Ambiente | Bauvorhaben

Der Aufschrei der Architekten

Die Architektenkammer fordert die Rücknahme einer Ausschreibung der Gemeinde Eppan. Die geplante Vergabe verstoße gegen die geltenden Bestimmungen und sei voller Fehler.
mercanti-kaserne
Foto: Bürgerliste Eppan
Johann Vonmetz ist kein Schreier. 
Als Präsident der Kammer der Architekten, Raumplaner, Landschaftsplaner und Denkmalpfleger der Provinz Bozen vertritt er 1.159 Mitglieder. In dieser Funktion hat Vonmetz vor zwei Tagen einen offenen Brief an die politische Verantwortlichen der Gemeinde Eppan geschrieben. Das Schreiben ging zur Kenntnis auch an Landeshauptmann Arno Kompatscher und Bautenlandesrat Massimo Bessone.
Das vierseitige Schreiben ist eine förmliche Watschn für die Verwalter der Überetscher Großgemeinde. Es ist aber auch ein Protest, der weit über den Eppan Anlassfall hinausgeht und sich gegen eine (Un)Art der Vergabe von öffentlichen Bauvorhaben in Südtirol richtet. Allein der letzte Satz im Brief macht deutlich wie ernst es dem Vorsitzenden der Südtiroler Architektenkammer dabei ist. „Denn unsere wertvolle Landschaft verdient sich das bestmögliche, nicht das erstbeste Projekt“, schreibt Johann Vonmetz.
 

Das Zivilschutzzentrum

 
Der Anlass für den vehementen Protest ist der geplante Bau der neuen Feuerwehrhalle mit Zivilschutzzentrum in St. Michael-Eppan. Seit Jahren ist dieser Neubau in Eppan auf der To-Do-Liste der Eppaner Gemeindeverwaltung. Jetzt soll er endlich auf dem ehemaligen Gelände der Mercanti-Kaserne in Angriff genommen werden.
 
 
Der Eppaner Gemeindeausschuss hat sich entschieden, ein Dienstleistungsverfahren für die Planung, Bauleitung und Sicherheitskoordination für den Bau auszuloben. Nach Ansicht der Gemeindeverwalter ist ein Dienstleistungsverfahren schneller und billiger ist als die Durchführung eines Planungswettbewerbes. 
Doch genau dagegen läuft die Architektenkammer jetzt Sturm. Johann Vonmetz im Schreiben:
 
„Seit Jahren weist die Südtiroler Architektenkammer auf die Vorteile des Planungswettbewerbes hin, bei dem der Auslober das beste Projekt aus einer Reihe von Vorschlägen für das spezifische Bauvorhaben erhält und mit diesem gleich weiterarbeiten kann. Auf diese Weise garantiert der Planungswettbewerb eine hohe Qualität hinsichtlich Architektur und Funktionalität, verbunden mit einem Mehrwert für den Auslober, den künftigen Nutzer, das Ortsbild, die Landschaft und die Baukultur insgesamt“.
 
Bei einem Dienstleistungsverfahren hingegen würde die Gemeinde lediglich den Namen des Projektanten aufgrund der Referenzen und des Honorarangebotes erhalten und muss dann planerisch „mit einem weißen Blatt Papier“ starten.
Im Schreiben wird auch ein positives Gegenbeispiel angeführt: Das Projekt für das neue Zivilschutzzentrum von Klobenstein. Die Gemeinde Ritten habe dafür einen Planungswettbewerb ausgeschrieben,  in dessen Jury neben Fachleuten auch die Gemeindeverwaltung und die Freiwillige Feuerwehr als künftige Nutzer des Gebäudes ein Mitspracherecht hatten. 
Bei einem so wichtigen und großen Bauvorhaben wie dem neuen Zivilschutzzentrum in St. Michael- Eppan mit entsprechend hohen Investitions- und Folgekosten für den Gemeindehaushalt kann Ihnen als politische Entscheidungsträger die Qualität in Architektur und Funktionalität wohl nicht egal sein“, appelliert Vonmetz an Wilfried Trettl & Co.
 

Die Fehler

 
Zudem verweist die Architektenkammer in dem offenen Brief auf eine ganze Reihe von Fehlern, Unklarheiten und Unterlassungen in der Ausschreibung dieses Dienstleistungsverfahrens.
Demnach habe man es verabsäumt anzugeben, dass es hier nur um eine weiterführende Planung geht, also um das endgültige Ausführungsprojekt handle. Da die Projektsumme die 2,5 Mio-Euro-Schwelle überschreitet, sei zudem vorab ein Gutachten des Technischen Landesbeirates erforderlich. Diese Gutachten müsse der Ausschreibung beigelegt werden, damit die Teilnehmer ein seriöses Angebot erstellen können.
 
 
Vor allem aber bemängelt die Architektenkammer, dass bei einer genauer Analyse der Bewertungskriterien des Dienstleistungsverfahrens auffällt, dass das Bauvorhaben mit anderen öffentlichen Bauvorhaben, die man in derzeit noch gar nicht kennt, in Verbindung gesetzt wird. Der Bebauung des Areals Ex-Mercanti Kaserne, einem geplanten Kreisverkehr und der Planung und Bauleitung der Carabinieri-Kaserne auf dem angrenzenden Grundstück. 
Diese Bewertungskriterien scheinen auf einen sehr kleinen Kreis von Projektanten zugeschnitten zu sein“, heißt es im Schreiben vielsagend.
Außerdem listet die Architektenkammer eine ganze Reihe von Fehlern in der Honorarberechnung für diese Vergabe auf.
 

Sofort stoppen

 
Vor diesem Hintergrund fordert die Südtiroler Architektenkammer mit dem Scheiben die politischen Entscheidungsträger der Gemeinde Eppan auf, das Dienstleistungsverfahren sofort zu stoppen und zu annullieren und einen Planungswettbewerb auszuschreiben, um ein maßgeschneidertes Projekt von hoher Architekturqualität zu erhalten. 
Unsere wertvolle Landschaft verdient sich das bestmögliche, nicht das erstbeste Projekt.
Johann Vonmetz im offenen Brief.
Zudem fordern Vonmetz & Co die Südtiroler Landesregierung auf, für wichtige öffentliche Bauvorhaben die Durchführung eines Planungswettbewerbs gesetzlich vorzuschreiben, damit eine hohe Architekturqualität garantiert werden kann, und die AOV (Agentur für die Verfahren und die Aufsicht im Bereich öffentliche Bau-, Dienstleistungs- und Lieferaufträge) ihrem Auftrag entsprechend, mit der Aufsicht der öffentlichen Verwaltungen und der Unterstützung bei der Durchführung von Planungswettbewerben zu beauftragen. 
„Genau diese Planungswettbewerbe waren lange Zeit das Erfolgsrezept Südtirols und führten dazu, dass das Land weitum für die hohe Qualität in der Architektur bekannt wurde“, meint Johann Vonmetz.
Doch in Eppan scheinen die Uhren immer noch anders zu ticken.
Bild
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alfred frei Sab, 03/28/2020 - 18:19

Eine dringende Anfrage an den Bürgermeister wäre vonnöten, es sei denn, dass
eine klare Stellungnahme aus der Gemeindestube die "ganze Reihe von Fehlern, Unklarheiten und Unterlassungen in der Ausschreibung dieses Dienstleistungsverfahrens" im Vorfeld klärt. Früher oder später kann man sich dann anläßlich der Gemeinderatswahlen darüber unterhalten.

Sab, 03/28/2020 - 18:19 Collegamento permanente