Ambiente | Mobilität

Die Abkehr von den „rollenden“ Heizungen

Der Umstieg von der fossilen Brennstofftechnologie ist in vollem Gange. Laut Harald Reiterer werden in wenigen Jahren E-Autos gleich viel kosten wie Verbrenner.
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Foto: Salto.bz
Vor Kurzem fand ein Projekt, mit welchem der flächendeckende Ausbau des Schnelllade-Netzes in Südtirol vorangetrieben werden sollte, seinen Abschluss. Umgesetzt wurde es vom Bereich Green Mobility in der STA unter der Leitung von Harald Reiterer und in Zusammenarbeit mit dem Ressort Mobilität in der Landesregierung, der Alperia-Tochter Neogy, dem ARO Konsortium sowie der Herstellerfirma Alpitronic. Im Gespräch mit Salto.bz erklärt Harald Reiterer das Ziel dieses Projekts und gewährt uns einen Blick in die Zukunft.
 
Salto.bz: Den Südtiroler E-Auto-Besitzern stehen nun 33 öffentliche Schnellladesäulen zur Verfügung. Ein wichtiges Projekt – dem noch weitere folgen werden?
 
Harald Reiterer: Bereits zuvor hat STA ein Projekt betreut, das die Installation von Ladestationen vorsah. Nachdem nicht nur die STA auf diesem Feld tätig ist, sondern auch die Betreiber der Ladestationen selbst, wird sich zeigen, wie es nun weitergeht. Meiner Meinung nach kann es nur bis zu einem bestimmten Punkt Aufgabe der öffentlichen Hand sein, die Ladestationen zur Verfügung zu stellen. Es ist jedoch wichtig, den Ausbau anzuschieben. Die Initialzündung ging sozusagen von der STA aus, anschließend muss der weitere Ausbau jedoch dem Markt überlassen werden.
 
 
 
Landesrat Daniel Alfreider hat bei der Pressekonferenz erklärt, dass noch offen ist, welche Technologie sich in der Mobilität durchsetzen wird – Wasserstoff- oder E-Antrieb. Lässt sich zumindest ein Trend erkennen?
 
Im Pkw-Verkehr lässt sich ein klarer Trend Richtung batterieelektrischer Mobilität erkennen. Bei großen und schweren Fahrzeugen spielt Wasserstoff eine zunehmend größere Rolle. Einige Ideen gehen dahin, Wasserstoff eines Tages auch im Schiffs- und Flugverkehr einzusetzen – und natürlich auch in jenen Industrie-Bereichen, wo sehr viel Strom verbraucht wird. Sobald wir genügend Strom aus erneuerbaren Energiequellen produzieren, benötigen wir zudem eine Zwischenspeicher-Lösung, für welche Wasserstoff gut geeignet ist.
 
2020 wurden in Südtirol 1900 E-Fahrzeuge zugelassen, 2021 waren es bereits über 2.500 Elektroautos. Welchen Anteil machen die E-Autos inzwischen aus?
 
Der Anteil von Elektro-Fahrzeugen macht bei den Gesamtzulassungen in Südtirol zwei Prozent aus. Das Bild wird allerdings verfälscht, weil in Südtirol relativ viele Verleihfirmen ihre Anmeldungen aus steuerlichen Gründen vornehmen.
 
Die Wagen dieser Verleifirmen werden größtenteils mit Diesel oder Benzin betrieben?
 
Zum Teil, aber auch elektrisch, wobei die Quote bei den E-Fahrzeugen relativ gering ist. Aus diesem Grund liegt der Anteil der Zulassungen bei den E-Autos offiziell nur bei zwei Prozent. Zählt man die Verleihfirmen jedoch von der Gesamtsumme ab und rechnet nur die Südtiroler Unternehmen und Privathaushalte, dann erreichen wir eine Quote von zwölf Prozent.
 
Für Pendler, die jeden Tag viele Kilometer fahren müssen, zahlt sich die Anschaffung eines E-Autos am meisten aus.
 
In der Vergangenheit wurde darüber diskutiert, inwieweit es sinnvoll ist, sich ein E-Auto anzuschaffen, vor allem im Stadt-Land-Vergleich. Als Gegenargument wurde unter anderem genannt, dass für einen effizienten Betrieb die Außentemperatur eine Rolle spielt.
 
Die Temperatur spielt tatsächlich eine Rolle, und zwar sinkt bei sehr niedrigen Temperaturen im Winter die Reichweite eines E-Autos. Grundsätzlich zahlt sich bei einem Elektro-Fahrzeug das Überlandfahren und das Fahren außerhalb der Städte am meisten aus. Die Vorstellung, dass E-Autos nur für die Städte geeignet sind, rührt noch daher, dass bis vor einiger Zeit die Reichweiten noch verhältnismäßig gering waren. Dieses Problem ist inzwischen gelöst, die Batterien werden zunehmend effizienter und garantieren immer größere Reichweiten. In normalen Zeiten, wo der Strom im Vergleich zu Benzin und Diesel wesentlich günstiger ist, spart man mit jedem Kilometer bares Geld. Sowohl aus finanzieller Sicht, als auch aus Gründen des Umweltschutzes – schließlich spart man bei langen Strecken viel mehr CO2 ein als bei kurzen Stadtfahrten – ist der Umstieg auf ein E-Auto sinnvoll. Für Pendler, die jeden Tag viele Kilometer fahren müssen, zahlt sich die Anschaffung eines E-Autos am meisten aus.
 
 
 
Apropos auszahlen – bei den derzeitigen Strompreisen, fürchten Sie einen Rückgang bei den Zulassungen oder sehen wir nur ein vorübergehendes Tief?
 
Ich gehe davon aus, dass der derzeit hohe Strompreis Auswirkungen auf die Zulassungszahlen von Elektro-Autos hat. Während vor einiger Zeit die Kosten pro kWh noch bei 20 bis 25 Cent lagen, ändert sich die Situation nun fast täglich und wir sind nun bei 70 und 80 Cent. Das Fahren ist somit teurer geworden. Für denjenigen, der eine Photovoltaik-Anlage besitzt, sind die Strompreise unerheblich und für ihn wäre ein Elektro-Auto auch in dieser Phase bestens geeignet. Für die anderen bleibt zu hoffen bzw. ich gehe davon aus, dass die Strompreise wieder sinken – auf diesem hohen Stand werden sie nicht bleiben können. Dann wird es natürlich wieder wesentlich interessanter für alle, sich ein Elektro-Auto anzuschaffen.
 
Für denjenigen, der eine Photovoltaik-Anlage besitzt, sind die Strompreise unerheblich.
 
Zudem bietet es noch weitere Kostenvorteile wie die vergleichsweise günstige Wartung, weil weniger Verschleißteile als in einem Verbrennungsmotor verbaut werden. Man denke hier nur an die Bremsscheiben. Dadurch, dass ein E-Auto Energie beim Bremsvorgang rückgewinnt, werden die Bremsscheiben kaum beansprucht. Weiters ist man fünf Jahre von den Steuern befreit, und nach dieser Frist wird nur ein Viertel des herkömmlichen Steuersatzes fällig. Auch die Versicherungskosten sind bei einem E-Auto viel niedriger. Abgesehen von den finanziellen Vorteilen spielt natürlich auch der Fahrkomfort eine maßgebliche Rolle. Wer einmal ein Elektro-Auto hat, wird nie wieder mit einem Verbrenner fahren.
 
Bleibt nur noch die Frage der Anschaffungskosten, die auch für den Normalbürger erschwinglich sein sollten.
 
Das stimmt, und sowohl der Staat als auch das Land versuchen, den hohen Anschaffungspreis mit Förderungen abzufedern. Grundsätzlich wird sich die Situation allerdings erst ändern, wenn es einen guten Gebrauchtwagenmarkt gibt. Momentan sind ja kaum Elektro-Autos aus zweiter Hand erhältlich und wenn, dann handelt es sich um ältere Modelle mit einer kurzen Reichweite. Diese Entwicklung dauert eben und die Preise von den Neuwagen werden sich laufend an die Verbrenner anpassen, das heißt, dass die E-Autos allein aufgrund der hohen Herstellungszahl tendenziell günstiger werden.
 
Grundsätzlich wird sich die Situation allerdings erst ändern, wenn es einen guten Gebrauchtwagenmarkt gibt.
 
Die Prognosen besagen, dass Mitte dieses Jahrzehnts ungefähr das gleiche Kostenniveau erreicht wird. Ich gehe davon aus, dass wir in vier bis fünf Jahren soweit sind. Dann, wenn der Anschaffungspreis zwischen Verbrenner und E-Auto gleich hoch ist, gibt es wirklich keinen Grund mehr, noch einen Verbrenner zu kaufen – auch aus Gründen des Umweltschutzes. Ein E-Antrieb ist nämlich effizienter und verbraucht in Summe viel weniger Energie als ein Verbrennungsmotor, bei welchem die meiste Energie in Form von Wärme verloren geht. Im Grunde genommen handelt es sich bei Verbrennugsfahrzeugen um rollende Heizungen, wo drei Viertel der Energie ungenutzt verloren geht. Außerdem ist ein E-Auto sehr leise.
 
… was nicht unbedingt ein Vorteil ist, wenn es von Fußgängern oder Radfahrern nicht wahrgenommen wird.
 
Wir werden uns wohl daran gewöhnen müssen, dass die Städte zukünftig sehr leise werden.
 

 

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Gianguido Piani Sab, 10/29/2022 - 10:27

Einige Fragen an Herrn Harald Reiterer. Ausgehend von Prognosen ueber elektrische Mobilitaet in 5, 10, 15 usw. Jahren, welche ist die zusaetzliche Gesamtleistung fuer die Einspeisung saemtlicher neuer Ladesaeule in der Provinz? In MW Anschlussleistung und GWh jaehrlichen Gesamtverbrauchs. Wie wird diese neue Leistung bereitgestellt? Gasimporte aus Russland wurden gekappt, Importe aus anderen Laendern sind horrend teuer, in Suedtirol ist Windkraft kaum eine Option und die Sonne scheint bekanntlich im Winterhalbjahr wenig. Auch der Ausbau von Wasserkraft hat seine Grenzen erreicht und bald haben wir ein Problem selbst mit dem Zugang zum Wasser.
Bei einer Strecke wie zB Kaltern-Bozen und beim selben Passagieraufkommen ist es energietechnisch effizienter eine gewisse Anzahl E-Autos oder eine Bahn elektrisch zu versorgen? Alperia und STA kennen alle notwendigen Zahlen, die Rechnungen koennen sehr schnell gemacht werden. Sollten sich E-Autos effizienter als eine Bahn herausstellen, waere dies ein sehr starkes Argument zu ihrem Gunsten.

Sab, 10/29/2022 - 10:27 Collegamento permanente
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Stefan S Dom, 10/30/2022 - 08:23

"Außerdem ist ein E-Auto sehr leise.
… was nicht unbedingt ein Vorteil ist, wenn es von Fußgängern oder Radfahrern nicht wahrgenommen wird."
Ist bereits Cafe von gestern, seit mitte 2021 ist es bei Neufahrzeuge Pflicht einen Soundgenerator bis 20 km/h einzubauen. Ab 20 km/h sind die Roll- und Windgeräusche bereits lauter als der Verbrennermotor.
Des weiteren stimmt die Gleichung Photovoltaik = günstiger nicht weil dies ganz stark vom Nutzungsverhalten abhängt. Ohne entsprechende Speicherkapazitäten und Batteriemanagment welche weitere Kosten verursachen ist die effiziente Nutzung der eigenen Photovoltaikanlage nicht möglich.
Und das Strom in absehbarer Zeit wieder billiger wird sehe ich derzeit nicht insbesondere bei gleichzeitigen Rückgang des fossilen Brennstoffverbrauchs wird der Druck auf dem Strompreis bleiben und eher noch höher werden.

Dom, 10/30/2022 - 08:23 Collegamento permanente
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Salto User
Günther Alois … Dom, 10/30/2022 - 08:46

Mit dem Mehrpreis von bis zu 9000 Euro eines Mittelklasse Stromers im Vergleich zum herkömmlichen Benziner,oder Diesel temp6 fahren wirjetzt schon mit einem kw Preis von 65 75 cent mit einem Stromer gleichauf .NULL ERSPARNIS!

Dom, 10/30/2022 - 08:46 Collegamento permanente