Contes Krieg gegen Grillo
Es ist eine sommerliche Tragikomödie, die eher an Strandklatsch erinnert als an politische Realität. Die Kulisse ist bekannt: je näher Ferragosto rückt, desto dünner wird die Besetzung der Reihen in den ehrwürdigen Palazzi Madama und Montecitorio. Da werden die Versuche intensiviert, in die Schlagzeilen zu kommen.
Der jüngste Eklat, dem die Medien breiten Raum widmen, mutet durchaus surreal an, aber veranlasste Regierungschef Mario Draghi sogar dazu, den NATO-Gipfel in Madrid vorzeitig zu verlassen. Der brisante Grund: Draghi soll den M5S-Gründer Beppe Grillo ersucht haben, Conte als Minister zu ersetzen. Ein klassischer Sturm im Wasserglas. Der Regierungschef dementierte prompt. Das reichte offenbar nicht. Am Abend ersuchte Draghi den Staatspräsidenten um ein Gespräch, das Mattarella umgehend gewährte. Anschliessend versicherte der Regierungschef: "Non governo senza il M5S." Italiens Medien gehen am Freitag mit den fast täglichen Drohgebärden der Fünf Sterne hart ins Gericht. La Stampa: "E' difficile non mettere in relazione il nervosismo di Conte ai disatrosi risultati delle ultime elezioni comunali".
Die sommerliche Tragikomödie demonstriert einmal mehr, auf welch tiefes Niveau das Parteientheater gesunken ist. Die jüngste Episode offenbart vor allem eines: den tiefen Fall des ehemaligen Premiers Giuseppe Conte zum politischen Kleinkrämer und Querulanten. Der Regierungschef habe sich in unzulässiger Weise in die internen Angelegenheiten der Fünf-Sterne-Bewegung eingemischt, klagt Conte. Grillo wiederum äussert den Verdacht, das absurde Gerücht sei aus den Reihen der Bewegung gestreut worden - "per deleggittimarmi agli occhi della base." Die Tageszeitung La Stampa wirft einen Blick hinter die Kulissen: "Conte, a differenza dell´ala più radicale dei suoi parlamentari, non ha intenzione di aprire una crisi. Ma ha bisogno di visibilità e di poter dire che ha convinto o costretto Draghi ad accontentarlo". Hinter Contes bizarrem Theater steht auch die Absicht, aus zwei für ihn wesentlichen Fragen politisches Kleingeld zu schlagen: seinem massiven Widerstand gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und seinem Willen, den Bau des von Bürgermeister Gualtieri gewünschten Müllverbrennungsanlage in Rom zu verhindern. Und hier treffen sich die polemischen Geister: Grillo hatte schon vor Jahrzehnten einen regelrechten Krieg gegen eine geplante Verbrennungsanlage in Rom geführt. Die setzt Conte nun konsequent fort. Das sinnvolle Ergebnis: die Wildschweinrudel der Haupstadt ergötzen sich an den überbordenden Containern und die von der monnezza geplagte Hauptstadt kutschiert den städtischen Müll mit Sonderzügen ins nahe Amsterdam. Finanziell und ökologisch eine optimale Lösung. Zumindest aus der Sicht des M5S.
Am heutigen Freitag treffen sich Draghi und Conte zu einer Aussprache und einem Versuch, den Konflikt zu bereinigen.