Im Regierungsbündnis knistert es zunehmend. Nicht nur in der Koalition, sondern auch innerhalb der beiden Parteien. So hat Staatssekretär Giancarlo Giorgetti dem Vorschlag der Mini-Bot eine rüde Absage erteilt. "C'è ancora chi crede in Borghi?" fragt er unter Anspielung an seinen Parteikollegen und Euro-Gegner Claudio Borghi. Der Vorsitzende des Haushalts-Ausschusses der Kammer und Befürworter einer Rückkehr zur Lira verwies darauf, dass die von der europäischen Zentralbank als "valuta parallela" eingestuften Schatzscheine im Koalitionsabkommen vorgesehen seien. Damit nicht genug. Der als italienischer EU-Kommissar gehandelte Giorgetti erklärte, er sei an diesem Amt nicht interessiert. Die Regierung scheint weitgehend gelähmt. Die Sitzung des Ministerrates zum Thema Autonomie verlief am Dienstabend ergebnislos, die für Mittwoch anberaumte Kabinettssitzung wurde abgesagt. Premier Giuseppe Conte wirkt zunehmend nervös und orientierungslos.
Die ebenfalls im Regierungsabkommen vorgesehene Autonomie wird immer mehr zum Stolperstein. Seit Monaten wehrt sich der Süden der Halbinsel gegen die Gewährung einer Autonomie an Venetien und die Lombardei, die als "Privileg der ohnedies reichen Regionen des Nordens" gesehen wird. Die Bewegung, die den Grossteil ihrer Wähler im Süden hat, wehrt sich nun gegen die von Volksabstimmungen abgesegnete Autonomie.
Doch Di Maios Truppen kämpfen auch an anderen Fronten. Von ihrer Webseite wurde nach mehreren Stunden ein post entfernt, das die Vergabe der Olympischen Spiele als Vittoria del M5S dei lombardi e degli italiani feierte. Ersetzt wurde es durch eine kritische Stellungnahme Di Maios : "Con i giochi si rivede il partito del cemento che allunga le mani sul territorio."
Bekanntlich hatte Turins Fünf-Sterne-Bürgermeisterin Appendino eine Beteiligung ihrer Stadt an der Olympia-Kandidatur abgelehnt und erst im letzten Moment erfolglos versucht, eine gemeinsame Bewerbung mit Mailand anzubieten.
"Stiamo rischiando la nostra Identità", warnt Kammerpräsident Fico, der die Basis mit seiner kritischen Grussbotschaft zum Tag der Republik verunsichert hatte. Auch die Polemiken Alessandro di Battistas um die politische Linie der Bewegungen und seine Bewerbung um ein Ministeramt lösten in der Basis heftige Polemiken aus. Dass die Minister Toninelli und Di Maio im gestrigen Ministerrat eine Neu-Ausschreibung der Autobahn-Konzessionen forderten, verursachte wiederum bei Salvini Verärgerung: "Le riunioni dovrebbero servire a portare le cose avanti."
Doch die für die Fünf-Sterne-Bewegung unangenehmste Entscheidung fiel gestern in Paris, wo das italo-französische Konsortium Telt die Ausschreibung der Arbeiten für das vom M5S abgelehnte TAV-Projekt ankündigte. Schon Fünf-Sterne-Gründer Beppe Grillo war wegen Teilnahme an einer gewalttätigen Kundgebung gegen den Hochgeschwindigkeit-Tunnel zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Der vom M5S ausgeschlossene Senator Gregorio De Falco: "Sembra solo un ulteriore episodio in cui il M5S conferma di vivere alla giornata."
Besonders im Senat, wo die Mehrheit gefährdet ist, werden die Forderungen nach einem ritorno alle origini lauter. Paola Nugnes hat beschlossen, die Fraktion zu verlassen. Ihre Freundin Elena Fattori will bleiben - zumindest vorerst: "Ma Di Maio si faccia delle domande". Viele, wie Staatssekretär Stefano Buffagni, wollen nicht mehr von Salvini "überfahren" werden: "Il Movimento deve ritrovare nuove strade per dimostrare di poter fare l'impossibile: restare al governo creando un'alternativa alla Lega, senza più soffrire di soggezione o essere costretti a inseguire l'ultimo tweet di Salvini."
Im Blog delle 5 stelle mischen sich unter dem Fussvolk Ratlosigkeit, Ärger und Zuspruch. Kurz und bündig formuliert Riccardo seine Kritik: "Avete tradito troppa gente. Vi ho votati lo stesso turandomi il naso, ma il disgusto è profondo".