Ambiente | Tierwelt

Im Energiesparmodus

Wie Gams & Co die kalte Jahreszeit verbringen.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale del partner e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
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Foto: ©Paul Erlacher

Artikel von Judith Egger
Beitrag in Zusammenarbeit mit dem Alpenverein Südtirol
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Die Lebensweise unserer Wildtiere wird vom Verlauf der Jahreszeiten bestimmt. Die Anpassung an veränderte Bedingungen ist überlebenswichtig. Im Winter sind Nahrungsknappheit und Kälte entscheidende Faktoren. Ein langer und schneereicher Bergwinter ist für viele Wildtiere eine echte Herausforderung, der sie mit unterschiedlichen Strategien begegnen: Zugvögel weichen in wärmere Gegenden aus, andere Tiere passen sich an die kalte Jahreszeit an und bleiben aktiv, während viele Arten den Winter meist schlafend verbringen. Das Haushalten mit den Energiereserven ist entscheidend für das Überleben. Das Verhalten der alpinen Säugetierarten wird unter anderem vom Licht gesteuert, das die Tag und Nachtaktivität, den Stoffwechsel, den Hormonhaushalt und somit den Jahreszeitenrhythmus der Tiere bestimmt. Auch die Phänomene Vogelzug, Winterruhe und Winterschlaf werden durch die Tageslänge gesteuert.


Optimale Isolierung

Vielen Wildtieren wächst als Anpassung an die winterliche Kälte ein dickes Winterfell. Mit dem Winterfell wechseln manche Tiere auch die Farbe, wie z. B. der Schneehase oder das Hermelin. Dadurch sind sie auf der Schneedecke gut getarnt. Das Hermelin hat einen lang gestreckten Körper und nur eine dünne Fettschicht unter der Haut – was sich bei großer Kälte als ungünstig erweist. Es sucht sich deshalb ein Lager unter der Schneedecke und bewegt sich auch bei der Jagd gerne in der Schicht zwischen Schnee und Boden fort, wo es ebenfalls die Isolationswirkung der Schneedecke nutzt. Bei den Raufußhühnern wechselt das Federkleid im Herbst ebenfalls und schützt optimal vor Kälte. Das weiße Winterkleid des Schneehuhns ist außerdem eine hervorragende Tarnung. Stillsitzend und in isolierende Schneehöhlen eingegraben verbringt es die eisige Nacht und bei stürmischem Winterwetter auch einen großen Teil des Tages.


Winterschlaf und Winterruhe

Während des Winterschlafs und der Winterruhe sind die Stoffwechselprozesse stark eingeschränkt. Beim Winterschlaf sinkt die Körpertemperatur sehr stark und nähert sich der Umgebungstemperatur. Außerdem verlangsamen sich Herzschlag und Atmungsaktivität, damit nur die zur Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen notwendige Energie verbraucht wird. Als Energiequelle dienen die während des Sommers und im Herbst angefressenen Fettreserven. Zu den echten Winterschläfern zählen die Murmeltiere, welche die Zeit von Ende September bis Ende April in ihren unterirdischen Bauen verbringen. Um sich gegenseitig zu wärmen, kuscheln sich die Tiere dort eng aneinander. Das Eichhörnchen, der Dachs und der Braunbär halten eine sogenannte Winterruhe. Im Unterschied zu echten Winterschläfern fällt die Körpertemperatur der Winterruhe haltenden Tiere nicht so weit ab. Der Braunbär beispielsweise befindet sich dann in einer Art Dämmerschlaf, von dem er auch immer wieder aufwachen und sogar sein Winterlager verlassen und nach Nahrung suchen kann. Während der Winterruhe verlieren die Tiere – im Gegensatz zu uns Menschen, die wir bei längerer Ruhe sofort Kraft einbüßen – nichts an Muskelkraft.


Körperfunktionen herunterfahren
Tiere, die über den Winter aktiv bleiben, wie  Rot- und Rehwild, versuchen durch möglichst wenig Bewegung Energie zu sparen. Zwischen Phasen der Nahrungsaufnahme und der Ruhe werden daher nur kurze Wege zurückgelegt. Vom Rotwild ist bekannt, dass es die Körperkerntemperatur, also den Bereich der lebenswichtigen Organe, weitgehend aufrecht erhält, hingegen die Temperatur z. B. in den Extremitäten stark absenken kann. Gleichzeitig wird die Herzfrequenz während der Nachtruhe stark abgesenkt. Die Tiere werden dadurch kalt und starr, weshalb es sie extrem viel Energie kostet, wenn sie aufgeschreckt werden und flüchten müssen. Häufige Störungen lösen Stress aus, was zu unnötigem Energieverbrauch führt. Ähnlich wie die  Reptilien nutzt das Wild im Winter die Strahlungswärme beim morgendlichen Sonnenbad zum energiesparenden Aufwärmen. Im Winter passt das Rehwild außerdem die Stoffwechselaktivität an das Nahrungsangebot an, indem es den Pansen stark verkleinert. Auch beim Rehwild verkleinern sich das Pansenvolumen und die Pansenschleimhaut. Für die Aufrechterhaltung des Stoffwechsels und des Speichelflusses muss täglich eine geringe Menge an geeigneter Nahrung, wie etwa Knospen und Blätter, aufgenommen werden. Während der Wintermonate verlieren Rehe sehr viel Körpersubstanz. Vor allem Muskeleiweiß wird abgebaut. Eine wichtige Strategie des Rehwildes ist die Verlegung der energieaufwändigen Paarungszeit in den Sommer, wenn Nahrung im Überfluss vorhanden ist. Anschließend findet eine so genannte Keimruhe statt, d. h. die befruchtete Eizelle entwickelt sich bis Dezember nicht weiter. Der Geburtstermin für die Kitze fällt dann in eine Zeit mit großem  Nahrungsangebot.


Karge Kost

Gämsen suchen im Winter steile, sonnige Hänge oder exponierte Kuppen auf, wo der Schnee nicht lange liegen bleibt und die karge Nahrung vom Wind frei geblasen wird und leichter erreichbar ist. In der kalten Jahreszeit werden neben ausgedörrten Gräsern auch Moose und Flechten als Nahrung aufgenommen. Auch Gämsen passen ihren Verdauungsapparat an die Jahreszeit an. Und zur besseren Fortbewegung im Schnee können die Hufe weit gespreizt werden. Das schwarze Winterfell der Gämsen hat zudem den Vorteil, dass es mehr Wärme aufnimmt.


Freiheit mit Rücksicht auf Wildtiere

Für viele Wildtiere ist der Winter eine Zeit der Entbehrungen, für uns Menschen aber eine Zeit der sportlichen Aktivitäten im Schnee. Umso mehr gilt es, uns mit Respekt und Rücksicht in der Winternatur zu bewegen, wo jedes Lebewesen seine Wohnung – seinen Lebensraum – hat. Damit wir nicht sprichwörtlich mit der Tür ins Haus fallen, müssen wir uns mit Rücksicht in den Lebensräumen der Wildtiere bewegen. Die Sensibilisierungskampagne „Freiheit mit Rücksicht“ zeigt wie man Störungen der Wildtiere vermeidet. Besonders bei der Abfahrt bzw. beim Abstieg ist folgendes Verhalten wichtig:

  • Bewegungsfreiheit im offenen Gelände über der Waldgrenze, aber felsige, schneefreie Flächen meiden
  • im Waldgrenzbereich den Bewegungsradius einschränken und diesen Bereich auf kürzestem Weg (durch)queren
  • im Wald freie Fahrt nur auf Skirouten, Wegen und Schneisen In einigen Gebieten Südtirols wurden Informationstafeln mit Routenempfehlungen und Informationen zu den Bedürfnissen der Wildtiere aufgestellt.