Politica | Verordnung

Bozner Bettelverbot

Luigi Spagnolli verbietet Betteln auch vor Geschäften und ruft damit widersprüchliche Reaktionen hervor. In Meran erinnert Paul Rösch: "Betteln Teil unserer Geschichte."

Bereits vor einem Jahr erließ der Bozner Bürgermeister Luigi Spagnolli eine Verordnung zur “Einschränkung der Ausübung von Bettelei”. Das Dokument trägt das Datum vom 6. Juni 2014 und regelt folgende Punkte: Bettelverbot im Umkreis von fünf Meter von Bars und Gasthäusern; Bettelverbot innerhalb der Marktareale; Verbot des Bettelns mithilfe von Tieren; bei Nichteinhaltung der Verbote, eine Verwaltungsstrafe von 100 Euro.

Nun hat Spagnolli eine neue Verordnung erlassen, die das bestehende Bettelverbot ausweitet. So ist es in Bozen seit 24. Juni nun auch verboten, vor Geschäften um Geld zu bitten. Es muss ein Mindestabstand von drei Metern zum Geschäftslokal eingehalten werden. Die Strafe bei einem Verstoß gegen das Bettelverbot wurde auf 50 Euro gesenkt. Darüber hinaus appelliert Bürgermeister Spagnolli an die Stadtbevölkerung: Die Bürger sollten Bettlern, die auf offener Straße um Geld bitten, kein Geld geben. Sondern den bedürftigen Menschen über Spenden an Organisationen und Vereine helfen.

Es gibt kein Recht auf ein armutsfreies Stadtbild. (Caritas)


Gallo: “Löst das Problem nicht”, Randi: “Kampf dem organisiserten Betteln”

Einer, der lange Jahre für eine solche Organisation arbeitete, ist Luigi Gallo. Bis zu seiner Ernennung zum Stadtrat 2005 war er für die Caritas tätig. Nun kritisiert er das verschärfte Bettelverbot hart: “Ich war schon vergangenes Jahr der Meinung, dass es sich hier um total überflüssige und demagogische Maßnahmen handelt. Probleme werden dadurch nicht gelöst, sie müssen anders angegangen werden”, so Gallo in der Sonntagsausgabe des Corriere dell’Alto Adige. Darüber hinaus frage er sich, was nun geschehe: “Wird die Gemeindepolizei die gesamte Stadt überwachen, um die Bettler zu bestrafen? Ich getraue mich ganz frei heraus zu sagen, dass ich glaube, es gibt wichtigere Dinge zu tun.”

Die harte Linie seines Bürgermeisters unterstützt hingegen Mauro Randi vom PD: “Die ein, zwei Euro werden das Leben der Bettler nicht verändern. Abgesehen davon ist die Betteilei für einige zu einer richtigen Arbeit geworden. Und das ist nicht richtig. Oftmals stehen hinter dem einzelnen Bettler dann auch ganze Clans. Organisierte Gruppen, die die Menschen ausnutzen.” Daher seien hartes Vorgehen und Strafen für ihn die einzig richtige Sache.


Rösch: “Es trifft immer die Ärmsten der Armen”

Zum Thema Bettelei meldete sich am Wochenende auch Merans Bürgermeister Paul Rösch zu Wort. Anlass dazu waren die Ankündigung der Aufnahme von zwei Dutzend Flüchtlingen. Diese werden für heute Montag (und nicht wie ursprünglich vorgesehen am Sonntag) in der Passerstadt erwarte.. Auf Facebook schrieben einige Bürger an Rösch. Über die ankommenden Flüchtlinge hinaus sei man über aufdringliche und “nervende” Bettler in der Meraner Altstadt besorgt. “Man muss etwas dagegen tun”, so die Forderung. Paul Rösch zeigt in seiner Antwort Verständnis. Gleichzeitig mahnt er aber vor Schwarz-Weiß-Malerei. Und erinnert:

Betteln war immer Teil der europäischen Kulturgeschichte. Organisiert oder nicht: praktisch immer sind es die Ärmsten der Armen, die auf diese Weise versuchen sich über Wasser zu halten. Was mich allerdings persönlich auch stört: wenn ich aggressiv angegangen werden. Zum Glück kommt das aber nicht allzu häufig vor. Wenn aber doch, dann erkläre ich einfach, dass ich das nicht will.


Caritas: “Kein Recht auf ein armutsfreies Stadtbild”

Das Bozner Verwaltungsgericht kippte vor sechs Jahren ein generelles Bettelverbot. Dieses hatte der damalige Meraner Bürgermeister Günther Januth für das gesamte Gemeindegebiet erlassen. Die Verordnung widerspreche den Grundrechten und Verfassungsprinzipien, denn es unterscheide nicht zwischen normalem und aggressivem oder betrügerischem Betteln. So die Begründung des Gerichts. Die Stellungnahme, die damals von der Caritas kam, scheint an Aktualität nichts eingebüßt zu haben: “In diesem Sinne gibt es kein Recht auf ein gepflegtes und armutsfreies Stadtbild. Wirtschaftliche Interessen dürfen also nicht gegen individuelle Notlagen ausgespielt werden. Armut kann nicht dadurch verhindert werden, indem man die Augen vor ihr verschließt oder die Bettler aus dem Blickfeld und damit von einem Stadtteil in einen anderen oder in eine andere Gemeinde verdrängt.”

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gorgias Lun, 06/29/2015 - 07:43

Ich bin in Bozen von allerlei Gesindel angepöbelt worden.Von agressiven Bettlern von Schaustellern die einem MIT der Ziehharmonika belastigen während man an win Gaffe trinkn MIT der Absicht win Trinkgeld zu erpressen his zu Trickbetrüger die einem in einem Gespräch für eine gute Sache Geld abknöpfen möchten fur eine zwielichtige Sache und sofort agressiv werden wenn man weiter gehen will.

Was Spagnoli jetzt macht wird daran nichts ändern.

Lun, 06/29/2015 - 07:43 Collegamento permanente
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Martin B. Lun, 06/29/2015 - 10:08

Ich bin auch skeptisch, dass dies etwas ändern wird. Es ist aber konkret so, dass Personen in meinem Umfeld inklusive mir nicht mehr ins Zentrum gehen wollen, da die "aggresive" Belästigung wirklich fast unerträglich geworden ist. Ich gebe aus Prinzip nur mehr jenen etwas die "passiv" betteln.

Lun, 06/29/2015 - 10:08 Collegamento permanente