Cronaca | Konsequenzen

“Negerhütte” ist passé

Warum eine Skihütte bei Corvara ab sofort auf ihren deutschen Namen verzichtet – und warum damit nicht alle einverstanden sind.
Capanna Nera ex Negerhütte
Foto: Facebook/Capanna nera - dolomites mountain hut

Mit den Zeiten ändern sich auch Namen. Am Freitag Nachmittag veröffentlichen die Betreiber der “Capanna Nera” folgende Zeilen auf Facebook: “Nach den unzähligen Mitteilungen; die wir in den letzten Tagen erhalten haben (…), haben wir uns zu einem Schritt entschieden, der schon seit einiger Zeit fällig war: Wir werden den deutschen Namen unserer Skihütte ablegen.

 

“Nichts mit Rassismus am Hut”

 

Der deutsche Name der Skihütte bei Corvara lautete seit ihrer Errichtung vor knapp 100 Jahren: “Negerhütte”. Eine im Jahr 2020 untragbare Bezeichnung, finden nicht nur über 7.000 Personen, die laut Rai Südtirol innerhalb von drei Tagen eine in Deutschland gestartete Petition unterzeichnet haben, mit der die Ablegung des Namens vehement eingefordert wurde. Noch am Donnerstag teilten die Skihütten-Betreiber mit: “Mangels besseren Wissens gerät leider auch unsere Berghütte mit dem Namen ‘Negerhütte’ ins Kreuzfeuer. In der Hoffnung auf ein klareres Verständnis möchten wir erklären, dass hinter ihrem Namen keinerlei rassistische Beweggründe stehen. Um das Holz mit dem die Hütte aufgebaut war, vor Wind und Wetter zu schützen, wurde sie mit Karbonileum schwarz gestrichen, wessen sie den Namen mit lateinischem Ursprung verdankt (niger = schwarz). Der Name in keiner Weise mit einer Bevölkerungsgruppe in Verbindung. Wir sprechen uns deutlich gegen jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung aus. Jeder Gast, egal welcher Herkunft, war schon immer und ist bei uns stets herzlich willkommen.” Zugleich aber kündigte man bereits an, “Schritte ergreifen” zu wollen.

 

“Auch Nigerhütte und Moritz verbieten lassen?”

 

Nicht alle aber sind damit einverstanden. Cristian Kollmann, Vertreter der Südtiroler Freiheit, Sprachwissenschaftler und Toponomastikfachmann erklärt in einer Aussendung, warum er die Forderung nach einer Namensänderung “absurd” findet: “Der Begriff Neger ist, etymologisch betrachtet, nicht wertend. Er stammt aus dem lateinischen Adjektiv niger, was ‘schwarz’ bedeutet. Dieses Wort lebt fort in zahlreichen romanischen Sprachen wie z.B. in fassanisch neigher. Entsprechend oft kommt es auch in Eigennamen und Flurnamen vor und bezeichnet dabei schwarze oder schwärzliche Gegenstände oder Fluren. So ist zum Beispiel die Negerhütte nach ihrem schwarzen Erscheinungsbild, da mit Steinkohleteeröl bestrichen, benannt. In Tiers gibt es einen Geländerücken, den Alten Niger. Nach ihm benannt sind z.B. das Nigertal, der Nigerpass und die Nigerhütte. Dass all diese Bezeichnungen in keinem Fall etwas mit dem Schwarzafrikaner zu tun haben, liegt auf der Hand, und um so absurder ist die Forderung nach der Umbenennung der Negerhütte. Folgt man dieser Forderung, müsste man in einem nächsten Schritt auch beispielsweise die Nigerhütte umbenennen oder den Vornamen Moritz verbieten lassen, weil dieser von Mauritius stammt, woraus sich auch unser Wort Mohr ableitet.”

 

Ab sofort einsprachig

 

Doch in Corvara hat man entschieden. “Wir werden den deutschen Namen unserer Skihütte ablegen, um fortan nur noch den italienischen zu verwenden nämlich ‘Capanna Nera’”, teilen die Skihütten-Betreiber am Freitag auf Facebook mit. Der deutsche Name sei “allein deshalb nicht mehr zeitgemäß und tragfähig, weil das Verständnis von Sprache, wie alles, historischen Wandlungen unterliegt und die heutige Konnotation eine andere ist als damals. Gerade in Zeiten politischer Umwälzungen gilt es, feinhörig zu sein und sich den Anliegen derer, die jahrhundertealte Machtverhältnisse mit Recht bekämpfen, nicht zu verschließen. Diesen Protesten und strukturellen Veränderungen wollen wir mit unserer Namensänderung, die ab sofort in Kraft tritt, Rechnung tragen”.