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Das No-Choice-Herpes

Ein lästiges Herpesvirus, das in unserer Gesellschaft schlummert und dann und wann mit folgenschweren Symptomen für Frauen ausbricht.
  • Es grünt und blüht gerade so schön, doch etwas hat mir die Frühlingsleichtigkeit vermiest. Schon wieder sind die No-Choice-Organisationen auf meinem Radar aufgetaucht. Diesmal belassen sie es nicht bei der alljährlichen Poster-Kampagne an den Bushaltestellen und den regelmäßigen Belagerungen des Öffentlichen Raumes. Nein, diesmal schaffen sie es sogar in einen Landesgesetzesentwurf: Unter dem Deckmantel der Berater:innen für klinische Ethik finden wir sie in einem fraglichen Entwurf zur Arbeit der Familienberatungsstellen in Südtirol (SALTO hat darüber berichtet).

    Was haben Berater:innen dieser Bewegung in Familienberatungsstellen (bzw. Möchtegern-Familienberatungsstellen) zu suchen? Sprechen wir es aus: Es handelt sich um Berater:innen einer Bewegung, welche die Entscheidungshoheit der Frau über ihren eigenen Körper in Frage stellt, sich das Leben auf die Fahnen schreibt und dabei nicht berücksichtigt, dass sie Tod bringt, was zahlreiche Studien bestätigen, denn Schwangerschaftsabbrüche nehmen nicht etwa ab, wenn sie verboten werden. Sie rutschen nur immer weiter in die Illegalität ab und werden so gefährlich, sogar lebensgefährlich für die Frau. Die einzige effiziente und nachhaltige Methode, um Schwangerschaftsabbrüchen vorzubeugen, liegt in der Sexualerziehung und im einfachen und kostengünstigen Zugang zu Verhütungsmitteln. 

    Zu beiden Themen bzw. Zugängen gab es übrigens schon Forderungen vonseiten der Opposition. Bezüglich flächendeckender Sexualerziehung hat sich nichts, aber auch gar nichts getan. Einige wenige Kids haben das Glück, über Schulprojekte in deren Genuss zu kommen, die allermeisten jungen Leute eben nicht. Von Verbindlichkeit und Professionalität keine Spur! Kürzlich kam es zur konkreten Forderung im Gesetzgebungsausschuss, Frauen unter 26 Jahren die Pille kostenlos zur Verfügung zu stellen. Trotz aller Nebenwirkungen ist diese Verhütungsmethode nach wie vor die bequemste und am meisten verwendete für junge Frauen, auch weil die Entscheidung dann bei ihnen liegt. Die Forderung wurde im Gesetzgebungsausschuss abgelehnt, Sanitätslandesrat Messner ließ wissen, es sei nicht sinnvoll, die Pille gratis zu verteilen. Ich würde ihn gerne fragen, wer denn Sinnhaftigkeit für Betroffene definiert und nach welchen Kriterien und auch, wie sinnvoll die Präsenz von No-Choice-Berater:innen vor dem Krankenhaus ist. 

    Für mich fühlt sich das alles an wie ein lästiges Herpesvirus, das in unserem Körper schlummert und dann und wann mit unangenehmen Symptomen ausbricht: das No-Choice-Herpes im Kreislauf unserer Gesellschaft, manchmal subtil unterwegs, manchmal offensiv. Aber auf jeden Fall mit folgenschweren Symptomen für Frauen.

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Salto User
Oliver Hopfgartner Lun, 03/31/2025 - 20:59

Mehrere Aspekte dieses Beitrages sind sehr tendenziös:

Es ist eine einseitige und befangene Sichtweise, wenn einer klinisch ethischen Beratung unterstellt, "No Choice" zu sein. Vielleicht sehe ich das ja zu sehr durch die medizinisch-therapeutische Brille: Zu jeder Aufklärung über einen medizinischen Eingriff gehört es dazu, über die zur Verfügung stehenden Alternativen und mögliche Folgen aufzuklären.

Wie alle hier wissen, ist eine Abtreibung eine weitreichende Entscheidung und die betroffenen Frauen bzw. Paare müssen damit für den Rest ihres Lebens umgehen können. Daher sollte man auch über Alternativen zu einer Abtreibung aufgeklärt werden, z.B. darüber welche Unterstützung es für junge Paare geben könnte oder wie es mit Adoption nach der Geburt ausschaut etc.

Außerdem reden wir hier nicht von einer schwarz-weißen Situation. Es ist zu vereinfacht so zu tun als gäbe es nur Abtreibungsgegner und Abtreibungsbefürworter. In den Kreisen in denen ich verkehre vertreten viele Leute die Position, dass sie dafür sind, dass es ein Recht auf Abtreibung gibt, dass betroffene Paare allerdings die Spesen selbst übernehmen sollten. Eine Abtreibung sollte laut dieser Haltung also straffrei sein, allerdings sei es auch gerechtfertigt, Abtreibung trotz dieser Straffreiheit als etwas unmoralisches zu betrachten.

Ich persönlich denke z.B. auch, dass Frauen bzw. Paare das Recht haben sollten, sich für eine Abtreibung zu entscheiden. Allerdings sollten sie dann auch selbst für die Spesen aufkommen und sollte es wirklich finanzielle Zuschüsse seitens des Steuer- oder Sozialversicherungssystems geben, halte ich eine ergebnisoffene Beratung, die explizit auch Alternativen zur Abtreibung thematisiert für eine vernünftige Bedingung.

Ich finde es gut, dass der Punkt der Aufklärung angesprochen wird. Bessere Aufklärung würde womöglich auch dazu führen, dass weniger Paare bzw. Frauen überhaupt in die Situation kommen, sich mit dem Thema Abtreibung auseinanderzusetzen.
Auch hier wird aus meiner Sicht unnötig Konflikt geschürt, denn es gibt einen breiten Konsens darüber, dass altersgerechte Sexualaufklärung in Schulen einen wichtigen Stellenwert hat. Die Diskussionen entstehen aus meiner Sicht vor allem dann, wenn es um Sexualaufklärung geht, die über die biologischen, reproduktiven und missbrauchvorbeugenden Aspekte hinaus geht, z.B. diverse Sexualpraktiken, Fetische etc. oder wenn die Sexualaufklärung nicht altersgerecht ist.

Lun, 03/31/2025 - 20:59 Collegamento permanente
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gorgias Mer, 04/02/2025 - 04:39

In risposta a di Oliver Hopfgartner

> Eine Abtreibung sollte laut dieser Haltung also straffrei sein, allerdings sei es auch gerechtfertigt, Abtreibung trotz dieser Straffreiheit als etwas unmoralisches zu betrachten.<

So eine Haltung steht jedem Bürger zu als persönliche Werteinstellung hat mit dem medizischen Folgen eines Eingriffes nichts mehr zu tun.

Da bestimmte Kräfte in der Gesellschaft es nicht mehr gesetzlich verhindrn können, dass Abtreibungen durchgeführt werden, schwinggt man gerne noch mit den erhobenen Zeigefinder.
Auf das kann unsere Gesellschaft gerne verzichten. Wenn ein gesetzliches Verbot keine Sanktionen vorsieht, dann kann man es gleich abschaffen und wenn diese Leistung vom öffentlichen Gesundheitsdienst angeboten wird, steht es auch nicht zu die Kosten aus moralischen Gründen nicht zu übernehmen.

Das ist moralinsäuriges Pfaffengeschwafle in der Light Version.

Mer, 04/02/2025 - 04:39 Collegamento permanente
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Herta Abram Mar, 04/01/2025 - 15:44

"Die einzige effiziente und nachhaltige Methode, um Schwangerschaftsabbrüchen vorzubeugen, liegt in der Sexualerziehung und im einfachen und kostengünstigen Zugang zu Verhütungsmitteln." Genauso ist es!

Umfassende, sexuelle und emotionale Bildung tragen zur Selbstbestimmung über den Körper und die eigene Lebensgestaltung bei. Sie stärken wichtige Kompetenzen, die das sexuelle Verhalten und die Familienplanung, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die dazugehörigen Rechte betreffen. Und sie wirkt präventiv im Hinblick auf sexualisierte Gewalt. Außerdem hilft Sexualpädagogik, Geschlechterstereotypen abzubauen und fördert die Akzeptanz von Geschlechtervielfalt und unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, wodurch eine aufgeklärtere und inklusivere Gesellschaft entstehen könnte.
Obwohl die Auswirkungen einer altersgerechten, sexuellen und emotionalen Bildung auf der persönlichen und gesellschaftlichen Ebene durchgehend positiv sind, stößt das Thema bei rigiden Persönlichkeiten und rückwärtsgewandter, machtpolitischer- oder religiöser Ideologie auf großen Widerstand.
(Die WHO stellt in einem Dringlichkeitsbericht (2024) fest, dass der Kondomgebrauch unter sexuell aktiven Jugendlichen dramatisch gesunken ist, was zu einem hohen Risiko für sexuell übertragbare Krankheiten, ungewollte Schwangerschaften und unsichere Schwangerschaftsabbrüche führt. Zudem gibt es einen enormen Gender-Divide bei Verhütungskosten: so tragen knapp 50% der Frauen die Kosten allein. Auch hier wären kostenlose Verhütungsangebote eingebettet in eine breit angelegte Kampagne und der flächendeckende Ausbau des sexualpädagogischen Angebots zielführende Maßnahmen.)
Ich hoffe, das Anstreben eines weiterentwickelten Menschenbildes setzt sich durch!

Mar, 04/01/2025 - 15:44 Collegamento permanente
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Maria Mössler Mar, 04/01/2025 - 19:16

Es ist ein Skandal, dass die Sexualerziehung in den Schulen seit einigen Jahren nicht mehr ausreichend finanziert wird. Ich frage mich schon lange, wer die glorreiche Idee hatte, diese Projekte kaputtzusparen. In unserer Schule zerbrechen wir uns jedes Jahr von Neuem den Kopf, wie wir an die Finanzierung von einem Projekttag Sexualerziehung für ALLE dritten Klassen (Mittelschule) kommen könnten. Wir Mathelehrer:innen waren auch bereit, gemeinsam mit einer sexualpädagogisch ausgebildeten Person diesen Tag zu gestalten. Ich wage folgende Behauptung: Wenn morgen in den Medien verbreitet wird, die Schwangerschaftsrate von Jugentlichen ist gestiegen, würde es übermorgen "Geld regnen" und die Projekte für Sexualerziehung hätten oberste Priorität.

Mar, 04/01/2025 - 19:16 Collegamento permanente