Politica | Corona-Maßnahmen

“Greifen stärker ein als der Staat”

Wegen steigender Corona-Zahlen müssen ab 31. Oktober diverse Betriebe schließen. Die Ausgangssperre wird auf 22 Uhr vorverlegt. Für fünf Gemeinden gelten Sondermaßnahmen.
Arno Kompatscher
Foto: LPA/Fabio Brucculeri

Ein Virus schert sich wenig um die Ansagen der Politik. Es wird keinen zweiten Lockdown gebenes darf ihn nicht gebenwir müssen alles tun, um ihn zu verhindern. So hieß es in den vergangenen Wochen immer wieder, während die Corona-Fallzahlen weiter stiegen. Auch in Südtirol.

298 Neuinfektionen wurden in den vergangenen 24 Stunden festgestellt – damit ist die Zahl der Personen, die aktuell Corona-positiv sind, auf über 4.000 gestiegen. 7.313 Personen sind in Quarantäne, 15 Covid-19-Patienten auf den Intensiv- und 60 in den Normalstationen der Krankenhäuser. Auch die Zahl der mit Covid-19 Verstorbenen ist diese Woche auf über 300 gestiegen und liegt derzeit bei 306.

Und jetzt? Jetzt greift auch die Politik erneut ein, “stärker als es der Staat getan hat”, sagt Landeshauptmann Arno Kompatscher, während die Regierung eine Anfechtung der Südtiroler Dringlichkeitsverordnung von vergangenem Sonntag prüft. Darin sind teilweise lockerere Regelungen als die im Dekret des Ministerpräsidenten enthalten. Doch die werden bald hinfällig.

 

Sperren und Verbote ab 31. Oktober

 

Ab Samstag, 31. Oktober, gelten südtirolweit schärfere Regeln. In fünf Gemeinden gibt es außerdem Sondermaßnahmen, wie sie bis Samstag noch in Sexten und Welsberg-Taisten gelten. Dort hat sich die Situation beruhigt, doch indes haben sich in Leifers, Sarntal, Mals, Freienfeld und Ratschings neue Infektionsherde gebildet. “Wir haben leider eine sehr schlechte Entwicklung – auch in der Prognose. Wir müssen eingreifen und wir müssen es jetzt tun, um eine Überlastung des Gesundheitsbetriebs zu vermeiden”, so Kompatscher.

Worauf sich die Landesregierung bei einer Sondersitzung am Donnerstag Vormittag verständigt hat:

  • Bars, Eisdielen und Konditoreien müssen komplett schließen
  • Restaurants und Geschäfte müssen um 18 Uhr schließen, mit Ausnahme des Lebensmittelhandels und der Apotheken
  • öffentlichen Veranstaltungen sind verboten
  • Chöre und Musikkapellen müssen ihre Aktivitäten aussetzen
  • die Ausgangssperre wird von 22 Uhr bis 5 Uhr ausgeweitet
  • private Feste und Feiern dürfen nicht mehr stattfinden
  • nur mehr Individualsport im Freien bzw. zu Hause ist erlaubt, Kontaktsport und Gruppentraining jeglicher Art hingegen untersagt


Die Maßnahmen werden bis 24. November 2020 gelten. Man habe sich dabei, so der Landeshauptmann, an Deutschland orientiert, wo Bundeskanzlerin Angela Merkel in Absprache mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch einen Lockdown “light” über die gesamte Bundesrepublik verhängt hat.

Aufrecht bleiben hingegen die Kinderbetreuungsdienste, der Kindergarten sowie die Schule. An den Oberschulen wird zumindest bis Ende November weiterhin die Vorgabe von 50 Prozent Fernunterricht gelten. Für den Präsenzunterricht in der Oberschule wird zusätzlich eine absolute Maskenpflicht erlassen. Die genauen Inhalte der neuen Verordnungen sowie weitere Details werden am Freitag (30. Oktober) Vormittag vorgestellt.

“Die Geschwindigkeit und Heftigkeit der zweiten Welle ist in ganz Europa stärker eingetreten als erwartet, deshalb müssen wir jetzt auch stärker nachbessern”, bittet Kompatscher schon heute um Verständnis. Und was sagt er heute zu einem möglichen zweiten Lockdown? “Ich kann gar nichts ausschließen, denn die Politik fährt weltweit auf Sicht. Es ist abhängig von den Zahlen – und die sind wiederum abhängig vom verantwortungsbewussten Verhalten der Bevölkerung.”