Ambiente | Erneuerbare Energie

BP: Erneuerbare Energie statt Öl

BP, einer der weltweit größten Ölkonzerne, plant einen radikalen Umbau seines Unternehmens, weg von fossiler Energie und hin zu Erneuerbarer Energie.
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Foto: Pixabay, MP

Paradigmenwechsel bei den Öl-Konzernen?

Nach vielen Jahrzehnten von schier grenzenlos scheinendem Wachstum im Erdöl- und Gassektor, findet infolge des Klimawandels auch bei den großen Öl/Gas Konzernen ein Umdenken statt. Steigender Druck von Seiten der Umweltaktivisten, der Politik und auch der klimabewussten Investoren zwingt die Konzerne zu Veränderungen ihrer Geschäftsstrategie. Alle großen Öl/Gaskonzerne haben inzwischen auch erneuerbare Energie-Projekte in ihrem Geschäfts-Portfolio und haben sich im Sinne des Pariser Klimaabkommens verpflichtet bis 2050 ihre CO2 Emissionen zu reduzieren, auch weil die öffentliche und politische Akzeptanz für das fossile Energiemodell immer geringer wird. Anfang 2020 kündigten Shell (Niederlande) und BP (Großbritannien) als erste Ölkonzerne an bis 2050 klimaneutral zu werden,Total (Frankreich), Equinor (Norwegen) und Eni (Italien) folgten. Doch immer noch fließt ein großer Teil  der Investitionen der Ölmultis in fossile Projekte.

Die Gewinne der großen Öl-Konzerne waren schon vor der Coronakrise unter Druck. Das Überangebot am Ölmarkt führte zu sinkenden Ölpreisen und immer strengere Klimaschutzgesetze dämpfen die Erwartungen der bisher erfolgsverwöhnten Konzerne.  Die Coronakrise verursachte einen massiven Einbruch in der Nachfrage nach Erdöl, ein drohender Lagermangel und die Angst vor einer tiefen Rezession führte zu einem historischen Preisverfall. Für 2020 wird ein weltweites Nachfrage-Minus in der Größenordnung von  8,5 bis 9,5 Millionen Barrels pro Tag prognostiziert.

BP setzt auf Erneuerbare Energie

Im August 2020 ließ BP Konzernchef Bernard Looney in einer Pressekonferenz aufhorchen, als er die wegen der Corona-Krise katastrophalen Geschäftsergebnisse und Dividendenkürzungen für das zweite Quartal präsentierte und zugleich einen radikalen Konzernumbau weg von fossilen Energien und hin zu erneuerbarer Energie vorstellte. Nach 111-jähriger erfolgreicher Geschäftstätigkeit im Öl- und Gasgeschäft will sich der britische Ölmulti von seinem Kerngeschäft sukzessive abwenden und ganz auf erneuerbare Energie fokussieren. BPs neueste Energie-Prognose spiegelt den Strategieschwenk des Konzerns wider. Die Experten von BP gehen davon aus, dass sich die wegen der Corona-Krise stark gesunkene weltweite Erdöl-Nachfrage trotz nachlassender Reisebeschränkungen in den nächsten Jahren nur teilweise erholen und nicht mehr den Vor-Krisen-Level von nahezu 100 Millionen Barrel pro Tag erreichen werde. Das vermehrte Arbeiten im Home-Office werde zu einem langsameren Wachstum des Energieverbrauchs führen. Der Verbrauch fossiler Brennstoffe werde zum ersten Mal in der modernen Geschichte sinken. Während der Anteil fossiler Energien am gesamten Energieverbrauch schon in der Vergangenheit zurückgegangen ist, sei ihr Verbrauch in absoluten Zahlen bisher nie gesunken, sagte BP-Chefökonom Spencer Dale. Gleichzeitig "wächst der Anteil erneuerbarer Energien schneller, als man es jemals in der Geschichte bei einem anderen Kraftstoff gesehen hat." Der Anteil der fossilen Energieträger Kohle, Öl und Gas werde sich über einen Zeitraum von 30 Jahren mehr als halbieren, es breche eine neue Energie-Ära an, sagte Konzernchef Bernard Looney in London, als er den diesjährigen „World Energy Outlook 2020“* vorstellte. Im BP „World Energy Outlook 2019“ spielte fossile Energie im zukünftigen Energiemix noch eine viel größere Rolle.

Die neue Unternehmens-Strategie von BP

BP wird sich von einer Internationalen Ölfirma zu einer integrierte Energiefirma und zu einem diversifizierten Lieferanten sauberer Energie transformieren. Der Konzern will sich in Zukunft ganz auf saubere, erneuerbare Energie fokussieren und bis zur Mitte des Jahrhunderts die CO2-Emissionen aus seiner Geschäftstätigkeit auf Null senken. Hauptschwerpunkt des neuen, transformierten Konzerns wird die Stromerzeugung sein. In den nächsten zehn Jahren soll massiv in erneuerbare Energien, hauptsächlich in Wind- und Sonnenenergie investiert werden. Während 50 Gigawatt Ökostrom Strom produziert werden sollen, wird die Öl- und Gasproduktion im selben Zeitraum um etwa 40% reduziert und die Raffinerie-Aktivitäten um ein Drittel zurückgeschraubt werden. Auch in die Bereiche Bioenergie, Wasserstoff und Speicherung von CO2 soll investiert werden, in den kommenden zehn Jahren sollen weltweit 70.000 Ladestationen für Elektroautos aufgebaut werden.

BP verwendet 3 Szenarien zur Berechnung der zukünftigen Energienachfrage, basierend auf unterschiedlichen Maßnahmen zur Reduzierung der CO2 Emissionen (Rapid, Net Zero und Business as-usual). 

Die Kernpunkte der BP- Energieprognose

  • Um eine CO2-ärmere Zukunft zu gewährleisten, wird sich das weltweite Energiesystem grundlegend ändern. Es wird vielfältiger werden, sich mehr an die Verbraucherbedürfnisse anpassen und es wird zu verstärktem Wettbewerb unter den Energieträgern kommen.
  • Als Folge von wachsendem Wohlstand wird der weltweite Energieverbrauch in den Entwicklungs- und Schwellenländern weiter ansteigen, jedoch mit geringeren Wachstumsraten als in der Vergangenheit.
  • Der Verbrauch Erneuerbaren Energien wird stark wachsen und entsprechend werden fossile Energien stark abnehmen. Steigende Energieeffizienz und stark wachsende Elektromobilität werden die Bedeutung von Erdöl verringern. Gas wird in den kommenden 30 Jahren noch einen wichtigen Anteil am Energiekonsum haben, auch um den stark fallenden Kohleanteil im Stromsektor zu ersetzen.
  • Die Energiemärkte werden stärker integriert und dezentralisiert werden.
  • Die Elektrifizierung der Welt wird weiter stark steigen, Wind- und Solarstrom werden die höchsten Zuwächse verzeichnen.
  • Bei der Mobilität wird es zu großen Veränderungen kommen: starke Zuwächse bei der Elektromobilität, mehr Car-Sharing Modelle, autonomes Fahren, Brennstoffzellen-Antrieb. 
  • Bioenergie und Biokraftstoffe werden an Bedeutung gewinnen.
  • Die Politik muss entschlossene Maßnahmen setzen (Erhöhung der CO2-Bepreisung**, Förderung alternativen Antriebe im Mobilitätssektor etc.), um die CO2 Emissionen zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen.

Die steigende Bedeutung von Wasserstoff

Zum ersten Mal inkludiert BP auch den zukünftigen Verbrauch von Wasserstoff in seine Prognose. Schon 2035 könnte Wasserstoff als Energieträger eine Rolle spielen, 2050 sollen dann zwischen 7% und 16% des weltweiten Energieverbrauchs mit Wasserstoff abgedeckt werden, der Wasserstoffverbrauch wird aus einer Kombination von „blauem“ und „grünen“ Wasserstoff*** zusammengesetzt sein. Zur Herstellung von blauem Wasserstoff wird Gas verwendet, während grüner Wasserstoff mit erneuerbarem Strom hergestellt wird und keine CO2-Emissionen anfallen. Die Herstellung von grünem Wasserstoff ist zwar schon jetzt technisch möglich, aber viel zu teuer.

Fazit

Das wichtigste Ziel der großen Konzerne ist die Profitmaximierung, BP hat sich nicht nur aus lauter Umweltfreundlichkeit für eine neue Geschäftsstrategie entschieden, sondern sieht seine geschäftliche Zukunft in sauberer, erneuerbarer Energie.  Deshalb ist davon auszugehen, dass auch andere Ölmultis diesen Weg einschlagen und vermehrt in Erneuerbare Energie investieren werden. Eine solche Entwicklung würde dazu beitragen den Umstieg auf eine neue Energie-Ära weg von fossiler Energie und hin zu sauberer, erneuerbarer Energie zu beschleunigen.

*Der jährlich von BP veröffentliche „World Energy Outlook“ ist in der Energiebranche sehr bekannt und geschätzt, da seine Ausgangsdaten empirisch erhoben werden. Zahlreichen Regierungen/Institutionen/Unternehmen nutzen die Daten als Grundlage für ihre energiepolitische Planungen.

** CO2 Bepreisung: der Ausstoß von CO2 (Kohlendioxid) wird in den Bereichen Verkehr und Gebäude mit Kosten belegt. Höhere Belastungen sollen Verbraucher dazu bewegen z.B. vermehrt öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen und sparsamer zu heizen. CO2 wird bereits in vielen Ländern besteuert und weitere Steuern sind geplant. Viele Ökonomen sind der Meinung, dass eine Bepreisung von CO2 das wirksamste und volkswirtschaftlich verträglichste Instrument für kosteneffizienten Klimaschutz ist.

***Grauer Wasserstoff wird in Dampfreformern (Anlagen der chemischen Industrie) aus Erdgas hergestellt. Das beim Herstellungsprozess freigesetzte CO2 wird in die Atmosphäre abgegeben. Weit über 90% des weltweit verbrauchten Wasserstoffs werden so produziert. Die Herstellung ist teuer. Wasserstoff wird als Grundstoff in der Chemie- & Metallindustrie, als Kühlmittel oder zur Dünger-Herstellung verwendet. Als Energieträger wird Wasserstoff in Pilotprojekten zum Antrieb von Fahrzeugen mit Brennstoffzelle genutzt. Wird das bei der Gewinnung von Wasserstoff entstehende CO2 gespeichert (engl. Carbon Capture and Storage, CCS), so spricht man von Blauem Wasserstoff. Als Speicher dienen z. B. erschöpfte Offshore-Erdgasfelder, in Norwegen wird CO2 Speicherung schon seit Jahrzehnten durchgeführt.

Grüner Wasserstoff: Sogenannte Elektrolyseure spalten Wasser mit Elektrizität in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff.  Grün ist der Wasserstoff nur dann, wenn der verwendete Strom aus erneuerbaren Quellen stammt. Pilotanlagen haben gezeigt, dass die Technik funktioniert, aber die Herstellung ist viel zu teuer und extrem energieintensiv.