Palcoscenico | Theater unterwegs

Lebendiger Balztanz

Am Sonntag feierte das Kinder- und Erwachsenenstück "Ente, Tod und Tulpe" Theaterpremiere in Bozen. Demnächst ist es auch an mehreren Schauplätzen des Landes zu sehen.
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Foto: Marta Tonelli
  • Tod und Autor

    Im vergangenen Dezember verstarb Wolf Erlbruch. Der 1948 in Wuppetal geborene Illustrator und Kinderbuchautor erdachte Mitte der 2000er Jahre die fabelhafte Geschichte zu Ente, Tod und Tulpe, die am Sonntag in ihrer Bühnenfassung im Studio des Bozner Stadttheaters Premiere feierte und in den nächsten Tagen und Wochen durch Südtirol tourt (Bruneck, Brixen, Mals und Meran) – bis sie dann wieder für weitere Termine auf die Bozner Studiobühne zurückzukehren wird. Das Stück für Kinder (ab 6 Jahren) ist durchaus auch für aufgeschlossene Erwachsene geeignet, da es verspielt, wahrhaftig und mit fein gesetzten Pointen angenehm aufzeigt, wie sich eine lebensfrohe Ente und ein etwas verhaltener "Tod" begegnen und sogar anfreunden. 

  • Ende einer Ente: Die in Südtirol aufgewachsene und in Hamburg lebende Doris Pigneter (Ente) und die Duisburgerin Alicia Peckelsen (Tod) kommen in "Ente, Tod und Tulpe" gut aus. Die von den beiden dargestellten Figuren werden (auch wenn etwas zögerlich) richtig gute Freunde. Foto: Marta Tonelli

    Für sein Schaffen wurde Wolf Erlbruch 2017 der Astrid-Lindgren-Gedächtnis-Preis zuerkannt, die weltweit höchstdotierte Auszeichnung für Kinder- und Jugendliteratur. Außerdem nahm sich der deutsche Kunsthistoriker Matthias Bruhn immer wieder Erlbruchs Bücher an und machte Kurzfilme dazu, auch zum Entenstück (2010), bei dem die Stimme des Tod sogar vom 2015 verstorbenen Harry Rowohlt eingesprochen wurde. 
    Die Stimme und die Rolle des Todes verkörpert in der gegenwärtigen VBB-Theaterproduktion hingegen eine lebendige Alicia Peckelsen. In die Entenfigur schlüpft eine noch quirliger agierende Doris Pigneter. Als sie (als Ente) im Stück gleich zu Beginn wahrnimmt, dass hinter ihrem Rücken "die" Tod auflauert, spricht sie Tod an und beide tauschen sich vorsichtig aber wohlwollend aus. Im weiteren Verlauf geht es immer wieder durchaus philosophisch anspruchsvoll zu. Zuviel für Kinder? Kann, bzw. soll man so ein Stück Kindern zumuten? Klar. Schließlich geht es ja um das Leben, das Tun, die Jahreszeiten, das Gründeln, das kollegiale Gegenseitige. Sowie um eine Tulpe, die Lieblingsblume der Ente. Sie wird ihren richtig großen Auftritt in der Schlussszene haben. In den rund sechzig Minuten vorher steht sie wie eine beschützende Heiligenfigur am rechten Bühnenrand. 

  • Um was geht`s?

    Freie Wege ins Jenseits: Ente und Tod sprechen über verschiedene Jenseitsvorstellungen. Der Tod widerspricht keiner der genannten Vorstellungen, er bestätigt aber auch keine. Foto: Marta Tonelli

    Ente und Tod erleben jede Menge Abenteuer. Sie genießen das Leben, sprechen hin und wieder vom Sterben, von Engeln, Gebratenem in der Hölle, sie klettern auf Bäume, stürzen sich in den Teich und widmen sich Gedanken, die vielleicht merkwürdig sein mögen. Und wohl gerade deshalb machen sie neugierig auf die todernste Angelegenheit. Im Verlauf des Stücks und im Lauf der Jahreszeiten wird es natürlich auch kalter Winter und die Ente bittet, dass Tod sie wärmt. Es folgt der große Auftritt von Tulpe.
     

    Hier geht es nicht um Ware, sondern um das Wahre und Gute am Leben. 


    Die Innsbrucker Regisseurin Agnes Mair sorgt in Bozen für ein unaufgeregt daherkommendes Stück, das sich ziemlich leise und besinnlich und mit liebevollen Dialogen einem Entenende widmet. Gemeinsam mit dem Publikum "ergründeln" die Schauspielerinnen die Theaterbühne, tauchen in diese ein und auf der eigenen Lebensbühne wieder auf. Und dies in aller Ruhe und ohne Hektik, passend zur angeblich stillsten Zeit im Jahr. Insofern kann Ente, Tod und Tulpe auch als krasser (aber willkommener) Gegensatz zu der mittlerweile konsumüberladenen Adventszeit interpretiert werden, als geeigneter Ausgleich zum stressigen Weihnachtstreiben. Denn im Theater locken nicht nimmersatte Großmäuler und geldgierige Scharlatane zu Konsumzwang oder verkaufen irreführende Zeitungsenten – nein, hier reden Ente und Tod Klartext. Hier geht es nicht um Ware, sondern um das Wahre und Gute am Leben. 

  • Springen oder Gehen?

    Wer die fein in Szene gebrachten Dialoge in dem nicht überladenen Bühnenbild sehen möchte, muss gar nicht einmal Kind sein. Man sollte lediglich die optimistische Gewissheit und lebensfrohe Unbeschwertheit (wie sie Kindern innewohnt) mitbringen, um zu spüren, dass es sehr lustig sein kann, mit dem Tod als freundlichen Begleiter durch das Leben zu schreiten. Dies lässt gedanklich auch den ältesten Greis wie eine junge Ente in den Teich springen. Und das ist doch allemal besser, als einsam über den Jordan zu gehen.

  • (c) VBB

  • Zum Bühnenspiel gibt es auch ein dazu passendes Würfelspiel. 
    Infos und Tickets: VBB