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Foto: (c) Oswald Stimpfl
Gita | Ausflug der Woche

Sankt Jakob am Joch in Villnöß

In Villnöß buhlen viele Kirchen um den Preis als schönstes Gotteshaus. Wir haben uns einige davon genauer angesehen.

Länge: 10,5 km

Gehzeit: 3 h 20 min

Höhenmeter: 365

Anfahrt: Auf der LS 27 bis nach St. Peter in Villnöß. Parkplätze gegenüber der RaiKa. Öffis: Linienbus 330 bis St. Peter, Fahrplan unter www.suedtirolmobil.info


Da wäre das filigrane Kirchlein St Johann in Ranui mit dem schlanken Zwiebelturm in der blühenden Wiese und den Dolomiten als Kulisse - das Lieblingsmotiv der Fotografen, auch die Dorfkirche von St. Magdalena vor den Geislerspitzen im Abendlicht darf in keinem Fotokalender von Südtirol fehlen und ziert das Cover vieler Dolomiten- und Südtirol-Bildbände, St. Valentin in Pardell hat den kunstvollsten geschnitzten Flügelaltar, liegt aber versteckt am Hang oberhalb von St. Peter. Bleibt noch Sankt Jakob am Joch, dem die Krone gebührt: völlig freistehend, mitten in grünen Wiesen auf der Kuppe eines Hügels, Wälder und Wiesen weben einen grünen Saum, über dem die Dolomitenzacken kühn emporragen. Und der harmonische, helle Innenraum wird von einem herrlichen, vollständig erhaltenen gotischen Flügelaltar geschmückt.

 

Der Hügel mit der Kirche (1288 m) liegt etwas abseits vom Hauptort in der Nähe einiger Bauernhöfe. Unweit der Kirche führte ein uralter Verbindungsweg vom Gadertal über Villnöß ins Eisacktal, der Kirchenpatron St. Jakob soll als Schutzheiliger die Wanderer und Pilger begleiten. Ein Gehöft bei der Kirche trägt den Namen Gasleid, abgeleitet vom lateinischen castellum, das sich im Lauf der Zeit wandelt: Castelerium, Castlir, Casteleit, = Wallburg und weist auf sehr frühen Besiedlung hin. Die Kirche wird erst 1349 erwähnt ist aber wahrscheinlich viel älter, ihre heutige Form erhielt sie um 1500, damals wurde Villnöß eine eigene Pfarrei und von Albeins bei Brixen unabhängig. Aus dieser Zeit stammt die Innenausstattung, der Altar ist mit 1517 signiert, der Turm erhielt 1663 das Satteldach. Bei geöffneten Flügeln zeigt er die Madonna mit Kind, flankiert vom Erzengel Michael zur Rechten und dem Pilgerapostel Jakobus zur Linken, letzterer gekennzeichnet durch den Pilgerstab und Schalen der Jakobsmuschel. Auf den Flügeln ist ein ganzer Heiligenhimmel geschnitzt: Links Nikolaus, Sebastian, Anna Selbdritt und Barbara, rechts Georg, Florian, Ursula und Apollonia, alle mit ihren typischen Attributen. Der Seitenaltar ist etwas jünger, er zeigt den figurenreichen grausamen bethlehemischen Kindermord, auf der Predella ist die Flucht aus Ägypten dargestellt, ein Engel führt den Esel, Maria ist um das Wickelkind besorgt, Josef trottet hinterher, auf der Schulter trägt er einen Korb mit den wenigen Siebensachen, im Hintergrund eine ideale Landschafts- und Stadtdarstellung. Öffnungszeiten: Von Juni bis Ende Oktober, Donnerstag und Sonntag, 16.00 - 17.30 Uhr. Zu den übrigen Zeiten ist die Kirche geschlossen. Info: Villnöß Tourismus Genossenschaft, Tel.: 0472 840 180

 

Wir beginnen unseren Weg in St. Peter, gehen den Dorfplatz hinauf, beim Gasthof Kabis vorbei, in den Josefsweg, die Markierung 30 bringt uns durch Wald und wieder über Wiesen auf den Hügel mit der Jakobskirche. Hinter der Kirche gehen wir beim Oberpiskoihof auf den Steig 3/A erst durch Wald und über Lichtungen zum Kamm, der das Villnößtal vom Aferertal trennt. Wir haben hier die Höhe erreicht, neue schöne Ausblicke nach Norden und Westen tun sich auf. Wir folgen jetzt dem "Jochweg" (Nr. 30) westwärts zum Wegweiser, der uns in südlichem Bogen hinab zum einsam gelegen Moarhof bringt. Nach der verdienten Einkehr gehen wir wieder, teils auf einem Waldsteig parallel zur Asphaltstraße, zur Jakobskirche zurück. Bei der Jakobskirche halten wir uns rechts, ein Steig bringt uns zügig bergab zur Valentinskirche (Öffnungszeiten: Von Juni bis Mitte Oktober, Di und Do, 16.00 - 18.00 Uhr, wegen Besichtigungen: Villnöss Tourismus Genossenschaft, Tel.: 0472 840 180) . Dort treffen wir auf die Verbindungsstraße, die uns fast eben wieder nach St. Peter bringt.

 

Die Wiedertäufer in Villnöß

 

Ausgelöst durch die Lehren Luthers verbreitete sich in Tirol zu Beginn des 16. Jh. das Gedankengut der Wiedertäufer. Es war die radikalste Form des Protestantismus. Die Anhänger lehnten die Kindertaufe ab, da die Kinder die Glaubenswahrheiten erst nach Erlangung der Vernunft erfassen konnten, Erwachsene wurden noch einmal getauft, daher der Name "Wiedertäufer". Sie billigten auch die kirchliche Lehre und Obrigkeit nicht, kein Wunder, denn zu jener Zeit glänzte ein guter Teil des Klerus durch unchristlichen Lebenswandel und zusammen mit der weltlichen Obrigkeit durch Unterdrückung des einfachen Volkes. Ihr Anführer war unter anderen Jakob Hutter aus St. Lorenzen bei Bruneck. Die Wiedertäufer hatten viel Zulauf, besonders auch im Klausner Gebiet, wo durch den Zuzug von Knappen, die in den Bergwerken arbeiteten, die lutherische Lehre Verbreitung fand. Auch in Villnöß gab es Anhänger, die sich heimlich im Wald bei einem Felsblock trafen. Zu diesem "lutherischen Kirchl" führt von St. Magdalena ein beschilderter Wanderweg, am Felsen erinnert eine Tafel an die traurige Geschichte. Die Kirche St. Jakob am Joch war zu dieser Zeit verwaist, erst um 1603 wurde wieder ein Kurat eingesetzt. Hutter wurde 1536 gefangen genommenen und hingerichtet, in Tirol wurden 600 seiner Anhänger Opfer der Verfolgungen. Die Glaubensgenossen, die sich nach ihrem Anführer Hutterer nannten, wanderten nach Mähren, dann nach Russland und im 19. Jahrhundert n in die USA und nach Kanada aus, wo ihre Nachkommen in Gemeinschaft (Gmah) leben und immer noch einen alttirolerischen Dialekt sprechen.

 

Einkehrtipps

 

Moarhof

Modernes, schönes Haus, ruhig gelegen, die kaum befahrene Autostraße ist hier zu Ende. Terrasse, Kinderspielplatz, Wiesen und Wald ums Haus. Sehr gute Küche, von guten einheimischen Gerichten bis zu ausgefeilten Menüs, Robert Pernthaler hat Spaß am Kochen! Familie Pernthaler, St. Jakob 18/a Villnöß, Tel.: 0472 840318, www.jausenstationmoar.it. Mo Ruhetag

 

Pitzock essen & trinken

Ungewöhnlich und modern zu einem sympathischen kleinen Esslokal mit Terrasse umgebaute alte Dorfkneipe an der Talstraße bei St. Peter mit hervorragender Küche. Spezialität sind Gerichte aus Lamm- und Schafsfleisch, unter Verwendung des einheimischen Villnößer Brillenschafs. Oskar Mesner, St. Peter 106, Villnöss, Tel. 0472 840127 oder 347 191 16 04, www.pitzock.com. Ganzjährig, So Abend und Mi Ruhetag, von Ende Jänner bis Mitte Februar