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Dünnhäutige Spitze

Das Salto-Interview mit Florian Kronbichler hat bei den Grünen für Missstimmung gesorgt. Vor allem Grünenchefin Brigitte Foppa fühlt sich desavouiert. Die Hintergründe.
Verdi
Foto: salto
Brigitte Foppa war außer sich. Die grüne Sprecherin drohte sogar mit dem Rückzug ihrer Kandidatur. Und das zwei Tage vor der Landesversammlung der Südtiroler Grünen, auf der Foppa als Parteisprecherin bestätigt werden sollte.„Es war wirklich Feuer am Dach“, beschreibt ein Mitglied des Grünen Rates die Stimmung hinter den Kulissen.
Der Grund für die grüne Katerstimmung: Das am Donnerstag erschienene Salto.bz-Interview mit Florian Kronbichler.
Es war vor allem ein Absatz in dem Abschiedsinterview des links-oppositionellen Parlamentariers, der die zarte grüne Befindlichkeit in Wallung gebracht hat.
Hier die inkriminierte Textstelle:
 
Salto.bz: Glauben Sie nicht, dass der 5-Sterne-Exponent Paul Köllensperger bei den Parlamentswahlen größte Chancen hat, nach Rom zu kommen?
 
Florian Kronbichler: Ich kenne die Stärke der 5-Sterne-Bewegung in Südtirol nicht. Paul Köllensperger selbst wäre ein ausgezeichneter Parlamentarier und Vertreter für Südtirol. Meine grünen Kollegen halten mir manchmal vor, dass ich meine Hochachtung vor Paul Köllensperger zu unverhüllt ausdrücke. Von der Vorbereitung und auch von der Art bei den Leuten anzukommen, hat er alle Voraussetzungen für höhere Weihen. Er ist sicher ein Gewinner dieser Legislatur im Landtag. Das Problem: Für seine Wahl bräuchte es den Zusammenschluss mehrere Gruppierungen in Südtirol. Doch diese Entwicklung wird sehr schwer werden.
 
Diese Aussage trieb Brigitte Foppa und einen Teil der grünen Spitze zur Weißglut. Diese Reaktion zeigt, wie fragil das politische Gleichgewicht inzwischen bei der Südtiroler Ökopartei geworden ist.
 

Feinbild Köllensperger

 
Der Hintergrund des Ärgers ist ein seit langem schwelender Konflikt. Brigitte Foppa führt die Grünen als exklusiven Club, in dem persönliche Befindlichkeiten, individuelle politische Ambitionen und klar definierte Seilschaften mittlerweile wichtiger sind als große wahltaktische Überlegungen oder breite politische Konzepte. Obwohl man auf der Landesversammlung am Samstag Aufbruchsstimmung zelebrierte, ist das oberstes Ziel längst klar definiert: Den grünen Wählersockel halten und weiterhin drei Landtagsabgeordnete stellen. Auch personell sind die Weichen dafür fast schon gestellt. Brigitte Foppa, Norbert Lantschner und ein Italiener oder eine Italienerin. In diesem Planspiel ist 15 Monate vor den Landtagswahlen niemand willkommen, der das Gleichgewicht durcheinander bringen könnte.
In diesem Verteidigungskampf um die eigenen politischen Pfründe hat die grünen Spitze seit langem einen Erzfeind ausgemacht: Paul Köllensperger und die 5-Sterne-Bewegung. Foppa & Co wissen nur zu gut, dass der Grieser Landtagsabgeordnete nicht nur im selben Wählerteich um Stimmen fischt, sondern sie müssen mit Schrecken mitansehen, dass der smarte Unternehmer bei vielen Menschen in Südtirol besser ankommt als der Großteil der eigenen Vertreter. Auch bei den deutschsprachigen Wählerinnen und Wählern.
 
Der Alptraum: ein Paul Köllensperger, der außerhalb der 5-Sterne-Bewegung mit einer eigenen Liste zu den Landtags- oder Parlamentswahlen antritt. Deshalb gilt eine unausgesprochene Losung: Keine großartige Zusammenarbeit mit dem 5-Sterne-Mandatar.
Dass ausgerechnet Florian Kronbichler jetzt im Salto-Interview Paul Köllensperger offen Rosen streut,  sieht Brigitte Foppa als direkten Angriff auf sich und ihre politische Linie. Die grüne Sprecherin sah sich gegenüber RAI Südtirol sogar bemüht, jede Zusammenarbeit mit Köllensperger zu dementieren. Dabei hatte Florian Kronbichler nie davon gesprochen.
 

Meraner Gegenwind

 
Das ist aber ist nicht die einzige Bruchlinie bei den Südtiroler Grünen. Obwohl nach außen hin kaschiert, gibt es auch Spannungen zwischen der grünen Landesspitze und dem Meraner Ableger. Seit langem hat man der früheren Landtagsabgeordneten und Frontfrau Christl Kury signalisiert, sie solle sich aus den Belangen der Ökopartei auf Landesebene heraushalten. Dass die Chemie zwischen Foppa und Kury nicht stimmt, ist kein Geheimnis.
Das Problem dabei: Die Meraner Grünen sind bei weitem der erfolgreichste Ableger der Partei. Mit Paul Rösch stellen sie indirekt den einzigen grünen Bürgermeister Südtirols. Christl Kury tauchte dann auch auf der Landesversammlung am Samstag mit Paul Rösch und der Meraner Stadträtin Madeleine Rohrer auf. Es war eine Anwesenheit, die man öffentlich gerne hergezeigt hat.
 
Anderseits war die Meraner Gruppe mit einer klaren Linie nach Bozen aufgebrochen. Christl Kury machte daraus keinen Hehl. Die ehemalige Frontfrau der Grünen empört es, dass zwei deutschsprachige Exponenten die Grünen als Sprecher anführen sollten. Vor dem Duo Foppa/Heiss war es Tradition, das ein Sprecher deutsch und der oder die andere italienisch war. In einer interethnischen Partei eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Vor diesem Hintergrund sprachen sich die Meraner offen für Antonella Arseni aus. Die Publizistin erhielt am Ende nur 18 Stimmen und hatte gegenüber Brigitte Foppa (47 Stimmen) und Tobe Planer (42 Stimmen) das Nachsehen.
Dabei hatte Christl Kury, um den Frieden in der Partei zu wahren, das Duo Rösch/Rohrer ersucht, nicht mitzuwählen. Beiden haben überlegt, ob sie vor der Versammlung Mitglieder der Grünen werden sollten und damit stimmberechtigt gewesen wären.
Auch weil Brigitte Foppa & Co das als weiteren Affront empfunden hätten, ließ man es am Ende aber bleiben.