Economia | Raiffeisen
Reggelberger Widerstand
Foto: Raiffeisenverband Südtirol
Morgen Abend soll die Entscheidung formalisiert werden. Auf einer außerordentlichen Vollversammlung der Raiffeisenkasse Deutschnofen-Aldein wird am Mittwoch ein Schritt beschlossen werden, dessen Folgen weit über den Reggelberg hinausgehen.
Es ist ein Paukenschlag, der ein prachtvolles Gebäude, das in jahrelanger Arbeit von den mächtigen Planern im Südtiroler Raiffeisenkosmos errichtet wurde, kurz vor der Firstfeier zum Einsturz bringen könnte. Besonders schmerzlich dabei: Die geschäftstüchtigen Baumeister rund um die Raiffeisen-Landesbank haben die schönsten Büros und lukrativen Sessel im neuen Haus bereits vergeben.
Am 3. Oktober hat der Verwaltungsrat der Raika Deutschnofen-Aldein einstimmig beschlossen, gegen die staatliche Reform der Genossenschaftsbanken vor Gericht zu ziehen. Die Südtiroler Bank wird eine Klage beim Verwaltungsgericht Latium, sowie ein Klage beim Südtiroler Landesgericht einreichen.
Verlangt wird dabei nicht nur eine einstweilige Verfügung zur Aussetzung der Reform, sondern auch eine Anrufung des Verfassungsgerichtes. Man geht davon aus, dass die vom Staat vorgeschriebene Reform verfassungswidrig sei. Als Anwalt vertritt die kleine Südtiroler Bank in diesem Verfahren kein Geringerer als der Mailänder Verfassungsrechtler Valerio Onida, ehemaliger Verfassungsrichter und Präsident des italienischen Verfassungsgerichts.
Vor allem aber ist dieser Schritt genau das was man bei der Landesbank und auch im Südtiroler Raiffeisenverband unbedingt vermeiden wollte. Die Klage ist auch ein Affront gegen jene Seilschaft um Landesbank-Präsident Michael Grüner, die alles tut um die staatliche Reform so schnell wie möglich umzusetzen.
Ungeliebte Reform
Nach EU-Vorgabe hat Italien ein Gesetz verabschiedet, das vorschreibt, dass sich die Genossenschaftsbanken zu Bankengruppen mit einem sogenannten „capogruppo“ zusammenschließen. Lange versuchte man politisch in Rom eine Ausnahmebestimmung für Südtirol auszuhandeln, bevor klar wurde, dass es diese Ausnahme nicht geben wird.
Deshalb hat man in Südtirol - unter der Federführung von Michael Grüner - ein Modell entworfen. Die Raiffeisen Landesbank soll dabei dieser „capogruppo“ sein. Man hat das Statut ausgearbeitet und sich das Ganze von der Banca d´Italia absegnen lassen.
Das neue Modell verdreifacht aber die Macht der Landesbank. Die einzelnen Raikas sind nur mehr bessere RLB-Filialen, während die Landesbank in Zukunft alles bestimmen und kontrollieren wird. Selbst der mächtige Raiffeisenverband wäre nur mehr eine Hilfsorganisation.
Nachdem die neue Regierung eine Art Moratorium ausgerufen hat, schöpften auch die Südtiroler Raikas Hoffnung, dass man die Reform zurücknehmen werde. Doch die Landesbank forcierte weiterhin die Reform. In den vergangenen Wochen mussten südtirolweit die Raiffeisenkassen in ihrem Vollversammlungen das neue Gruppen-Statut übernehmen. „Wir mussten unseren Mitglieder etwas verkaufen, von dem wir selbst absolut nicht überzeugt sind“, sagt der Obmann einer Raiffeisenkasse offen zu salto.bz. Weil es klare gesetzliche Termine gibt und ansonsten die Kassen ihre Bankenlizenz verlieren können, sah man aber keinen Ausweg.
Ambiger Verband
Auch der Raiffeisenverband fährt in der Geschichte einen Zick-Zack-Kurs. Während man hintern herum gegen die Reform und die Deklassierung des Verbandes zur Hilfsorganisation der Landesbank agiert, steht man offiziell geschlossen hinter der Reform.
Wie weit man dabei geht, zeigte sich auf einer Aussprache vor wenigen Wochen. Verbandsdirektor Paul Gasser erklärte dabei unverblümt, dass man auf die „deutschsprachige Presse eingewirkt habe, die Diskussion um die Reform möglichst klein zu halten“. Der Raiffeisenverband vergibt jährlich Millionen an Werbemitteln an die Medien und hat damit ein Druckmittel in der Hand, das anscheinend zieht.
Wie weit man dabei geht, zeigte sich auf einer Aussprache vor wenigen Wochen. Verbandsdirektor Paul Gasser erklärte dabei unverblümt, dass man auf die „deutschsprachige Presse eingewirkt habe, die Diskussion um die Reform möglichst klein zu halten“. Der Raiffeisenverband vergibt jährlich Millionen an Werbemitteln an die Medien und hat damit ein Druckmittel in der Hand, das anscheinend zieht.
Wie sich das auswirkt, zeigt sich auch jetzt bei diesem überraschenden Schritt der Raiffeisenkasse Deutschnofen-Aldein. In den Medien tritt bisher ausschließlich der Obmann des Raiffeisenverbandes Herbert von Leon zu dieser Frage auf.
Niemand kam bisher anscheinend auf die Idee bei den Klägern direkt nachzufragen. Dann kommt eine Personalie heraus, die das Bild vom Reggelberger David etwas anders ausschauen lässt.
Der Rechtsexperte
Der Obmann der Raiffeisenkasse Deutschnofen-Aldein heißt Alois Zelger. Zelger ist auch der Kopf der jetzt eingereichten Klage. Vor allem aber ist er ein absoluter Experte auf diesem Gebiet.
Alois Zelger war von 1974 bis 2010 Leiter der Rechtsabteilung des Raiffeisenverbandes. Seit 2010 in Pension gehört er immer noch mehreren Verbandsgremien als Berater und Verwaltungsrat an. Der geradlinige und unbequeme Jurist gilt weit über den Raiffeisensektor hinaus als Fachmann für Genossenschaftsbanken.
„Die Raika Deutschnofen ist 126 Jahre alt, wir haben den ersten Weltkrieg, den Faschismus, den Nationalsozialismus und den zweiten Weltkrieg überlebt“, gibt sich Alois Zelger salto.bz gegenüber kämpferisch, „dann werden wir uns jetzt nicht so einfach enteignen lassen“.
Dabei erschöpft sich der Widerstand nicht nur in den gerichtlichen Klagen. Zusammen mit anderen aus dem Raiffeisensektor schlägt Alois Zelger ein alternatives Modell vor. Es handelt sich um den Aufbau eines institutsbezogenen Sicherungssystem (IPS). Es ist ein Modell, das man in Deutschland und Österreich nach EU-Vorgaben längst umgesetzt hat. „So könnte man die gegenseitige Haftung für Ausfälle übernehmen, aber auch ein gemeinsames unabhängiges Kontrollsystem einführen“, ist Alois Zelger überzeugt.
Der Obmann der kleinen Raiffeisenkasse, der Verwaltungsrat und die Mitglieder haben jetzt einen Schritt gesetzt, den man ihnen kaum zugetraut hätte. Sie haben die Gegenwehr umgesetzt von der andere Südtiroler Raikas bisher nur geträumt haben
Das Problem für die Macher im grünen Bankenreich ist dabei der Mann, der das eingefädelt hat. Und die Angst, dass der Schritt Signalwirkung haben könnte.
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Bravo Alois Zelger und
Bravo Alois Zelger und Mitstreiter! Hoffentlich helfen nun viele andere mit und auch die zuständigen Stellen sehen ein, das kleine unabhängige Banken ebenso wie in der Wirtschaft KMU's das Rückgrat einer flexiblen und weitgehend krisensicheren Finanzgebarung und Wirtschaft vor Ort sind.