Società | Instruktion

Nur gscheid dahergeredet

Kommentar zu den Äußerungen von Bischof Ivo Muser zur Kritik der Katholischen Männerbewegung an der neuen vatikanischen Instruktion.
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Altar
Foto: Pixabay

Ich habe mich geärgert. Wie kann ein Bischof in dieser Weise auf die Einwände eines engagierten, überzeugten und besorgten Georg Oberrauch als Chef der Kath. Männerbewegung reagieren? (Tageszeitung 28.7.2020) Theologisch gscheid daherreden und bitten, nicht zu polemisieren, löst keine Probleme. Versteht der Bischof uns Laien mit unserem Frust und der Wut im Bauch nicht? Wir dürfen ehrenamtlich die Pfarreien am Leben erhalten und alles tun, damit die vielfach überforderten Pfarrer nicht zusammenbrechen. Die Pfarreien leiten dürfen wir nicht, nicht Pfarrverantwortliche genannt werden, nicht predigen, nicht …., denn das alles muss der Priester kraft seiner Weihe tun. Wir erleben, dass das bei aller Wertschätzung viele schlicht und einfach nicht schaffen. Ohne Laien würde heute schon die Seelsorge unmöglich sein. Im Endeffekt leiten heute schon Laien verschiedene Pfarreien, nur entscheiden dürfen sie nicht, immer muss der Pfarrer gefragt werden. Das ist Entmündigung und Geringschätzung. Kurzum wir dürfen - auf tirolerisch gesagt - die Deppen in den Pfarreien spielen, um ein Kirchensystem aufrecht zu erhalten, das nicht mehr unserer Zeit entspricht. Auf Christus zu setzen, geht schon gut, lieber Bischof. Ist die heutige priesterzentrierte (klerikale), frauenfeindliche, absolutistische und zentralistische Kath. Kirche wirklich die Kirche wie sie Jesus Christus wollte? Ich glaube nicht! Der große Priestermangel, der Auszug vieler Frauen wie Männer aus der Kirche, der Rückgang an Mitarbeit, die veraltete Sprache und wohl auch Theologie sind deutliche Zeichen dafür.

Wo war die von Bischof beschworene Zusammenarbeit zwischen Priestern und Laien als er bei der Diözesansynode 2015 verboten hat, über Fragen wie Freistellung des Zölibates, Frauenpriestertum, Laienpredigt abzustimmen? Kirchenrechtlich konnte er das. Der Synodenbeschluss, die kirchlichen Landwirtschaftsgüter auf Bio aus Achtung vor der Schöpfung umzustellen, ist bis heute nicht verwirklicht und auch nicht in Sicht! Der Beschluss zur Einstellung von Pastoralassistentinnen und -assistenten bei diözesaner Anstellung ist ebenso bis heute nicht umgesetzt. Und dabei gibt selbst Seelsorgeamtsleiter R. Demetz zu, dass eine umfassende Seelsorge derzeit nicht mehr möglich ist. Bischof Ivo sieht die Laien in der Instruktion nicht benachteiligt. Typisch Kirchenleitung! Sie definiert, was Benachteiligung bedeutet. Das sagen schon wir Laien selber.

 

Vielen Laien, wie auch Theologinnen und Theologen sowie erstmals auch Bischöfen ist der Kragen geplatzt. Der Vorsitzende des Zentralkomitees der dt. Katholiken Th. Sternberg bestätigt der Instruktion „abenteuerliche Realitätsferne“. Verschiedene Theologieprofessorinnen und -professoren bezeichneten neben den Reformbewegungen wie Wir sind Kirche die Instruktion als vorkonziliar. „Die große Mehrheit der dt. Bischöfe übte Kritik am Papier und bezeichnete es als rückwärtsgewandt“ (katholisch.de 30.7.2020)! Einige kündigten Widerstand dagegen an und wollen an ihren bisherigen Vorhaben festhalten. Bischof Bode von Osnabrück sprach sogar von einer „Umkehr zur Klerikalisierung“. Es brauche eine „Kirche der Beteiligung“. Der Münchner Kard. Marx rügte öffentlich das Zustandekommen des Dokumentes ohne Beratung mit Betroffenen. Es gab auch Zustimmung von drei konservativ eingestellten Bischöfen wie dem Kölner Kard. Woelki. Und wie soll es weitergehen? Sinnvoll wäre, wenn Papst Franziskus – er ist ja sonst auch für ungewöhnliche Aktionen bekannt – die Instruktion zurückziehen und einen Beratungsprozess darüber mit allen Interessierten starten würde. Ansonsten bleibt der Eindruck, dass der Papst innerkirchlich auch nur schön daherredet, insgesamt aber mauert.

Die Pfarreieninstruktion bietet nämlich am Beginn schöne Worte, um daraufhin nur Abgrenzung und Verbote auszusprechen. Wovor hat man im Vatikan Angst? Vor allem aber bietet sie keine Lösungsvorschläge für die drängenden Probleme an, die durch die Verweigerung von Reformen in der Seelsorge entstanden sind. Es klingt wie Hohn, wenn der Chef der Kleruskongregation Kard. Stella (La Stampa 29.7.2020) erklärt, die Bestätigung der Besonderheit des Pfarrers solle „die Eucharistie als Quelle und Höhepunkt des Lebens und der Sendung der Kirche“ bekräftigen. Wer bitte soll denn die Eucharistie zelebrieren?

Ich habe nach Bekanntwerden der Instruktion bedauert, dass ich bei der Steuererklärung die 8 Promille für die Kath. Kirche zweckgebunden habe. Ich werde es bis auf weiteres nicht mehr tun. Die Mitarbeit in verschiedenen Bereichen habe ich an Bedingungen geknüpft oder verweigert und kirchliche Zivilcourage praktiziert. Vielleicht versteht die Kirchenleitung diese Sprache. Zum Abschluss möchte ich betonen, dass es mir weh tut, miterleben zu müssen, wie die Kirche derzeit den Bach hinuntergeht. Zugleich bin ich zuversichtlich, dass eine neue Form von Kirche wächst. Wer immer will, kann heute schon daran teilhaben. Das Evangelium ist nicht unterzukriegen und der Glaube auch nicht!