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“Was bringt das Gejammere und Gezetere?”

Julia Unterberger kontert auf die Kritik an ihrer Aussage, Madeleine Rohrer sei “wie ein Puzzleteil, das nicht passt”. Die Civica erhebt Vorwürfe gegen Rösch.
Julia Unterberger
Foto: Julia Unterberger

In Meran fliegen die Fetzen. Für Bürgermeister Paul Rösch ist die letzte Woche angebrochen, um eine mehrheitsfähige Koalition auf die Beine zu stellen. Die Gespräche mit Alleanza und Civica per Merano und der SVP sind an einem toten Punkt, nachdem die italienischen Bürgerlisten eine Regierung ohne SVP abgelehnt haben. Indes gerät Madeleine Rohrer zunehmend zwischen die verhärteten Fronten. Die ehemalige Stadträtin hat bei den Gemeinderatswahlen 1.116 Vorzugsstimmen und damit so viele wie niemand sonst in Meran erhalten. Rösch will sie um jeden Preis als Assessorin behalten – was bei drei deutschsprachigen Stadtratsmitgliedern bedeuten würde, dass die SVP nur einen Stadtrat stellen könnte. Den Vorschlag, Rohrer auf die Wartebank zu setzen bis der Stadtrat von sieben auf acht Mitglieder aufgestockt ist, lehnen Liste Rösch/Grüne vehement ab.

Während Rohrer von der ehemaligen Vorsitzenden der SVP-Frauenbewegung und Landesrätin Martha Stocker Solidarität erfährt, hat die Meraner SVP-Senatorin Julia Unterberger die 37-Jährige in einem Dolomiten-Interview mit einem “Puzzleteil, das nicht passt” verglichen. Wörtlich meint Unterberger: “Ich bin natürlich grundsätzlich für Frauensolidarität. Im konkreten Fall ist es aber so, dass Rohrer wegen dem vorgeschriebenen Verhältnis zwischen Deutschen und Italienern wie ein Puzzleteil ist, das einfach nicht passt. Das bedauere ich wirklich, aber in Südtirol kommen solche Situationen häufig vor, dass jemand zwar viele stimmen erhält, aber aufgrund des Proporzes oder der Geschlechterquote nicht passt.”

Für ihre Metapher erntet Unterberger Kritik von mehreren Seiten. Der Grüne Co-Sprecher Felix von Wohlgemuth zeigt sich verärgert: Rohrer sei “sicher kein Puzzleteil in den Machtspielen der SVP auf dem Rücken der Meraner BürgerInnen und Bürger”. Auf Facebook schreibt von Wohlgemuth: “Sehr geehrte Frau Unterberger, Ihre Aussage verdeutlicht – in wohl ungewollter Offenheit –, welchen Stellenwert die SVP Menschen einräumt: Was zählt ist einzig der Machterhalt und diesem Grundprinzip haben sich Menschen unterzuordnen. Wer oder was nicht passt, wird eben wie ein Puzzleteil mit Druck passend gemacht.”

Auch die ehemalige Stadträtin Vanda Carbone kritisiert Unterberger, bezeichnet sie als “perfekte Parteisoldatin”.

Die Senatorin lässt die Kritiken nicht auf sich sitzen – und über die Meraner SVP-Frauen eine scharfe Stellungnahme veröffentlichen:

“Herr Wohlgemuth belehrt mich darüber, dass Frau Rohrer eine kompetente Frau und kein Puzzleteil sei. Ach was? Noch nie etwas von einer Metapher gehört?
Mein Vergleich mit dem Puzzleteil verdeutliche – in ungewohnter Offenheit – sogar, welchen Stellenwert die SVP Menschen einräume!
Die Aussage kommentiert sich von selbst und würde eher zu Populisten wie Trump oder Salvini, als zum Vorsitzenden der Grünen passen.
Vanda Carbone nennt mich eine ‘perfetta Parteisoldatin’. Dass ich ein Veto gegen Madeleine Rohrer und gleich auch noch Daniela Rossi einlege, sei zu viel für eine Feministin. Geht’s noch?
Kein Veto, sondern elementarste Regeln der Politik sind hier im Spiel. Warum sollte die SVP zu Gunsten einer Grünen auf einen Assessorenposten verzichten, auch wenn diese noch so viele Stimmen hat und noch so gut gewählt wurde? Dass die SVP in einem Stadtrat mit drei Blöcken zwei VertreterInnen hat, entspricht auch dem Wählerwillen!
Vor allem verstehe ich nicht, was das Gejammere und Gezetere bringen soll, außer dass mit diesem Rundumschlag soviel Porzellan zerschlagen wird, dass bald gar nichts mehr geht. Ist es wirklich keine Option zu akzeptieren, was nicht zu ändern ist und nach machbaren Lösungen zu suchen?
Mir täte ein Scheitern leid, ich habe Herrn Rösch gewählt und erachte die Beteiligung der Grünen als eine Bereicherung für die Stadt Meran. Auch schätze ich Frau Rohrer und hoffe, dass es doch einen Weg für sie in den Stadtrat gibt.
Menschenverachtend finde ich allerdings, wie mit Sympathisanten und Ähnlichgesinnten umgegangen wird, wenn sie einmal nicht derselben Meinung sind. Da lob ich mir unsere Sammelpartei, in der man es schafft, trotz verschiedendster Weltanschauungen, einen respektvollen Umgang miteinander zu pflegen.”

Auch eine weitere Frau hat sich am Wochenende öffentlich in die Debatte eingeschalten: Beatrice Calligione, Vizekoordinatorin der Civica. Sie wirft der Liste Rösch/Grüne vor, ihrerseits Madeleine Rohrer zu instrumentalisieren – und wiederholt die Forderung, von der die italienischen Bürgerlisten und die SVP seit Beginn der Verhandlungsgespräche nicht abrücken: Eine Regierung Liste Rösch/Grüne, Alleanza, Civica, SVP, ohne Team K, Ökosoziale Linke und PD. Calligione schreibt: “Trovo che lo scenario che si sta dispiegando davanti ai nostri occhi sia quello di un teatrino triste e decadente. Madeleine Rohrer è stata trasformata da donna intelligente e capace, e quindi giustamente  meritevole di portare avanti il suo lavoro come assessora, in una donna strumentalizzata dal suo stesso  partito per discutibili obiettivi politici. Trovo ipocrita e patetico implorare la città intera di salvare  questa donna ad ogni costo e solo perché donna, da una sorta di sacrificio umano cui le Civiche e la  Svp l’avrebbero, secondo i Verdi, condannata. Laddove invece l’unico scopo di tutta questa  sconcertante montatura è evidentemente quello di spostare l’attenzione dell’opinione pubblica dal  vero grande problema, ossia l’incapacità del sindaco di dialogare. (…) Non vogliamo fare da stampella a nessuno e chiediamo di entrare in una giunta con pari dignità, dove le forze coinvolte dialoghino democraticamente e democraticamente decidano insieme del futuro della città. Accettare la nostra proposta a 24 consiglieri  non significa non poter governare. Significa solo dover dialogare. Spero quindi con tutto il cuore che il sindaco non sacrifichi la sua città in nome di quel decisionismo che ha caratterizzato la politica  meranese degli ultimi 5 anni.”