Società | Interview

“Man hat zu lange weggeschaut”

Sudabeh Kalantari Lun weiß um die Schwierigkeiten in den deutschsprachigen Kindergärten – warnt aber davor, den Kindergarten politisch zu instrumentalisieren.
Sudabeh Kalantari Lun
Foto: Salto.bz

Während die Kindergärtnerinnen im wohlverdienten Sommerurlaub sind, heizt die Politik die Diskussion um die Situation in den deutschsprachigen Stadtkindergärten an. “Heiß diskutiert” wurde das Thema auch bei der letzten Vollversammlung von K.A.S., gesteht Sudabeh Kalantari Lun. Die Burggräfler Kindergärtnerin vertritt als Präsidentin der Interessengemeinschaft an die 550 pädagogische Fachkräfte aller drei Sprachgruppen in Südtirol.

salto.bz: Frau Kalantari Lun, auf politischer Ebene läuft eine hitzige Diskussion über die deutschsprachigen Kindergärten…
Sudabeh Kalantari Lun: Es ist ja bald Wahlkampf (lacht).

Trotzdem, oder gerade deshalb, die Frage: Was sagen die, die anders als Politiker tagtäglich unmittelbar mit der Situation – einzelne Sektionen mit kaum deutschsprachigen Kindern, sprachliche und kulturelle Komplexität – konfrontiert sind? Was sagen die pädagogischen Fachkräfte?
Fakt ist, dass man viel zu lange die Augen vor der Situation verschlossen hat. Die Problematik gibt es nicht erst seit gestern, sondern schon seit ein paar Jahren. Ich spreche aus Erfahrung.

Ja?
Ich arbeite selbst am Kindergarten in Untermais in Meran als Sprachzusatzkraft. In Bozen und Meran gibt es angesichts der sprachlich komplexen Situation solche Kräfte. Wir sind ganz normale Kindergärtnerinnen, sind mit in der Gruppe und für die Vermittlung der deutschen Sprache zuständig, gerade bei Kindern mit Migrationshintergrund bzw. Kindern der italienischen Sprachgruppe.

Viele Kolleginnen sind mit der Situation überfordert, nicht nur physisch, sondern auch psychisch.

Können Sie die Problematik, die nun politisch zerpflückt wird, aus Ihrer Erfahrung schildern?
Man steht ganz oft vor der Situation, dass Kinder einen überhaupt nicht verstehen wenn man deutsch redet, Kinder, die wie taub sind. Als ob da jemand stünde, der einen nicht hört. Man kann immer nur schrittweise erahnen, wie es dem Kind geht, welche Bedürfnisse es hat. Es geht um ganz kleine elementare Dinge, etwa zu verstehen, dass das Kind auf die Toilette will. Es sind diese alltäglichen Kleinigkeiten, die für uns Fachkräfte auch emotional am schwersten zu ertragen sind. Dazu kommt, dass die italienische Sprache viel leichter zu erlernen ist als die deutsche.

Inwieweit spielt das in Ihrem Arbeitsalltag eine Rolle?
Gerade Eltern mit Migrationshintergrund lernen nun einmal zuerst italienisch und nicht deutsch. Das ist de facto so. Wir können Eltern zu nichts zwingen, wir können nur den Anreiz geben, sagen: “Bitte besucht Deutschkurse, unterstützt eure Kinder”. Wenn nicht auch Eltern ihr Sprachwissen vertiefen, ist es für die Kinder noch schwerer, deutsch zu lernen.

Wie reagieren Eltern darauf?
Bei vielen habe ich den Eindruck, dass sie das auch wollen. Nur ist es nicht immer realisierbar – aufgrund ihrer Arbeitssituation oder generell der häuslichen Situation. Sie haben hier kein Netz, keine Großeltern oder Verwandten. Wo also sollen die Kinder hin wenn Eltern die Sprachkurse besuchen? Das sind viele kleine Sachen, die von politischer Seite nicht berücksichtigt werden oder nicht werden können, weil wir so wenig Einblick in die Situation haben.

Das Problem für die deutschsprachigen Kindergärten sind eher Familien mit Migrationshintergrund als italienischsprachige?
Es betrifft beide, da will ich nicht groß zwischen italienischsprachigen Eltern und jenen mit Migrationshintergrund unterscheiden.

Im deutschen Kindergarten auf das Italienische zu verzichten ist in der jetzigen Situation nicht möglich.

Wie gehen Sie mit den mangelnden Deutschkenntnissen um?
Im deutschsprachigen Kindergarten sollte ich vom Gesetz her überhaupt nicht italienisch sprechen. Das ist völlig utopisch. Die meisten Eltern muss ich fast auf italienisch ansprechen, weil sie mich überhaupt nicht verstehen. Versuche ich etwas auf deutsch zu erklären – was nächste Woche mitzubringen ist oder dass ein freier Nachmittag ansteht –, schieße ich mir aber wieder selbst ins Knie. Weil sie mich nicht verstehen. Daher muss ich es zwangsläufig auf italienisch erklären. Genauso ist es bei den Kindern auch. Man ertappt sich immer wieder dabei, dass man italienisch redet – weil es gar nicht anders geht.

Das kann doch nicht im Interesse der Eltern sein?
Klar, sie sind ja nicht blöd und merken, dass auch in den deutschen Bildungseinrichtungen, wo sie ihre Kinder – häufig trotz Abraten der Fachkräfte – hinschicken, viel italienisch gesprochen wird. Aber die Vermittlung der deutschen Sprache kann nicht im Kindergarten passieren. Wir sind kein Sprachinstitut, wir sind ein Kindergarten. Und in solchen Situationen kann von Bildungsauftrag gar keine Rede sein. Der Bildungsauftrag ist in solchen Fällen das, was am wenigsten realisierbar ist.

Ist in solchen Situationen eine gute Sprachförderung für die deutschsprachigen Kinder unmöglich?
(Lacht) Ich stelle Ihnen eine Gegenfrage: Wie soll in einer Gruppe mit 25 Kindern, von denen fünf deutschsprachig sind, die deutsche Sprache vermittelt werden? Die Antwort gibt sich von alleine: Es ist schwierig. Und es ist natürlich so, dass die anderssprachigen Kinder, auch ungewollt, aber logischerweise, mehr Aufmerksamkeit bekommen. Die deutschsprachigen Kinder haben den großen Vorteil, dass sie im Kindergarten relativ zügig italienisch lernen. Was wieder damit zusammenhängt, dass die deutsche Sprache viel schwerer zu erlernen ist als die italienische.

Wir werden nicht umhin kommen, die Lager durcheinander zu wirbeln.

Erschwert auch der Dialekt das Erlernen der deutschen Sprache?
Natürlich. Ich bin eine absolute Verfechterin dafür, dass der Dialekt sowohl im Kindergarten als auch in der Schule nichts zu suchen hat. Der Dialekt ist in Südtirol so weit verbreitet, dass er wunderbar im Privatbereich, auf Ebene der Familie vermittelt werden kann. In der Bildungsarbeit – und man darf nicht vergessen, dass der Kindergarten eine Bildungsinstitution ist – hat er absolut nichts verloren.

Wie sieht die Realität aus?
Das ist ein großer Knackpunkt. Es gibt viele Kolleginnen, die auch Dialekt im Kindergarten sprechen. Ich glaube, da muss man immer wieder darauf hinweisen muss, dass der Dialekt nicht wirklich deutsche Sprache ist. Ich traue mich das zu beurteilen, weil ich aus Deutschland komme.

Überfordertes Personal, kaum Deutschkenntnisse, überwiegend Italienisch – warum wählen so viele anderssprachige Eltern einen deutschsprachigen Kindergarten?
Diese Frage nach dem Warum ist auch ein heißes Eisen. Man muss sie unbedingt stellen. Von vielen Eltern kommt die Argumentation: Mein Kind hat bessere Chancen wenn es in den deutschen Kindergarten geht und die deutsche Sprache lernt. Mit dem Sprachenlernen ist es aber nicht so einfach wenn der Rückhalt in der Familie fehlt. Zum anderen hat der italienische Kindergarten meines Wissens einen anderen anderen pädagogischen Ansatz. Das ist für viele Eltern auch ein Argument. Es gilt hier, genauer hinzugucken. Nicht einfach sagen, die ganzen italienischen Eltern schicken ihre Kinder in den deutschen Kindergarten, sondern das Warum erforschen. Dann weiß man auch, was es zu ändern gilt, damit der italienischsprachige Kindergarten wieder attraktiver wird.

Ich glaube, dass man etwas über den Tellerrand schauen sollte. Schauen wir uns doch an, wie anderswo mit einer sprachlich komplexen Situation umgegangen wird, vielleicht können wir etwas abschauen.

Nun soll zunächst der deutschsprachige Kindergarten in der Stadt angegangen werden. Wie zielführend ist es, den Missstand, den es offensichtlich gibt, politisch zu instrumentalisieren? Auf der einen Seite ist jetzt von “Apartheid” die Rede, auf der anderen werden scharfe Maßnahmen wie Sprachtests für Kleinkinder oder Quoten gefordert.
Die Leute sollten mal die Begrifflichkeit “Apartheid” nachschlagen, damit sie wissen, wovon sie überhaupt reden. Die Diskussion ist dann nicht mehr zielführend, wenn man die Zielgruppe aus den Augen verliert, nämlich die Kinder. Und das ist leider Gottes bei einigen derzeit der Fall. Seit einer Woche lese ich aufmerksam sowohl die deutsch- als auch die italienischsprachigen Medien und bei manchen denke ich mir schon, worum geht es denn jetzt überhaupt noch? Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich auf den Weg macht und dabei auch die Fachkräfte einbezieht. Diese Personen, die sich schon seit Jahren mit dieser Situation beschäftigen, sollen zurate gezogen werden, gefragt werden, wie sie als direkt Betroffene das Ganze erleben.

Wurden Sie bzw. die Interessengemeinschaft, die Sie vertreten angehört?
Bei einem Telefonat mit dem zuständigen Landesrat Achammer vor einigen Wochen hat er mich gefragt, wie man schnell Abhilfe schaffen könnte.

Was haben Sie geantwortet?
Eine Möglichkeit wäre, die Gruppenstärken vor allem in den belasteten Gebieten runterzufahren. 25 Kinder sind unter solchen Umständen eine Belastung. Bei 20 oder 18 Kinder in der Gruppe geht es schon leichter. Dem wurde jetzt Gott sei Dank nachgekommen: Ab kommenden Jahr wird die Gruppenstärke in den Stadtkindergärten, in denen diese Situation vorherrscht, reduziert. Dafür bin ich dem Landesrat ehrlich gesagt auch ziemlich dankbar.

Das ist nur einer der fünf Punkte, mit denen die Landesregierung der sprachlichen Komplexität in den deutschsprachigen Kindergärten gerecht werden will. Was sagen Sie zu den restlichen  Vorschlägen?
Bei allen anderen Maßnahmen ist es schwierig, im Vorfeld zu sagen, ob sie gut oder schlecht sind. Was sicherlich ganz daneben wäre: eine Quote für den Kindergarten einzuführen, wie es der ASGB in den Raum stellt.

Was wäre daran falsch?
Zu sagen, man nimmt 75 Prozent deutschsprachige Kinder und 25 Prozent Anderssprachige auf, ist kurzfristig eine tolle Idee. Denkt man länger darüber nach, stellt man aber fest, dass das absolut nicht realisierbar ist. Wo gehen dann bitteschön die Kinder hin, die nicht mehr aufgenommen werden können? Kommen die in Ghettokindergärten? Oder bleiben einfach auf der Strecke? Was ich sagen will: Man muss sehr gut überlegen, wie man das “Problem” wirklich in den Griff bekommen will. Es geht darum, Konzepte zu finden, die dieser Situation gerecht werden.

Der Dialekt ist eine wunderbare Eigenheit und in Südtirol so weit verbreitet, dass ich mir um dessen Aussterben überhaupt keine Sorgen mache.

Haben Sie den Eindruck, dass tatsächlich konstruktiv an einer Lösung gearbeitet wird?
Es wurde ja Gott sei Dank schon für dieses Jahr das Stellenkontingent aufgestockt. Das ist auch schon ein großer Fortschritt. Die Kinderzahl steigt stetig, auch die Zahl der italienischsprachigen Kinder und jener mit Migrationshintergrund, ohne dass je etwas am Personalschlüssel getan wurde. Viele Kolleginnen sind aber mit der Situation überfordert, nicht nur physisch, sondern auch psychisch. Denn zu zu den anderssprachigen Kindern kommen die Kleinen, die noch mit Windel in den Kindergarten kommen und gewechselt werden müssen. Das gab es früher nicht. Wie gesagt, ich glaube, das Problem ist, wie viele Problematiken im Kindergarten, viel zu lange nicht angegangen worden. Jetzt bricht es langsam auf. Es ist ganz wichtig, dass man beginnt, sich mit den Sachen auseinanderzusetzen.

Jetzt, da der Wahlkampf bevor steht…
Es ist völlig falsch, das als Wahlpropaganda abzutun, denn es passiert zumindest etwas. Ob das jemand macht, weil er gern wieder gewählt werden möchte, ist mir im Moment egal. Für mich zählt das Resultat, dass wir uns auf den Weg gemacht haben, etwas zu ändern. Aber völlig fehl am Platz und kontraproduktiv ist, politisches Kapital daraus schlagen zu wollen – mal auf der deutschsprachigen, mal auf der italienischsprachigen Seite, mal für die mehr links, mal für die eher rechts. Wenn der Kindergarten weiterhin politisch derart ausgeschlachtet wird, befürchte ich, dass die nun gemachten Schritte schon wieder zum Scheitern verurteilt ist.

Wir sind kein Sprachinstitut, wir sind ein Kindergarten.

Einige sehen in der Situation in den deutschsprachigen Kindergärten die Gelegenheit, ein mehrsprachiges Schulsystem aufzubauen. Sie auch?
Wir müssen langfristig, mittelfristig und sogar schon kurzfristig über mehrsprachig gestaltete Bildungssysteme nachdenken. Die Mehrsprachigkeit ist Realität in Südtirol. Wir können die Migranten, die zu den Deutsch- und Italienischsprachigen dazu kommen, nicht wegdiskutieren, die sind da. Dieser Realität müssen wir Rechnung tragen. Mein Appell richtet sich sowohl an die SVP als auch an die italienischen Parteien: Es ist unnütz, an alten politischen Ressentiments festzuhalten und zu sagen “Ja, aber…”. Wenn wir weiterhin eine qualitativ hochwertige Bildungsbasis haben wollen, müssen wir umdenken, weiterdenken. Man kann nicht an alten Strukturen und Denkweisen festhalten nur um nicht irgendeine große Diskussion vom Zaun zu brechen. Wir werden nicht umhin kommen, die Lager durcheinander zu wirbeln.

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Martin Daniel Gio, 07/27/2017 - 14:01

Genau mit diesen für den Alltag bedeutsamen Themen hätte sich der Südtirol-Konvent beschäftigen müssen, um der Autonomie das nötige Update zu verpassen. Stattdessen ging es um die ewigen Themen Selbstbestimmung, christliche Wurzeln und Doppelstaatsbürgerschaft - alles Materien, die rein ideologischer Natur sind und/oder in denen das Land sowie keine Zuständigkeit besitzt.

Gio, 07/27/2017 - 14:01 Collegamento permanente
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Martin Daniel Gio, 07/27/2017 - 18:23

In risposta a di Harald Knoflach

Das "u/o ideologisch" bezog ich in 1.Linie auf die christl. Wurzeln, auf die anderen beiden war die mangelnde Kompetenz des Landes bezogen, wobei die Doppelstaatsbürgerschaft für mich auch eine ideologische Angelegenheit ist. Was die Selbstbestimmung angeht, habe ich eure Debatte genau verfolgt u. glaube auch, dass sie i.Allg. nicht rechts o. links zuordenbar ist (was ich auch auf salto in einem Kommentar zum Ausdruck gebracht hatte), wenngleich im Konvent das Thema doch überwiegend vom patriotischen Lager besetzt worden war.

Gio, 07/27/2017 - 18:23 Collegamento permanente
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alfred frei Gio, 07/27/2017 - 14:34

... einverstanden Martin und ein großes Lob den wichtigen Aussagen von Sudabeh Kalantari Lun, die als besonnene Frau in ihren Überlegungen ihre Sensibilität und Erfahrungswerte nicht zu kurz kommen läßt. Auch die Fragestellungen tragen dazu bei.

Gio, 07/27/2017 - 14:34 Collegamento permanente
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Harald Knoflach Gio, 07/27/2017 - 16:49

In risposta a di alfred frei

... nur scheint frau kalantari lun von sprache nicht sonderlich viel zu verstehen, wenn ich aussagen wie diese lese: "Ich glaube, da muss man immer wieder darauf hinweisen muss (sic), dass der Dialekt nicht wirklich deutsche Sprache ist. Ich traue mich das zu beurteilen, weil ich aus Deutschland komme."

Es ist legitim zu fordern - wenngleich ich diese Forderung nicht unbedingt teile, dass im Kindergarten Standarddeutsch gesprochen werden soll. Aber dass "der Dialekt" (es gibt übrigens keinen Südtiroler Dialekt, sondern verschiedene Varianten des Südbairischen, welches zu den hochdeutschen Mundarten gehört, die in Südtirol gesprochen werden) - wie Kalantari Lun es ausdrückt - "nicht wirklich deutsche Sprache" sei, ist schlichtweg ein Blödsinn - da rettet es Frau Kalantari Lun auch nicht, dass sie aus Deutschland stammt.

Gio, 07/27/2017 - 16:49 Collegamento permanente
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Sudabeh Kalantari Gio, 07/27/2017 - 19:35

In risposta a di Harald Knoflach

Da ich von Sprache nicht viel verstehe, hier die Definition von "Mundart" aus dem Duden:

innerhalb einer Sprachgemeinschaft auf ein engeres Gebiet beschränkte, von der Standardsprache in verschiedener Hinsicht abweichende, ursprüngliche, meist nur gesprochene Sprache; Dialekt

Und ich bleibe dabei, dass ein Dialekt keine Standardsprache ist und retten, retten muss ich mich auch nicht.

Gio, 07/27/2017 - 19:35 Collegamento permanente
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Harald Knoflach Gio, 07/27/2017 - 20:03

In risposta a di Sudabeh Kalantari

Richtig. Dialekte sind nicht Standardsprache. Das hat auch niemand behauptet. (Wobei die Entscheidung, was Standard und was Dialekt ist, ja eine völlig arbiträre war und überspitzt gesagt irgendwann einfach eine Variation zum Standard erhoben wurde - meist im Zuge der Verschriftlichung). Aber dass - in unserem Falle - die südbairischen Mundarten "nicht wirklich deutsche Sprache" wären bleibt Humbug. Tut mir leid. Die Dachsprache unseres Dialektkontinuums ist Deutsch. Was denn sonst?

Gio, 07/27/2017 - 20:03 Collegamento permanente
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Waltraud Astner Gio, 07/27/2017 - 19:50

In risposta a di Harald Knoflach

Wenn man solche Aussagen über den Südtiroler Dialekt liest, der schließlich die Muttersprache unserer Kinder ist, und der wenn er zwischen Kindern und Pädagoginnen gesprochen wird, äußerst vertauenaufbauend wirkt, dann muss man sich wirklich Gedanken um die Qualifikation unserer Kindergärtnerinnen machen, wenn sie auch oder gerade weil sie aus Deutschland kommen und mit der Sprache (Dialekt) und Kultur unserer Kinder offenbar nicht vertraut sind. Zudem weiß jeder dass mir der steigenden Zahl von Migranten und italienischsprachigen Schülern in Kindergarten und Schule die normale Unterweisungs- und Unterrichtstätigkeit nicht vollends zum Tragen kommt, da ein normaler Sach-Fachunterricht zunehmend von Sprachbarrieren verhindert und fallweise durch Sprachunterricht ersetzt wird, bzw. das Niveau deutlich gesenkt werden muss. Da von der Politik diesbezüglich keine schnellen Lösungen zu erwarten sein werden, da das Problem zu lange verschleppt wurde, bleibt nur mehr die Möglichkeit für jene Eltern die ihren Kindern einen Kindergarten bzw. eine Schule mit adäquatem Sprachniveau auf den sich NORMALER Fachunterricht aufbauen lässt, bieten wollen, sich privat zu organisieren. Man sieht schon jetzt, dass Eltern ihre Kinder von Schulen mit hohem Migranten- und Italieneranteil zunehmend herausnehmen und anderswo einschreiben, wo die Situation noch nicht so gravierend ist. Denn liebe Grüne, wenn man die deutsche Sprache auf einem einigermaßen akzeptablen Niveau lernen will, dann braucht es die Stunden, die in der deutschen Schule (und Kindergarten) vorhanden sind zur großen Not. Wenn diese Stunden dann noch durch Italienischunterricht ersetzt werden sollen, wie es euch in der zweisprachigen Schule (und Kindergarten) vorschwebt, dann wird die deutsche Sprache eben nicht mehr so gut gelehrt wie bisher. So weit ich es bisher mitbekommen habe, will das aber dann doch niemand.

Gio, 07/27/2017 - 19:50 Collegamento permanente
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Sigmund Kripp Lun, 07/31/2017 - 21:17

In risposta a di Waltraud Astner

@Waltraud Astner ...man könnte auch in den Kindergärten und Schulen Standardsprache sprechen, statt Dialekt! Wenn jetzt schon das Erlernen von Deutsch als erste Fremdsprache (!) immer wieder angesprochen wird: warum können dann nicht im Kindergarten und Volksschule die LehrerInnen Standardsprache sprechen? Das wäre doch schon ein Schritt in die richtige Richtung!

Lun, 07/31/2017 - 21:17 Collegamento permanente
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Waltraud Astner Mer, 08/02/2017 - 19:48

In risposta a di Sigmund Kripp

Sehr geehrter Herr Kripp. In der Schule und auch im Kindergarten wird natürlich Standardsprache gesprochen zum Zweck der Erweiterung des Wortschatzes und zum Erlernen des sçhriftlichen Ausdrucks usw. Dies schließt aber nicht aus in gewissen Situationen z. B. vor Unterrichtsbeginn, bei Pausen bei Ausflügen oder anderen Gelegenheiten des pers. Gesprächs in der zwischenmenschlichen Kommunikation den Dialekt zu benutzen und so eine natürliche Sprechsituation herzustellen, die sich von der im Unterricht unterscheidet. Dies fördert einen natürlichen ungezwungenem und ungekünstelten Austausch zwischen Lehrern und Schülern der Vertrauen aufbaut und Gemeinsamkeit stärkt und Nähe herstellt. Denn Unterrichtstätigkeit und Sprachvermittlung ist keine rein technische Angelegenheit, sondern wesentlich mit Emotionen verbunden. Je kleiner die Kinder sind desto mehr. Der Gebrauch der ersten Muttersprache des Dialekts bewirkt diese Nähe und Vertrautheit und ermöglicht so besseres Lernen, nicht nur von Sprachen, über die emotionale Schiene.

Mer, 08/02/2017 - 19:48 Collegamento permanente
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Sudabeh Kalantari Gio, 08/03/2017 - 14:09

In risposta a di Waltraud Astner

Ich hatte bislang nicht den Eindruck, dass Kinder zu mir kein Vertrauen aufbauen oder eine emotionale Bindung herstellen würden, im Gegenteil. Dieses Argument ist nicht nur nicht nachprüfbar, es würde auch bedeuten, dass Kinder, emotional verkümmern, wenn sie nicht im Dialekt angesprochen werden. Für mich nicht nachvollziehbar, genauso wenig wie Ihre Aussagen zum Gebrauch des Dialekts im Kindergarten. Ich arbeite seit Jahren im Kindergarten und der Dialekt wird keinesfalls nur in der von Ihnen beschriebenen "Freizeit" genutzt. Der Dialekt wird sehr wohl durchgängig von Kolleginnen in der Bildungszeit gesprochen und nicht von wenigen.

Gio, 08/03/2017 - 14:09 Collegamento permanente
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Waltraud Astner Ven, 08/04/2017 - 10:46

In risposta a di Sudabeh Kalantari

Die Aufgabe der Grundschule ist es u.a. den Schülern die Standardsprache in Wort und Schrift beizubringen wozu die Unterrichtsstunden da sind. Außerhalb gibt es jedoch keinen Grund im Gespräch mit den Kindern nicht den Dialekt zu verwenden und so der Gesprächssituation eine gewisse Natürlichkeit und Ungezwungenkeit zu geben und das Künstliche zu vermeiden. Das gibt Kindern eine gewisse Unbefangenheit und schafft Vertrautheit. Das heißt nicht dass eine gewisse Vertrautheit sich mit der alleinigen Gebrauch der Hochsprache nicht einstellen würde aber die natürliche unbefangene Sprechathmosphäre ist durch die Sprache die für die Kinder die natürliche ist, besser erreicht.
Ich weiß nicht was genau die Aufgaben des Kindergartens sind. Jedenfalls eine Sprachschule wo der Dialekt "nichts zu suchen" also dieUrsprache der Kinder verpönt ist,wird er wohl nicht sein.

Ven, 08/04/2017 - 10:46 Collegamento permanente
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Marcus A. Gio, 07/27/2017 - 15:45

Es ist Wahlkampf...... wie wahr und das sind die Folgen wenn Politik nur reagiert und nicht agiert.
Das Problem dürfte schon lange bekannt gewesen sein.
Jetzt wird das Problem aufgegriffen weil die Bevölkerung aufbegehrt.
Immer diese Populisten......

Gio, 07/27/2017 - 15:45 Collegamento permanente
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Salto User
Sepp.Bacher Gio, 07/27/2017 - 22:19

Ich glaube schon lange, dass es im Südtiroler Bildungssystem, eine vierte zwei- und mehrsprachige Schiene braucht. Das heißt nicht, dass es noch ein viertes Schulamt braucht: https://www.salto.bz/de/node/1690
https://www.salto.bz/de/article/06062013/zweisprachige-schule-fuer-und-…
Bei uns tut die SVP-Politik immer so, als würde gefordert, eine vierte, zwei- und mehrsprachige Schule würde Pflicht für alle und folglich wäre sie der Todesstoß für die deutsch- und ladinischsprachige Minderheit. Erstens kann man bei den Ladinern, die eine solche Schule schon seit Jahrzehnten haben, sehen dass das Gegenteil der Fall ist und zweitens lautete der Vorschlag ja auch nicht, dass eine zwei- und mehrsprachige Schule Pflicht für alle sein soll. Eltern sollen wählen können und das steht ihnen auch zu: da muss sich die SVP und anderen Gegen-Parteien gar nicht einmischen!!

Gio, 07/27/2017 - 22:19 Collegamento permanente
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pérvasion Ven, 07/28/2017 - 18:43

In risposta a di Sepp.Bacher

Was kann man bei den LadinerInnen sehen? Dass sie ein bis zwei Wochenstunden in ihrer Sprache haben, den Rest auf Italienisch und Deutsch? Dass sie ihre Sprache für so wertvoll halten, dass viele von ihnen selbst eine Schriftsprache für überflüssig halten? Dass die ladinische Sprache im öffentlichen Raum quasi inexistent ist? Ich finde das alles nicht wirklich vorbildlich.

Ven, 07/28/2017 - 18:43 Collegamento permanente
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gorgias Ven, 07/28/2017 - 19:00

In risposta a di pérvasion

Was viele zusätzlich nicht verstehen ist, dass Ladiner vom Sprachniveau eine homogene Gruppe bilden und den Sprachen Italienisch und Deutsch equidistant sind. Das wäre in einer deutsch-italienisch gemischten Klasse nicht der Fall. Dass das italienische in so einem Setting dominant wäre und das Deutsche verdrängen würde, würde sich mit den Erfahrungen in anderen Bereichen decken. Wie gut ein Unterricht verläuft, in dem so unterschiedliche Sprachkompetenzen bei einem großen Teil der Klasse herrscht, dann funktionieren würde, ist auch fraglich. Ich hoffe, dass sich dann das Niveau nicht nach unten anpasst. Und zwar in beiden Sprachen.

Ven, 07/28/2017 - 19:00 Collegamento permanente
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Salto User
Sepp.Bacher Sab, 07/29/2017 - 10:32

In risposta a di gorgias

@Gorgias
Unmittelbar vergleichbar ist die Situation der Zuwanderer/innen: Die Eltern möchten, dass ihre Kinder beide Landessprachen gut lernen. Beide sind aber nicht ihre Muttersprache. Ich fände es gut und notwendig, ihnen auch die Kultursprache ihrer Eltern (analog dem Ladinischen) - soweit möglich (z. B. Arabisch, Albanisch, Spanisch, Urdu, Türkisch) in Grundzügen bei zu bringen. Es soll ihnen nicht so gehen, wie den jungen deutschen Türken, die sich in der heutigen Türkei, wo sie auch Arbeit finden könnten, nicht mehr akzeptiert werden. Migration beinhaltet immer auch die Möglichkeit, wieder in das Herkunftsland zurück zu kehren, wenn sich die Situation dort verbessert hat.
In die ladinischen Schule - vor allem in Gröden - gehen auch die Kinder deutscher und italienischer Familien.
Ich habe noch nie Klagen diesbezüglich gehört. Ich kenne junge Ladiner die problemlos nach der Pflicht- in eine deutsche oder italienischen Oberschule gewechselt sind und diese auch gut bewältigt haben. Und das ist nicht die Ausnahme!

Sab, 07/29/2017 - 10:32 Collegamento permanente
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gorgias Sab, 07/29/2017 - 14:25

In risposta a di Sepp.Bacher

>Unmittelbar vergleichbar ist die Situation der Zuwanderer/innen: <
Was sollte man daraus schließen? Eine Schule für sic! Zuwanderer/innen eröffnen? Das wird dann gut funktionieren mit der Integration. Und die deutschen und italiensichen Schulen und Kindergärten haben kein Quotenproblem mehr.

Ich kenne junge Ladiner die problemlos nach der Pflicht- in eine deutsche oder italienischen Oberschule gewechselt sind und diese auch gut bewältigt haben. Und das ist nicht die Ausnahme!

Ich weiss zwar nicht was die Ausnahme ist, aber ich kenne auch das Gegenteil.

Sab, 07/29/2017 - 14:25 Collegamento permanente