Die Verjüngungskur
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Die Operation ist noch top secret. Selbst dem Redaktionskomitee und den Gewerkschaften wurde bisher noch nichts offiziell mitgeteilt. Gleichzeitig hat man jenen, die informiert sind, ein strenges Schweigegelübde aufgebürdet.
Wenn diese Woche der Verwaltungsrat der „Società Inziative Editoriali SPA“ (S.I.E.) zusammentritt, dann wird es um die Wachablöse an der Spitze der Bozner Tageszeitung Alto Adige gehen. Direktor Alberto Faustini wird nach 13 Jahren sein Amt niederlegen und durch einen deutlich jüngeren Direktor ersetzt werden.
Nach Informationen von SALTO soll Faustinis Nachfolger Mirco Marchiodi werden, derzeit Koordinator des Bereichs „Studien und Kommunikation“ im Südtiroler Unternehmerverband und damit sozusagen Pressechef der Südtiroler Unternehmervereinigung. -
Faustinis Karriere
Dabei hat Alberto Faustini eine durchaus beachtliche journalistische Karriere hingelegt. Der Sohn des bekannten Trentiner Journalisten Gianni Faustini ist nach einen Soziologiestudium an der Universität Urbino seit 1989 Berufsjournalist. Er arbeitet zunächst für den „Gazzettino di Venezia“ und den Bozner „Il Mattino“, bevor er zum Chefredakteur des Trentiner „L’Adige“ berufen wird. Nach einem Zwischenspiel als Leiter des Presseamtes der Trentiner Landesregierung übernimmt er 2009 für 11 Monate die Leitung der Tageszeitung „La Nuova Ferrara“ und wird dann zum Direktor der Trentiner Alto-Adige-Ausgabe „Il Trentino“. Im Juli 2011 wird er schließlich zum Chefredakteur des Mutterblattes „Alto Adige“ gekürt.
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Alberto Faustini leitet die Zeitung auch, nachdem die „Athesia AG“ 2016 zuerst die Mehrheit an der damaligen Alto-Adige-Herausgebergesellschaft SETA AG und dann auch jene in der Trentiner SIE SPA übernimmt. Von März 2019 bis September 2022 ist Alberto Faustini damit gleichzeitig Direktor der beiden größten italienischen Tageszeitungen in der Region Trentino-Südtirol: des Alto Adige in Bozen und des L’Adige in Trient.
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Sinkende Auflagen
Seine Wachablöse an der Spitze des italienischen Bozner Zeitungsflaggschiffs kommt nicht überraschend. Es ist seit langem kein Geheimnis, dass der Haussegen zwischen Alberto Faustini und dem Hauptaktionär „Athesia“, vertreten durch Athesia-Direktor, SIE-CEO und Handelskammer-Präsident Michl Ebner, gestört ist.
Athesia hat nach ihrem Einstieg einen rigiden Sparkurs im Alto Adige gefahren und die Redaktion personell ausgedünnt. Diese Entwicklung ist auch eine Folge der dramatisch sinkenden Auflagezahlen. Ein Geschäftsverlauf, der durchaus im Trend der gesamtstaatlichen Zeitungen liegt. -
Denn zwischen 2004 und 2022 ist die verkaufte Auflage des Alto Adige um 55 Prozent gesunken. Gleichzeitig gingen auch die Werbeeinnahmen drastisch zurück. In der letzten Athesia-Bilanz von 2023 steht zu lesen:
„Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat SIE Spa eine rote Null geschrieben: Es war ein Restrukturierungsprogramm notwendig, das sich zurzeit in Umsetzung befindet.“
Zu dieser Restrukturierung gehört jetzt auch der Wechsel an der Spitze.
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Die Verjüngung
Alberto Faustini, der im Oktober seinen 60. Geburtstag feiert, dürfte aber im SIE- und Athesia-Bereich bleiben. Der Alto Adige-Direktor arbeitet seit Jahren mit der nationalen RAI zusammen, macht dort Sendungen zu historischen Themen. Dabei scheint Faustini die Leidenschaft für das Fernsehen entdeckt zu haben. Hier dürfte der Trentiner Journalist ein neues Betätigungsfeld gefunden haben. Zumal Athesia erst im vergangenen Jahren indirekt auch in den Bozner Regionalsender VB 33 eingestiegen ist.
Als Nachfolger von Faustini soll – nach nicht bestätigten Indiskretionen – Mirco Marchiodi ernannt werden.
Der 45-jährige, perfekt zweisprachige Bozner schrieb nach einem Wirtschaftsstudium an der Mailänder Bocconi jahrelang als Redakteur für den Alto Adige. Vor allem über Wirtschaftsthemen. Seit Mai 2012 arbeitet Marchiodi als Pressechef und Abteilungsleiter für den Unternehmerverband Südtirols.
Mirco Marchiodi gilt als hervorragender Journalist, der sich im Laufe der Jahre ein prominentes Netzwerk aufgebaut hat. Seine berufliche Herkunft dürfte jetzt auch bei der Wahl zum möglichen neuen Alto-Adige-Chef eine entscheidende Rolle gespielt haben.
„Michl Ebner versucht seit Jahren sowohl in Trient als auch Bozen die lokalen Wirtschaftskreise, die Institutionen – wie etwa die Handelskammer – und seine Privatunternehmen eng zu verzahnen."
Denn vor allem Michl Ebner versucht seit Jahren sowohl in Trient als auch Bozen die lokalen Wirtschaftskreise, die Institutionen – wie etwa die Handelskammer – und seine Privatunternehmen eng zu verzahnen.
Mirco Marchiodis Berufung zum neuen Alto-Adige-Direktor wäre eine weiterer Schritt in diese Richtung.
... bei verunglückten…
... bei verunglückten Kleidungsstücken, nennt man das -v e r f i l z t!