"Mit der Zeit werde ich ihm verzeihen"
Zwei Wochen ist es her, dass das Anti-Doping-Gericht des italienischen Olympia-Komitees CONI Carolina Kostner wegen ihres Verhaltens im Fall Schwazer zu einer 16-monatigen Sperre verurteilte. In der Italia 1-Sendung Le Iene erzählte die Eiskunstläuferin erstmals ausführlich ihre Version der Geschichte. Im Gegensatz zu ihrer ersten Reaktion nach dem Urteil räumte Kostner in dem Interview offen ein, gelogen zu haben.
„Alex und ich waren bei mir zu Hause, als es an der Tür läutete. Alex sagte: Wenn es die Anti-Doping-Kontrolle sind, sag’ ihnen, dass ich nicht hier bin. Denn ich habe angegeben, dass ich in Ratschings bin, die sollen mich dort suchen. Also habe ich die Tür aufgemacht, und der Person davor gesagt, dass Alex nicht hier, sondern in Ratschings ist.... Ja, ich habe gelogen, doch ich hatte auch nur wenige Sekunden, um zu überlegen. Und ich habe als seine Freundin reagiert.“
Auch im Le Iene-Interview versichert Carolina Kostner, dass sie jedoch keine Ahnung davon hatte, dass Schwazer sich dopte. Umso größer sei der Schock gewesen, als er ihr rund eine Woche nach der Kontrolle vom positiven Testergebnis berichtete.
„Wir waren bei mir zu Hause, und als ich verstanden habe, dass der Test positiv ist, habe ich ohne ein Wort das Haus verlassen. Ich bin im Dorf herumgeirrt, ohne genau zu wissen, wohin ich ging und wie lange ich weg war. Ich habe einfach nicht begriffen, was passiert. Und dann bekam ich plötzlich Angst, dass Alex nicht mehr da sein würde und mir keine Erklärungen geben könnte, und bin schnell zurück nach Haue gerannt. Doch er hat mir nur bestätigt: Ich habe EPO genommen, es war in deinem Kühlschrank. Es war ein Fehler, ich werde alles gestehen.“
Sechs Jahre lang waren die beiden Athleten ein Paar, bevor sie Alex Schwazers Dopingmissbrauch nicht sofort, aber langsam auseinandergetrieben hätte. Kostner betont heute noch, dass es eine Liebe auf den ersten Blick war. In vielen Momenten ihrer Geschichte hatte sie ernsthaft daran geglaubt, den Mann ihres Lebens gefunden zu haben, eines Tages Kinder mit ihm zu haben. Auch deshalb habe sie sich keinen Augenblick Fragen gestellt, als Schwazer eine Schachtel in ihren Kühlschrank gestellt habe, angeblich Vitamine.
„Ich habe einen Fehler gemacht, das habe ich auch von Beginn an nie abgestritten. Doch er war der Mensch, den ich liebte, und wenn morgen alles noch einmal genauso passieren würde, würde ich, denke ich, genauso handeln.“
Richtig emotional wird Carolina Kostner allerdings, als ihr im Interview die Frage gestellt wird, ob sie sich vom CONI mehr Respekt erhofft hätte. Eine Zeit lang ringt sie um eine Antwort, bevor sie erklärt: „In bestimmten Sinn fühle ich mich nicht mit dem Respekt behandelt, den ich zu verdienen glaube.“ Dass sich CONI-Präsident Giovanni Malagò nach dem Urteil nie bei ihr gemeldet habe, kann die Sportlerin aber nachvollziehen. „Ich verstehe, dass ein Präsident in solchen Fällen Neutralität beweisen muss.“ Wie neutral sie sich dagegen verhalten hätte, wenn sie von Schwazers Doping gewusst hätte, kann sie auch heute noch nicht eindeutig beantworten. Hättest du ihn angezeigt, fragt sie der Interviewer. Kostners Antwort?
"Das ist eine schwierige Frage. Es würde ganz von den Umständen abhängen. Doch mit dem Wissen, was nun alles passiert ist, würde ich mir wünschen, all meinen Mut aufzubringen, um es zu machen. Doch so etwas ist nicht so einfach, wie es scheint.“
Sie selbst hat Schritt für Schritt gelernt, mit Niederlagen umzugehen, sagt die pausierende Eiskunstläuferin. „Und das ist eine extrem wichtige Sache für Athleten“. Was hätte sie Schwazer geben müssen, was sie verabsäumt hat, wird Kostner gefragt. „Ihm zu verstehen geben, wie stolz er auf sich sein kann, bei Wettkämpfen sauber zu bleiben“, sagt sie. Hat sie dem Geher verziehen? „Im Moment, nach einer Strafe von einem Jahr und vier Monaten, fällt es mir schwer“, antwortet Carolina Kostner. „Aber mit der Zeit werde ich ihm verzeihen, da bin ich sicher.“