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Unvergessen im Stadtarchiv

Im Stadtarchivs in Bozen wurde heute die Dokumentensammlung vorgestellt, welche Franz Thalers Nachfahren der Stadt Bozen 2016 übergeben hatten.
Franz Thaler
Foto: Foto: Salto.bz

Franz Thaler (1925-2015) zählt zu den wichtigsten Figuren der jüngeren Südtiroler Geschichte. 1944 wurde er wegen Fahnenflucht verhaftet und in das KZ Dachau und KZ Hersbruck deportiert. Nach der 1945 erfolgten Befreiung kehrte er nach Hause zurück. Bescheiden und unaufhörlich widmete er sich der Erinnerungsarbeit, sammelte und archivierte sein ganzes Leben Material zum Thema der Deportation.

Beinahe schüchtern standen heute früh die zwei Schwestern Brigitte und Leni Thaler im Eingangsfoyer des Stadtarchivs der Gemeinde Bozen. Wie ihr Vater überzeugen die beiden Töchter Thalers durch Bescheidenheit und Zurückhaltung. Das Blitzlichtgewitter und die zahlreich erschienenen Medienvertreter waren für sie eher eine Anstrengung.
„Bis zu seinem Tod waren die ganzen Unterlagen und Dokumente bei ihm zu Hause, in seiner Werkstatt“ erzählte Brigitte vor der Pressevorstellung und ihre Schwester fügte hinzu: „Es ist sicher im Sinne vom Vater, dass wir seinen Nachlass abgegeben haben.“
Nachdem Thaler bereits 2010 zum Ehrenbürger der Landeshauptstadt geworden war, hatten die Töchter entschieden, den Nachlass der Gemeinde Bozen anzubieten. Es sind seine Lebenserinnerungen, die er unermüdlich der Jugend weitergegeben hatte.

Er erhielt und beantwortete Tausende Briefe von ehemaligen Deportierten und ihren Familienangehörigen, von Verbänden und Studierenden, die ihn als großen Menschen und Mann des Friedens bewunderten. 

Nachdem die Stadträte Sandro Repetto und Luis Walcher einführende Worte sprachen, ergriff der junge Student Patrick Gamberoni das Wort. Er hatte sich seit Sommer 2017 um den Nachlass von Franz Thaler für das Stadtarchiv gekümmert: „Für mich als Student war es eine große Ehre, diesen Nachlass aufzuarbeiten und zu dokumentieren. Es war zum Teil sehr berührend, was die Menschen empfunden haben, als sie beispielsweise das Buch von Franz Thaler gelesen hatten und ihm dann in Briefen geantwortet haben.“ Neben Briefen und Büchern finden sich im Nachlass vor allem Zeitungsausschnitte und ein großes Medienarchiv. 

Patrick Gamberoni stammt aus Eppan, hat in Innsbruck seine historischen Studien begonnen und setzt sie nun in Wien fort. Im November 2017 hat der selbstbewusste Student vor Kollegen der katholischen Oberschulverbindung Laurins Tafelrunde bereits den Vortrag "Vom Gottesurteil zur Ehrensache - Gerichtskampf, Fehde und Duell in Mittelalter und Früher Neuzeit"  gehalten. Vielleicht folgt im gleichen Rahmen schon bald ein Vortrag über Franz Thaler und dessen Nachlass? 

Thalers Memoiren haben in Südtirol maßgeblich zur Auseinandersetzung mit der NS-Zeit und zur Entstehung einer kritischen Erinnerungskultur beigetragen.