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Atmen statt streiten

Lissy Pernthaler hat heute im Altenburger Wald in einem selbst gebauten Schutzraum übernachtet. Die Künstlerin will so ein Zeichen für Naturschutz setzen, denn genau dort soll eines von sechs Speicherbecken für die Landwirtschaft gebaut werden.
Lissy Pernthaler
Foto: Seehauserfoto
  • „Ich möchte dazu gar nicht viel sagen“, erklärt Lissy Pernthaler. Die Künstlerin hat die letzte Nacht von Freitag auf Samstag (31. August) in einem Kokon im Altenburger Wald verbracht. Ihre Performance ist Teil der Jubiläumsausstellung „Konzept Heimat“ anlässlich 75 Jahre Heimatpflegeverband Südtirol (HPV) mit dem Südtiroler Künstlerbund und Granaio di Nomi. 

    „Ich merke, dass im Dorf eine Spaltung passiert.“

    Der Kokon aus Haselnussstauden und Weiden soll einen sicheren Rückzugsort symbolisieren, der Ort der Performance wurde aber nicht zufällig gewählt: Im Altenburger und Montiggler Wald plant das Bodenverbesserungskonsortium II. Grades Kaltern-Tramin drei Speicherbecken, drei weitere sollen unterirdisch gebaut werden. Der HPV sowie weitere Umweltorganisationen kritisieren das Vorhaben und fordern stattdessen den konsequenten Schutz des Waldes ein. 

  • Lissy Pernthaler: „Der eine will den Wald schützen, der andere die Landwirtschaft bewässern.“ Foto: Seehauserfoto

    „Ich merke, dass im Dorf eine Spaltung passiert. Es schmerzt mich, dass zwei Lager entstehen. Deshalb ist die Idee entstanden“, sagt Pernthaler. „Der eine will den Wald schützen, der andere die Landwirtschaft bewässern. Beide haben recht, es geht nicht um richtig oder falsch, sondern es ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir miteinander umgehen und uns begegnen können.“ 

    Pernthaler, Jahrgang 1983, ist in Kaltern aufgewachsen. Die Schauspielerin, Autorin und Performance Künstlerin lebte für elf Jahre in Berlin und ist vor zehn Jahren wieder zurückgekehrt. „Ich habe mich aus einem persönlichen Prozess heraus mit Heimat und Identität beschäftigt. Ich bin 41 Jahre alt, andere haben in meinem Alter schon eine Familie gegründet und ein Haus gebaut. Das alles hab ich irgendwie nicht gemacht, weil ich eine Art vagabundierendes Leben gewählt habe. In diesen Tagen an dem Kokon zu arbeiten, war für mich als würde ich mein Haus bauen.“ 

    Ihr Kunstwerk sei darüber hinaus ein Sinnbild für das erneute Entfachen der Verbindung zur Natur im Außen und der eigenen Natur im Inneren. „Es ist mir ein Anliegen, die Menschen ins Fühlen zu bringen, sie zu sich kommen zu lassen. Dann weiß ich erst, wie es mir geht und was ich brauche.“ Bei der Performance gehe es darum, sich mit der eigenen Heimat und der Natur auseinanderzusetzen. 

    Noch ist offen, ob die Speicherbecken tatsächlich gebaut werden.

  • Die Performance: Lissy Pernthaler meditiert mit Interessierten im Altenburger Wald. Foto: Seehauserfoto
  • Die Jubiläumsausstellung

    Der Kokon ist Teil einer Gruppenausstellung, die von 7.9. bis 25.10.2024 in der Galerie des Südtiroler Künstlerbunds in Bozen zu sehen sein wird. Der lebensgroße, bewohnbare Kokon aus Naturmaterialien setzt sich mit dem Thema Heimatraum im eigenen Körper und in der Natur auseinander. Wer sich hineinlegt, kann mit Kopfhörern Naturgeräusche mit Soundcollage und eine gesprochene Meditation anhören. Die Vernissage findet am 7.9. um 17 Uhr in der SKB ARTES (Weggensteinstrasse 12A) in Bozen statt.