Società | Aus dem Blog von Silvia Rier

Darf er das?

Kürzlich zirkulierte auf facebook eines dieser griffigen Bildchen, „Mem(e)“ im Netzjargon, und das ging so: „Mio figlio lo mando in una scuola privata, almeno lì non ci sono extracomunitari“. “Io invece, in una scuola pubblica, almeno lì non c’è il tuo”. Über diesen beiden Sätzen hat sich ein interessantes Diskussiönchen entwickelt, einig war man sich indes darin, dass Diskriminierung schlecht ist, dass aber Diskriminierung von gänzlich Unschuldigen = Kindern: Gar nicht geht.
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Dasselbe fb-Diskussiönchen kam dann recht schnell auf unser Schulsystem zu sprechen und darauf, dass es immer noch die Zöglinge der sog. höheren Klassen vom Start weg und für’s Leben privilegiert, worüber sich auch sogleich die mächtige Frage erhob, ob sich das vielleicht ändern sollte, und falls ja, wie. Was wiederum mir ein Experiment in Erinnerung rief, von dem ich hier gelesen hatte, und zwar so:

 Die Lage war aussichtslos. Die neunte Klasse der Johannes-Schule in Malmö bestand aus einer Ansammlung von Verlierern: Lauter Bildungsversager und Schulschwänzer hockten da in einer der schlechtesten Schulen Schwedens gemeinsam im Klassenraum. Dann kamen acht der besten Lehrer des Landes und mit ihnen das Fernsehen. Vor laufender Kamera sollten die neuen Lehrer, deren Schüler über Jahre überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt hatten, diesem Häufchen Bildungselend das Denken und Arbeiten beibringen. Binnen sechs Monaten sollten sie zu einer der besten Abschlussklassen Schwedens werden. Das Experiment war aufsehenerregend – und gelang. Die Schüler wurden richtig gut. Ausgerechnet in Mathe schafften sie es bis an die Landessspitze. Der Mathe-Lehrer ist seither ein Star. Und ganz Schweden diskutierte.

Soweit also die Vorgeschichte, zu der sich jüngst die „Elefantenrunde“ bei Daum im Stadtcafé gesellte. Mit an jenem Tische saßen, neben den Spitzenexponenten der wichtig(er)en Südtiroler Parteien, Arno Kompatscher und Pius Leitner. Gegen Ende der Veranstaltung kam die Rede, wie auch nicht, auf die „Ausländer“, und Pius Leitner stellte Arno Kompatscher eine Frage, die mir damals den Atem stocken ließ und das noch heute tut: Er fragte - im Brustton der Überzeugung und wie einer, der einen Trumpf aus dem Ärmel zieht -, Pius Leitner also fragte Arno Kompatscher: „Angenommen, in der Gemeinde Völs gibt es zwei erste Klassen Volksschule. In einer ersten Klasse sind vier Ausländerkinder, in der anderen keine. In welche Klasse schicken Sie Ihr Kind?“ (ab Minute 31:49 im Video).

Unerhört, diese Frage? Nein, nicht wirklich, scheinbar. Denn tatsächlich und wahrhaftig darf in unserem Lande ein erwachsener Mensch, sogar ein Spitzenexponent der zweitmächtigsten Partei des Landes, eine solche Frage stellen, öffentlich und in bester Gesellschaft… und wird dafür mitnichten des Raumes, nicht einmal in seine Schranken verwiesen, nicht von Arno Kompatscher (der gibt scheinbar nicht gerne starke Antworten, aber vielleicht wird’s ja noch, wenn er erst einmal sicher drin steht, in seinen neuen Schuhen), nicht von Daum (der sonst ja recht gern recht spitz ist), aber auch von den übrigen Anwesenden am Tisch empörte sich: KeineR. Und so werden wohl auch weiterhin und auch in Südtirol die Wehrlosen und Schwachen für das Versagen der Mächtigen und Starken ihren Kopf hinhalten müssen. Und dabei wäre Schweden doch gar nicht wirklich weit weg.