Arte | Ausstellung

Frisch und unvermittelt

Die Bozner Stadtgalerie zeigt mit „PRODUCTA reaction“ eine Auswahl der Jahresproduktion der Maturandinnen des Walther von der Vogelweide Kunstgymnasiums. Jung und frech.
PRODUCTA reaction
Foto: SALTO
  • Man zitiert Zeitgeschehen aus der eigenen Jugend, Zweisamkeit, Tanz, Rausch und mehr, Selbstportraits und Skizzenhaftes. Momentaufnahme gibt es aber auch aus der Gesellschaft, vom „SAP“ Bürgermeister mit spitzen Eckzähnen und Fledermäusen im Hintergrund, bis zur Richterin mit Stoppuhr auf der 10 Sekunden ablaufen. Die jungen Künstler:innen füllen die Räumlichkeiten der Bozner Stadtgalerie aus, wenngleich es auch hier galt, vorab eine Auswahl zu treffen. Gewählt wurden viele spannende Positionen und auch ein wenig Kitsch, ganz allgemein ist mehr die Handschrift der (zahlenmäßig überlegenen) Schülerinnen zu spüren, mehr als die ihrer männlichen Klassenkameraden.

    Ohnehin ist man in der Wahl seiner Interessen und Sujets in der Generation Z ein Stück weiter, springt über den eigenen Schatten und zeichnet einen Ferrari ab. Die Betitelung als F40.jpg könnte darauf hinweisen, dass man den Bruch zu alten Gewohnheiten doch noch sucht: Das Auto als Statussymbol ist überholt und wird nur „abgezeichnet“. Ein Referenzbild lässt sich an vielen Stellen erahnen, etwa auch in Perspektiven, die klassischerweise nicht von der Malerei eingenommen werden, sondern eher von Film und Fotografie. Etwa eine Abbildung von Körpern, welche die Wasseroberfläche am Hals abschneidet. Vom Boden eines Swimmingpools aus sehen wir zwei Jungen- und zwei Mädchenkörper in der relativen Schwerelosigkeit des flüssigen Elements.

  • PRODUCTA reaction: Skizzen und Tonobjekte machen das Gros der im Untergeschoss gezeigten Werke aus, die besonders dicht an dicht gesetzt sind. Foto: SALTO
  • Den Körperstudien kommt im Allgemeinen viel Raum zu und mit sich entwickelnden Vorstellungen und Bildern von Körpern zeichnet sich auch ein Prozess ab, der eigentlich im Keller beginnt. Sehen wir im Obergeschoss mehrheitlich vollendete Werke, so hat hier auch die Skizze als Vorstufe dazu einen Platz für sich. Neben zahlreichen Skizzen finden sich dort und auf der Treppe jene Werke und Assemblagen, die nicht so ganz zu den bunten, abgeschlossenen Projekten im oberen Stock passen.

  • 10 Sekunden: Wohl prominentestes Aushängeschild der Ausstellung am Dominikaner-Platz ist ein Werk, das uns daran erinnern will, wie lange 10 Sekunden sein können. Foto: SALTO

    Auch zeigt sich, dass man sich hier - wohl wenig überraschend - eher im Lager von „Refugees Welcome“ als bei der Vermittlung von Angstbildern seinen Standpunkt ausmacht. Auf Verpackungskarton sehen wir eine Gruppe von Schwarzafrikanern anstehen, ein Zimmer weiter das Yin zum Yang zweier nackter Körper in enger Nähe. Aber auch viele Tonobjekte, von Hüten und Schuhen, über Tierschädel und sitzende Aktdarstellungen findet das Gebrannte zwischen den Wänden platz. Zu den Objekten die auch für ein Interesse am transkontinentalen Dialog sprechen, findet sich auch eine Assemblage aus Masken im Untergeschoss, bei welchen sich eine Krampusmaske unter die afrikanischen Stammesmasken nachempfundenen Objekte gesellt.

    Nicht allen wird gleich viel Raum geboten und damit auch der eine oder andere Schwerpunkt ermöglicht, indem eine Bilderreihe mit gleicher Handschrift - etwa eine umfangreichere Reihe an (Selbst-)Portraits oder Bilder zwischen Basquiat und Graffiti - zusammengestellt werden. Gerade an diesen Konzentrationspunkten merkt man besonders, dass wir hier der Kunst ganz „unvermittelt“ begegnen: Weder Wandkärtchen, noch einen Ausstellungstext stellt man den Werken zur Seite.

    Eigentlich schade, da man annehmen könnte, dass der eine oder andere Name wohl nicht zum letzten Mal in einer Südtiroler Galerie platz findet. Auch Statements seitens der Künstler:innen wären hier willkommen gewesen. Es wäre allein schon spannend in Zukunft mitzuverfolgen können, wem man schon einmal, auch bei bescheidenen Anfängen, begegnet ist. 

  • Die Ausstellung „PRODUCTA reaction“ in der Bozner Stadtgalerie kann noch bis Mittwoch 5. Juni, immer zwischen 9 und 13 Uhr, sowie von 15 bis 17 Uhr besucht werden. Am Montag bleibt die Galerie geschlossen.