernen ja auch nicht über das Training sondern im Alltag. Und noch einmal: Wenn es Anliegen der Familie ist, dass ein Kind zweisprachig aufwächst, kann dies nicht nur Aufgabe des Kindergartens sein. Da braucht es Unterstützung aus dem familiären Umfeld und da spielen zum Beispiel auch anderssprachige Freunde eine sehr große Rolle.
Eine wesentliche Voraussetzung zum guten Erlernen der Zweitsprache ist zu allererst auch einmal die Stärkung der Erstsprache. Ich betrachte es z.B. nicht als notwendig, dass ein Kind aus einem einsprachigen Umfeld bereits im Kindergarten mit der Zweitsprache befasst werden muss. Dafür sollte der Zweitsprachenunterricht in der Grundschule verstärkt werden.

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Irene Cennamo Gio, 03/28/2013 - 17:10

Das einsprachige Bildungssystem basiert auf einzelzielsprachlicher Förderung, das sollte uns schon klar sein, wenn wir in Südtirol vom formalen Bildungsweg sprechen. Das ist Teil des Bildungsauftrags der monolingualen Schule! Was nicht heißt, dass ich rein bilinguale Modelle als "das Gelbe vom Ei" betrachte!! (Mehr)sprachlich inklusiv sind auch die nicht so besonders!! Denn die werden "nur von italo-deutschsprachigen" Kindern besucht!! Die ebenfalls im Interview angesprochenen, sogenannten "Kinder mit Migrationshintergrund" sind da nicht wirklich vorgesehen, obwohl sie unsere Schulen u. Kindergärten multilingual machen!! Dessen Sprachen werden aber kaum mitberücksichtigt und wertgeschätzt, deshalb können wir nur von vielsprachiger Schülerschaft sprechen, noch kaum von mehrsprachiger Schule bzw. Kindergarten! Da gibt es noch reichlich Aufholbedarf!!!

Gio, 03/28/2013 - 17:10 Collegamento permanente
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Greta S Ven, 05/10/2013 - 20:40

Ich hatte meinen ersten Kontakt mit der Zweitsprache im Kindergarten und ich kann mich erinnern, dass auch viele der anderen Kinder genauso wie ich deutschsprachige Eltern hatten. Damals war ich erst drei und ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie es im ersten Jahr war. Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern, welche Sprache ich mit den anderen Kindern hauptsächlich sprach oder ob überhaupt zwischen den Sprachen gewechselt wurde. Die Kindergärtnerinnen haben sicherlich nur italienisch gesprochen. Ich mochte meine Kindergartenzeit und bin mir sicher, dass ich es meinem frühen Kontakt mit der Zweitsprache verdanke, dass ich mich heute noch mit Fremdsprachen leicht tue. Ich konnte bei niemandem um mich herum wahrnehmen, dass er mit der Sprachsituation überfordert wäre.

Ven, 05/10/2013 - 20:40 Collegamento permanente