Freiheit - einfach so!
Ohne großes Aufsehen zu erregen, kam Schottland vor 307 Jahren mit dem „Act of Union“ unter die Krone des Vereinigten Königreichs. Keine Annexion, kein Krieg und keine Unterdrückung führten zu diesem Schritt, sondern ein unspektakulärer Vertrag, der damals vom englischen und schottischen Parlament gleichermaßen verabschiedet wurde. Genauso unspektakulär soll Schottland am kommenden 18. September durch ein Referendum, das wie aus dem Nichts kam, wieder ein unabhängiger Staat werden. Die Möglichkeit des Referendums ergab sich, als die Scottish National Party (SNP) 2011 in Schottland die absolute Mehrheit errang.
Das Fehlen von Ressentiments, gewalttätigen Episoden und Erbfeindschaften ermöglicht nun eine ideologiefreie und sachliche „matter-of-fact“-Debatte, in anderen Worten: eine Debatte, in der es hauptsächlich ums Geld geht.
In der Tat sind die Argumente, die für oder gegen die Unabhängigkeit ins Feld geführt werden, nicht nur politische Freiheit oder brüderliche Einheit, sondern vor allem wirtschaftliche Argumente. So war es auch gestern, im zweiten TV-Duell zwischen dem schottischen Premierminister Alex Salmond von der SNP und dem früheren Finanzminister Alistair Darling aus der Labour-Partei, der sich für das Fortbestehen der Einheit stark macht. Es ging unter anderem um die Ölfelder vor den Küsten Schottlands, die laut Darling bald erschöpft seien.
Ein anderes Streitthema war die Währung: Welchen Plan B habe der schottische Premierminister, falls Schottland das Pfund nicht beibehalten darf? Salmond zeigte sich diesmal auf die Frage gefasster als beim ersten Duell und versprach, sich nach der Unabhängigkeit für eine Währungsunion mit dem Vereinigten Königreich einzusetzen, da dies für beide Seiten die bessere Lösung sei.
Die Gemüter spalteten sich auch zum Gesundheitsdienst NHS. Während Salmond behauptete, dass der NHS in einem unabhängigen Schottland viel effizienter sei, meinte Darling, dass ein gesamtbritischer Gesundheitsdienst geeigneter sei, die alternde schottische Bevölkerung zu versorgen.
In einer Blitzumfrage am Ende der Sendung konnte sich diesmal Alex Salmond als Sieger behaupten. Er gewann 70% der Zuschauer für sich. Die Umfragen zum Referendum an sich blieben aber unverändert. Noch immer würden ungefähr 43 % für die Unabhängigkeit und 57% für das Fortbestehen der Einheit stimmen.
Bereits der Beitritt zu England im Jahr 1707 war wirtschaftlich motiviert. Damals drohte Schottland der Bankrott und die einzige Möglichkeit, seine Schulden abzuwälzen, bestand in der Union. Wie damals geht es auch jetzt ums Geld, der einzige Unterschied ist: Die wirtschaftlichen Fragen sind heute weniger dringend und vor allem weniger eindeutig – was die Sache in den nächsten Wochen umso spannender macht.