Società | Io sto con la sposa

Was bleibt, ist der Ungehorsam

Welcher Polizist fragt eine Braut nach ihren Dokumenten? Io sto con la sposa: Ziviler Ungehorsam gegen eine inhumane Einwanderungspolitik - mit einer verrückten Reise, die zum Dokumentarfilm wird.

Ein syrischer Dichter und ein italienischer Journalist treffen in Mailand auf eine Gruppe von fünf palästinischen und syrischen Kriegsflüchtlingen und beschließen sie bei ihrer illegalen Reise nach Schweden zu unterstützen. Das ist der Ausgangspunkt eines besonderen Dokumentarfilms, der nicht zuletzt dank einer Crowdfunding-Aktion bei den heurigen Filmfestspielen in Venedig gezeigt werden soll. „Io sto con la sposa“ – Ich gehöre zur Braut: Der Titel des Films von Fortress Europe-Gründer Gabriele del Grande, Antonia Augugliaro und Khaled Soliman al Nassiry verrät bereits die Idee, dank der die fünf in Lampedusa gestrandeten Flüchtlinge schließlich sicher in Stockholm landeten. Die Filmemacher inszenierten mit FreundInnen eine Schein-Hochzeit und zogen als wandernde Hochzeitsgesellschaft sechs Tage durch Europa. 23 junge Frauen und Männer, teils mit, teils ohne gültige Dokumente, doch alle fein für die vermeintliche Hochzeit herausgeputzt – allen voran die falsche Braut, eine palästinensische Freundin des Trios. Unter deren Schutz überwand die bunte Truppe die Grenzen der Festung Europa, an der so viele andere abprallen.

„20.000 Tote an den Grenzen des Mittelmeers sind Grund genug, endlich Basta zu sagen“

Eine außergewöhnliche Reise, mit der del Grande und seine PartnerInnen aber auch einiges aufs Spiel setzten: Mit ihrem Film riskieren sie bis zu 15 Jahre Gefängnis wegen Begünstigung illegaler Einwanderung. Ein Risiko, das die Filmemacher bewusst auf sich nahmen: „20.000 Tote an den Grenzen des Mittelmeers sind Grund genug, endlich basta zu sagen“, erklärten sie in Interviews. Deshalb sei es an der Zeit Ungehorsam gegenüber jenen Gesetzen zu üben, die daran Schuld tragen. „Wir haben den Krieg in Syrien mit eigenen Augen gesehen, und wenn wir nur einer Person aus diesem Blutbad heraushelfen, fühlen wir uns auf der richtigen Seite.“

Wer sich ebenso auf der richtigen Seite fühlen will, kann das Abenteuer übrigens noch unterstützen. Denn die Regisseure finanzieren das Filmprojekt, das im Herbst in Venedig gezeigt werden soll, über eine Crowdfunding-Aktion. Sprich: Alle, die das Projekt unterstützen wollen, können dies mit Summen zwischen 2 und 1000 Euro tun. Mit Unterstützung von mehr als 1800 Menschen konnten bislang bereits mehr als 67.000 Euro aufgebracht werden. Damit konnten die Reisespesen und ein großer Teil des Drehs abgedeckt werden – für den Schnitt, die Regie und andere Kosten werden bis 16. Juli noch ÜberstützerInnen gesucht.

Gesucht?  Menschen, die auch davon  träumen, dass dieses Meer nicht länger die Leben derjenigen verschlingt, die auf ihm reisen, sondern wieder ein Meer des Friedens wird.

Davon träumen, dass dieses Meer nicht länger die Leben derjenigen verschlingt, die auf ihm reisen, sondern wieder ein Meer des Friedens wird. “Mehr als um Geld geht es di Augugliaro, Al Nassiry und Del Grande aber um das Schaffen einer Community, die „ebenfalls zur Braut gehört“. „Wir haben wirklich ein wahnsinniges Risiko auf uns genommen“, erklären sie. „Doch wir wollen einfach daran glauben, dass es eine Gruppe von Menschen in Europa und im Mittelmeerraum gibt, die wie wir davon träumen, dass dieses Meer nicht länger die Leben derjenigen verschlingt, die auf ihm reisen, sondern wieder ein Meer des Friedens wird.“