„Parken muss kosten!“
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SALTO: Herr Redl, was macht die ecoplus Alpin GmbH anders als andere Skigebiete?
Markus Redl: Unsere Gesellschaft gehört zur Wirtschaftsagentur des Bundeslandes Niederösterreich und betreibt die landeseigenen Bergbahnen.
Ihr Unternehmen gehört also der öffentlichen Hand?
Genau. Es gibt in Österreich viele Seilbahnbetriebe, die entweder auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene zur Gänze oder teilweise der öffentlichen Hand gehören. Als Teil der Wirtschaftsagentur gilt bei uns seit der Gründung im Jahr 2011 der Auftrag, mit der Infrastruktur der Seilbahnen die regionale Entwicklung zu fördern und uns an den Klimawandel anzupassen. Das garantiert Unternehmen im Gastgewerbe und Skisport Planungssicherheit. Heute versuchen wir aus einem kurzen intensiven Wintergeschäft einen Ganzjahresbetrieb mit einer guten Auslastung zu machen.
„Heute besuchen zwei Drittel der Gäste dieses Skigebiet im Sommer.“
Gelingt das?
In unserer Region sind die Voraussetzungen dafür gar nicht so schlecht, speziell am Wechsel, einer Gebirgsregion zwischen den Ballungszentren Wien und Graz. Das Gebiet ist auch für einen Tagesausflug mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Pkw gut erreichbar. Gleichzeitig sind unsere Skigebiete im Vergleich zu anderen eher tiefer gelegen. Deshalb haben wir nicht nur klassische Skipisten im Angebot, sondern wir wollen ein gutes Bergerlebnis bieten und das möglichst an 365 Tagen im Jahr.
Was können Gäste außer Skifahren noch machen?
Klassische Sommerattraktionen wie der Motorikpark sind bei uns in der Wexl Arena St. Corona auch im Winter geöffnet, parallel zum klassischen Skibetrieb. Im Motorikpark wird die Bewegung von Jung und Alt gefördert, zum Beispiel koordinative Fähigkeiten. Das Angebot wird angenommen und Gäste verlängern ihren Aufenthalt.
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Wie sieht die Auslastung außerhalb der Wintersaison aus?
Das ist von Standort zu Standort unterschiedlich. Wir beschäftigen uns nicht erst seit gestern mit der Transformation von Skigebieten, St. Corona am Wechsel hat damit bereits im Jahr 2013 begonnen. Der Schwerpunkt war anfangs noch die Wintersaison. Heute besuchen zwei Drittel der Gäste dieses Skigebiet im Sommer. Die Ankünfte pro Jahr sind von 50.000 auf 250.000 gestiegen – also um ein Vielfaches. Das ist für ein Skigebiet sehr ungewöhnlich.
„In Österreich zum Beispiel macht die gesamte Pistenfläche im Alpenraum circa 0,45 Prozent aus.“
Mussten Skigebiete in Ihrem Verbund bereits schließen?
Ein ganzes Skigebiet noch nicht, aber wir haben sogenannte strategische Teilrückbauten durchgeführt. Davor haben wir uns die Frage gestellt, welche Pistenflächen für welche Gäste wichtig sind. Da vor allem die Weihnachtsferien für das Geschäft relevant sind, haben weniger schwierige Pisten für ein breites Publikum eine höhere Bedeutung als schwarze Pisten. Das ist verständlicherweise schade für geübte Skifahrerinnen und Skifahrer, für die wir aber Rennstrecken oder auch Funslopes anbieten.
Welche Vorteile hat das?
Wenn Sie mit der gleichen Beschneiungsanlage weniger Pistenfläche beschneien müssen, dann erhöht sich die sogenannte Schlagkraft, die verbleibende Fläche kann besser und in kürzerer Zeit beschneit werden.
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Inwiefern sind die Skigebiete Ihres Verbunds vom Klimawandel betroffen?
Das eigentliche Problem der Skigebiete ist nicht die Erhöhung der Durchschnittstemperatur, sondern es sind Extremwetterereignisse. Technischer Schnee kann auch während Kälteperioden im November oder Dezember erzeugt werden, hält bei Warmwetter erstaunlich gut. Aber Starkregen oder Föhnsturm beeinträchtigen den Skibetrieb, da der Schnee auf der Piste schmilzt oder Lifte wegen dem starken Wind nicht in Betrieb gehen können.
Wie werden die freigewordenen Flächen von Skigebieten genutzt? Welche Rolle spielt hier die Artenvielfalt?
Diese können für Angebote genutzt werden, die ohne Schnee auskommen, wie etwa der Motorikpark am Wechsel oder auch eine Sommerrodelbahn. Laut Gesetz müssen die technischen Anlagen rückgebaut und Pistenflächen renaturiert werden.
Skigebiete stehen immer wieder in der Kritik von Umweltverbänden, etwa beim Bau von Speicherbecken für die Schneeproduktion oder weiteren Liftanlagen.
Wenn Sie vielen Menschen auf relativ engem Raum ein tolles Bergerlebnis bieten, dann ist das naturschutzfachlich gut und bietet zudem die Möglichkeit, sie für Klimaschutz zu sensibilisieren. Im Umkehrschluss können Schutzgebiete unberührt bleiben, dort hat die Natur dann ihre Ruhe.
Das klingt in der Theorie schön, in der Praxis sieht es leider häufig anders aus.
Ich hoffe nach wie vor, dass das Nature Restoration Law (Verordnung zur Wiederherstellung der Natur, Anmerkung d. Redaktion) der Europäischen Union auch vom Rat der zuständigen Fachminister verabschiedet wird und in Kraft treten kann. Dieses Gesetz betrifft nicht nur Feuchtgebiete und Fließgewässer, sondern beispielsweise auch die Artenvielfalt im Wald. Es legt wichtige Ziele fest, um Flächen zu renaturieren.
„Kostet der Parkplatz hingegen etwas, hat das auch eine steuernde Wirkung.“
Die Alpen bleiben wahrscheinlich trotzdem ein sehr beliebtes Reiseziel.
Menschen haben das Bedürfnis, sich in der Natur zu erholen und für diesen Zweck nicht immer weit verreisen zu müssen. Wenn es in den Städten sehr heiß wird, dann werden die Berge gesucht. Hier können Skigebiete auf kleiner Fläche einen sehr hohen Erholungswert produzieren. In Österreich zum Beispiel macht die gesamte Pistenfläche im Alpenraum circa 0,45 Prozent aus. Die Skigebiete unseres Landes registrieren pro Wintersaison 50 Millionen Besuche und erzeugen nicht nur Wertschöpfung, sondern auf vergleichsweise wenig Fläche einen hohen Nutzen für die Gäste. Im Vergleich dazu sind die Auswirkungen auf die Natur bei Skitouren außerhalb von Skipisten 50-mal höher.
In Ihrem neuen Buch zur Zukunft der Skigebiete betonen Sie den Stellenwert der Digitalisierung, wieso?
Die Digitalisierung erleichtert die Erfassung der Gäste in einem Gebiet und das ermöglicht eine Lenkung der Besucherströme. Die Tickets unserer Skigebiete werden mittlerweile zu 60 Prozent online gekauft. Beim Kauf können wir mit günstigen Angeboten, jene Zeiten in Skigebieten bewerben, die noch weniger ausgelastet sind, oder Gäste belohnen, wenn sie Ridesharing nutzen oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.
Im Wintertourismus verursachen die An- und Abreise am meisten CO2-Emissionen. Was können Skigebiete hier konkret tun?
Wir brauchen ein monetarisiertes Parkraum-Management. Parken muss kosten! Wenn Gäste eine Liftkarte kaufen, müssen sie derzeit in österreichischen Skigebieten häufig für den Parkplatz nichts zahlen. So werden die Kosten für den Betrieb eines Parkplatzes auf alle Gäste verteilt, egal ob sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen oder mit dem eigenen Auto. Kostet der Parkplatz hingegen etwas, so wie es in größeren Städten und bei Skigebieten in der Schweiz der Fall ist, dann hat das auch eine steuernde Wirkung.
Über die PersonMarkus Redl wurde 1974 in Wien geboren und leitet seit 2011 die ecoplus Alpin GmbH. Der renommierte Experte schreibt für den Tourismuspresse-Blog und gestaltet den Podcast „Pistenkilometer – There’s No Business Like Snow Business“. Im Jänner 2024 erschien sein Sachbuch „Die Zukunft der Skigebiete: Das weiße Gold wird grün!“ bei story.one. Redl studierte Sportwissenschaften an der Universität Wien und als Fulbright-Stipendiat Public Administration an der Harvard University. Er lebt mit Frau und vier Kindern in Perchtoldsdorf.
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Statt sie mit einer passenden Beschilderung in die Schönheiten der Natur zu lenken, werden sie häufig nur mit Verbots-Schildern (Langlauf- + Schi-Pisten) zum ärgerlichen Umkehren gezwungen.
Die These von Herrn Redl, den Parkplatz / die sehr teuren Garaschen-Plätze in die Preisgestaltung hinein zu rechnen, würde zur erwünschten Verkehrs-Beruhigung beitragen + zudem den Gästen die Risiko-reiche Anfahrt mit dem eigenen PKW, samt Winter-Ausrüstung ersparen.
„Parken muss kosten!“ .. Was…
„Parken muss kosten!“ .. Was für ein phantasievoller Mensch!
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