Aus der Quote, aus dem Sinn?
Freitag, 29. Juli, 10 Uhr: Landhaus 1, Präsentation des Lehrgangs für angehende Verwaltungsrätinnen. Dieser Termin stand für Martha Stocker heute im Kalender. Während die Landesrätin drinnen das neue Fortbildungsangebot für an einer Führungsposition interessierte Frauen vorstellte, versammelten sich draußen auf dem Silvius-Magnago-Platz eine Menschenmenge. Das, was im Pressesaal des Landhaus 1 besprochen wurde, interessierte die rund 70 Personen allerdings herzlich wenig. Sie haben ganz andere Sorgen. Die Menschen, die am Freitag Vormittag am Landhausplatz aufmarschierten, sind Asylantragsteller – jene, die nicht im nationalen Aufnahmeplan des italienischen Innenministeriums aufscheinen. Sie sind “spontan” ins Land gekommen, im Gegensatz zu den rund 900 Personen, die derzeit in ganz Südtirol untergebracht sind und über die staatliche Verteilungsquote (die Provinz Bozen nimmt 0,9 Prozent der in Italien ankommenden Asylbewerber auf) zugewiesen wurden.
Was die etwa 70 Personen am Freitag Vormittag ins Stadtzentrum getrieben hat, sind die prekären Umstände, unter denen sie zum Teil schon seit geraumer Zeit leben. Untergebracht im Ex-“Lemayr”-Gebäude in der Bozner Industriezone oder in der Nähe der “Salewa” in Bozen Süd, harren manche von ihnen bereits seit Monaten in der Landeshauptstadt aus. Sie warten auf die Bearbeitung ihrer Asylanträge, die schleppend vorangeht. In der Zwischenzeit sind sie zum Nichtstun verdammt. Arbeiten dürfen sie nicht, auch nicht unbezahlt. Auch die Unterkünfte im Süden Bozens können sie erst abends beziehen, und frühmorgens müssen sie sie wieder verlassen. Denn zwischen 7 und 20 Uhr sind die beiden Strukturen geschlossen.
Dagegen haben die etwa 70 Personen am Freitag Vormittag protestiert. Unter anderem.
“Need camp 24 hours” stand auf einigen der Schilder geschrieben, die die Asylbewerber mit auf den Landhausplatz gebracht hatten. Unterkünfte, die 24 Stunden geöffnet haben, angemessene Mahlzeiten und ein geringes Taschengeld für die Aslybewerber “fuori quota” gehören zu den Forderungen, für die sich Bozen Accoglie seit Längerem einsetzt. In Bozen Accoglie haben sich zahlreiche Freiwillige zusammen geschlossen, um den Asylantragstellern, die nicht über die staatliche Quote das Land erreicht haben, Hilfe zu bieten. Seit mehreren Monaten weist Bozen Accoglie immer wieder auf die Missstände in der Aufnahme und Betreuung dieser Menschen hin. Die politisch Verantwortlichen, das steht für Bozen Accoglie fest, sitzen genau dort, wo am Freitag Vormittag protestiert wurde: im Landhaus 1, genauer gesagt in den Büros der Landesregierung.
Große Hoffnung, dass sich alsbald etwas an der Situation der Menschen ändern wird, machte Landesrätin Martha Stocker, die schließlich vom Pressesaal auf den Platz vor dem Landhaus 1 hinaustrat um mit den Menschen zu sprechen, nicht. Dabei war im März im Rahmen eines Treffens im Regierungskommissariat vom Land zugesichert worden, die bereits angebotene Betreuung auszubauen, “insbesondere hinsichtlich der Mahlzeiten und der Aufenthaltsstunden”, stand in der Presseaussendung, die im Anschluss an die Sitzung vor vier Monaten verschickt wurde. Passiert ist offensichtlich nicht viel, wie auch der Stellungnahme von Bozen Accoglie zu entnehmen ist, die am Freitag Nachmittag auf Facebook gepostet wurde. Darin zeigt man sich mit den Protestierenden solidarisch und verspricht: “Continueremo insieme a loro ad agire affinché i dispositivi dell’accoglienza a Bolzano cessino di espandere la frontiera.”
Reaktionen ganz anderer Art kommen unter anderem von der Lega Nord. Die vier Gemeinderäte der Lega in Bozen werfen den protestierenden Asylbewerbern “arroganza” und “mancata gratitudine” vor und sprechen von “inakzeptablen Forderungen”. Verbal die Hand reicht ihnen Andreas Pöder von der Bürgerunion, der ebenfalls von “Undankbarkeit” spricht.
Es hat so den Anschein als
Es hat so den Anschein als würden die Damen und Herren von "Bolzano accoglie" die Asylbewerber aufstacheln solche Aktionen ins Leben zu rufen. Was soll das bitteschön bringen? Freunde machen sich diese Leute damit sicherlich keine, eher verschlechtert sich die sowieso schon immer geringer werdende Akzeptanz für alle Asylbewerber.
In risposta a Es hat so den Anschein als di Mensch Ärgerdi…
Das stimmt so nicht. Das sind
Das stimmt so nicht. Das sind wieder einmal subtile Unterstellungen eines Mensch ärgere dich nicht. Die Personen sind vollkommen ausgebrannt. Sie befinden sich in einem bürokratischen Limbus. Ihre Integrationszeit verstreicht, während sie keine Integrationsmaßnahmen geniessen. Und das nur aufgrund eines zynischen Kräftemessens zwischen Land und Regierungskommissariat. Da Südtirol dem nationalen Asyl-System (Sprar) und dessen Regeln nicht beigetreten ist, greift auch nicht die Umverteilung über die Quote der Zugewiesenen. Aber Frau Stocker interessiert es anscheinend wenig, wenn dieser soziale Sprengstoff in Bozen rumhängt.
In risposta a Das stimmt so nicht. Das sind di Maximilian Ben…
Soll das bedeuten, dass
Soll das bedeuten, dass Südtirol, weil es den national System nicht beigetreten ist, jeden aufnehmen soll der die salurner Klause überquert? Land und Gemeinden bemühen sich schon wo sie können Platz für Asylbewerber zu finden. Wenn man dann für einige nicht mehr als ein Dach über den Kopf und warme Mahlzeiten anbieten kann, muss das eben akzeptiert werden. Solche Demos sind auf jeden Fall höchst gradig kontraproduktiv. Aber vielleicht muss auch bei uns erst ein Hofer die Wahlen gewinnen bis das verstanden wird, dann wird es aber zu spät sein.
Wenn "Südtirol nicht Italien"
Wenn "Südtirol nicht Italien" ist und sich Mitteleuropa zugehörig fühlt, sollte es selbstverständlich sein in der konkreten Flüchtlingsarbeit Standards zu leben, wie sie nördlich des Brenners gelten. Am Papier (Landessozialplan S. 179f) existieren sie unbeachtet.