Politica | Gastbeitrag

Stimme aus dem Chor

Der langjährige Vizebürgermeister von St. Ulrich, Georg Moroder, schrieb vor Jahren an den damaligen österreichischen Bundespräsidenten einen Brief: Gegen den Doppelpass.
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Foto: upi
An den Bundespräsident der Republik Österreich
Dr. Heinz Fischer
Hofburg - Ballhausplatz A-1014 Wien/Austria
 
Sehr geehrter Herr Bundespräsident.
 
Gegenstand: Doppelstaatsbürgerschaft für die Südtiroler
 
Als ehemaliger Ladinischer Vize-Bürgermeister von St. Ulrich in Gröden (1980 -1995 ) und von 1969 bis 2010 Gemeinderat von St. Ulrich, erlaube ich mir Ihnen diese Zeilen zu senden.
Viele Ladinische Mitbürger aus Gröden sind über die Folgen einer eventuellen neuen Entscheidung für oder gegen eine Doppelstaatsbürgerschaft sehr besorgt.
Mit großer Genugtuung haben wir deshalb in diesen Tagen gehört, dass das Österreichische Parlament sich mit großer Mehrheit gegen dieses absurde und nicht zeitgemäße Ansuchen der Südtiroler Rechtspolitiker sowie der SVP ausgesprochen hat.
Mit großer Genugtuung haben wir deshalb in diesen Tagen gehört, dass das Österreichische Parlament sich mit großer Mehrheit gegen dieses absurde und nicht zeitgemäße Ansuchen der Südtiroler Rechtspolitiker sowie der SVP ausgesprochen hat.
Unsere Eltern wurden schon 1939 (Abkommen Hitler Mussolini) zu ähnlich tragischen Entscheidungen getrieben, Familien wurden auseinander gerissen, aus Brüdern wurden Feinde, unsere Väter und Mütter wurden von den mehrheitlich Hitler freundlich gesinnten Grödnern als Verräter beschimpft, nur weil sie es gewagt hatten sich gegen das Auswandern in das Dritte Reich und demnach für den Beibehalt der Italienischen Staatsbürgerschaft zu entscheiden (n.b, die meisten Wahlberechtigten waren bis 1918 Österreichische Staatsbürger).
Sollte es trotz allem eines Tages zu einer Entscheidung durch das Österreichische Parlament kommen (was wir natürlich nicht hoffen) den Südtirolern die Österreichische Staatsbürgerschaft zu gewähren, würden wir 7-8 Jahrzehnte nach der tragischen Option unsrer Väter wieder vor einer Folgenschweren und Unheilbringenden Entscheidung stehen. Die Folgen können wir uns gut vorstellen; hier die guten Tiroler die natürlich die Österreichische Staatsbürgerschaft mit Freude annehmen, dort die italienischen Vaterlands Verräter die weiterhin nur, die Italienische Staatsbürgerschaft behalten würden.
Was würde denn mit den 130.000 in Südtirol lebenden Italienern und den Welschtirolern passieren? Sollen diese auch einen Österreichischen Pass bekommen? Oder würden diese von so einer Entscheidung ausgeklammert werden, auch wenn diese schon seit vielen Generationen hier in Südtirol leben?
 
In Zeiten des Vereinigten Europas brauchen die Völker Europas keine Doppelstaatsangehörigkeit.
Es ist doch eine wunderbare Tatsache dass wir ganz Europa ohne Pass bereisen können. Wenn schon dann sollten alle 350 Millionen Europäer den gleichen Pass der Vereinigten Staaten Europas haben, dafür sollte sich auch Österreich als Schutzmacht Südtirols einsetzen.
 
Diese ungute Idee der Doppelstaatsbürgerschaft ist übrigens ein Zeichen dass es heute in Südtirol keine anderen große Probleme gibt.
Es herrscht zum Glück Ruhe und Frieden in Südtirol, Deutsche, Italiener und Ladiner kommen eigentlich sehr gut aus, weshalb man alles vermeiden sollte was zu neuen Spannungen führen würde. Diese ungute Idee der Doppelstaatsbürgerschaft ist übrigens ein Zeichen dass es heute in Südtirol keine anderen große Probleme gibt. Der SVP und den Rechts gerichteten politischen Parteien in Südtirol fehlen anscheinend zur Zeit andere Argumente für den Wahlkampf im Herbst.
 
Mit freundlichen Grüßen
Georg Moroder im Namen einiger gleichgesinnten Ladiner
39046 St.Ulrich / BZ