Zwischenräume
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Wolfgang Thaler wurde vor Kurzem als Präsident der Architektenkammer wiedergewählt. Ganz neu im Amt des Präsidenten der Stiftung ist hingegen Philipp Steger.
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Herr Thaler, herzlichen Glückwunsch zur Wiederwahl!
Wolfgang Thaler: Vielen Dank! Ich bringe ja schon einige Jahre Erfahrung in diesem Amt mit. Besonders freut mich aber, dass der Vorstand diesmal eine relativ junge Truppe ist – viele engagierte, junge Kolleginnen und Kollegen rücken nach.
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Auch Ihnen herzlichen Glückwunsch zur Wahl, Herr Steger!
Philipp Steger: Danke! Seit den heurigen Wahlen bin ich Mitglied im Vorstand der Architektenkammer und Präsident der Architekturstiftung Südtirol. -
Welche Schwerpunkte setzen Sie in Ihren Präsidentschaften?
Thaler: Wir wollen unseren Kolleginnen und Kollegen als Kammer den bestmöglichen Service bieten – und diesen, wo es geht, weiter ausbauen. Einige Projekte sind bereits angelaufen, etwa im Bereich der Digitalisierung. Dabei geht es einerseits um interne Abläufe innerhalb der Kammer, andererseits um die digitale Kommunikation mit der öffentlichen Verwaltung. Ein wichtiges Ziel ist, dass diese Prozesse künftig reibungsloser funktionieren.Ein weiteres großes Anliegen ist die Wiederaufnahme öffentlicher Planungswettbewerbe. In den letzten eineinhalb Jahren gab es hier eine Lücke, weil die digitale Plattform dafür gefehlt hat. Wir hoffen, dass sich das nun bessert. Das sind unsere zentralen Themen. Daneben gibt es aber natürlich immer wieder neue Herausforderungen, mit denen sich die Kammer auseinandersetzt.
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Welche Herausforderungen meinen Sie konkret?
Thaler: Die Bürokratisierung. Sie betrifft viele Berufsgruppen, aber im Bauwesen ist sie besonders ausgeprägt. Es wird zwar ständig über Bürokratieabbau gesprochen, aber in der Praxis passiert wenig. Ein großes Problem ist das Abgabeportal, über das Einreichprojekte zur Genehmigung abgewickelt werden. Dort erleben wir täglich absurde Situationen – bis ins Detail wird vorgeschrieben, wie und was wir abgeben sollen.Eigentlich sollte die Digitalisierung uns unterstützen – momentan ist es eher umgekehrt. Diese Überbürokratisierung führt dazu, dass wir Architektinnen und Architekten viel Zeit mit Formalitäten verbringen, anstatt uns auf unsere eigentliche Arbeit zu konzentrieren. Seit vier Jahren liegt ein Vorschlag zur Vereinfachung auf dem Tisch, aber es geht kaum etwas voran. Das ist frustrierend.
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Herr Steger, welche Schwerpunkte setzen Sie als Präsident der Stiftung?
Steger: Ich bin noch relativ neu im Amt. Der neue Vorstand wurde erst vor rund einem Monat gebildet, viele Mitglieder sind neu dabei. Im Moment geht es für mich darum, mich zu orientieren und die laufenden Projekte kennenzulernen.Es gibt mehrere Arbeitsgruppen wie z.B. die Gruppe architour und jene für die Baukultur, sowie die Redaktion der Zeitschrift Turris Babel. Ein Ziel, das wir künftig stärker verfolgen möchten, ist, die Südtiroler Bevölkerung für das Thema Architektur zu sensibilisieren. Architektur ist weit mehr als das reine Bauen – sie umfasst auch die Gestaltung von Zwischenräumen, öffentlichen Plätzen und das Zusammenleben außerhalb der Gebäude.
Wir leben in einer Kulturlandschaft, die fast gänzlich vom Menschen gestaltet wurde. Architektur prägt unseren gesamten Lebensraum. Sie ist nicht nur eine ästhetische Disziplin, sondern trägt auch gesellschaftliche Verantwortung und beeinflusst direkt unsere Lebensqualität.
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Wie weit ist die Stiftung diesem Ziel Ihrer Meinung nach bereits gekommen?
Steger: Ich denke, das Interesse an Architektur ist in Südtirol grundsätzlich groß. Gleichzeitig gibt es – wie Wolfgang schon erwähnt hat – viele Herausforderungen: Bürokratisierung, gesetzliche Unklarheiten, steigende Preise. All das erschwert das Bauen – und das Gestalten noch mehr.Aber gute Architektur muss nicht teuer sein. Oft hängt Qualität nicht von teuren Details ab, sondern von der klugen Anordnung und Gestaltung. Mit Dorfgesprächen und Arbeitsgruppen versuchen wir, insbesondere junge Menschen anzusprechen und der Bevölkerung die Bedeutung von Architektur näherzubringen.
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Sowohl Kammer als auch Stiftung beruhen auf Zusammenarbeit. Trotzdem gilt Architektur oft als Berufsfeld für Einzelkämpfer*innen. Wie passt das zusammen?
Steger: Das Wettbewerbswesen in der Architektur ist tatsächlich einzigartig – so etwas gibt es in keinem anderen Berufszweig. Bei einem Planungswettbewerb für ein öffentliches Gebäude beteiligen sich oft über hundert Büros und mehr. Jedes investiert mehrere hundert Stunden Arbeit, meist ohne Bezahlung - wenn man nicht gewinnt. Das verlangt Leidenschaft und Idealismus.Wettbewerbe sollten aber nicht als Konkurrenzkampf verstanden werden, sondern als Suche nach der besten Idee für die Öffentlichkeit. Ein Gebäude, das jahrzehntelang Bestand haben soll, muss gut gelöst sein. Die Zusammenarbeit ist dabei entscheidend – im Büro, mit Fachplanern, Gemeinden und zunehmend auch mit der Bevölkerung. Der Job des Architekten ist längst kein Einzelkämpferberuf mehr.
Thaler: Richtig. Im öffentlichen Bereich unterscheiden wir zwischen Planungswettbewerben und Dienstleistungsvergaben. Bei Letzteren wird das beste Team mit dem besten Angebot gesucht, bei Wettbewerben hingegen die beste Lösung. Diese sind in der Regel anonym, die Jury bewertet ausschließlich das Projekt. Das ist für die Gesellschaft wichtig, weil so wirklich die beste Lösung für einen Ort gefunden wird.
Auch wenn der Aufwand für Büros enorm ist und selbst ein Preis selten kostendeckend ist, unterstützen wir als Kammer diese Art der Auftragsvergabe – im Sinne von Qualität und Baukultur. Für gute Architektur braucht es Zusammenarbeit, Diskussion und den Austausch mit anderen Fachleuten – von Statikern bis Haustechnikern.
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Die Digitalisierung sollte uns helfen – nicht umgekehrt.
Wolfgang Thaler
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Was zeichnet die Südtiroler Architektur besonders aus?
Thaler: Die große Stärke Südtirols ist seine Vielfalt. Wir haben Architektinnen und Architekten mit sehr unterschiedlichen Hintergründen – manche haben im Süden studiert, andere im Norden gearbeitet. Diese Mischung hat eine beeindruckende architektonische Vielfalt hervorgebracht. Auch Bauqualität und architektonischer Anspruch sind in Südtirol sehr hoch. Wer durchs Land fährt, stößt immer wieder auf spannende und gelungene Beispiele.Steger: Das liegt sicher auch an der Landschaft. Südtirol vereint mediterrane und alpine Regionen, kleine Dörfer und städtische Räume – jede verlangt nach eigenen Lösungen. Diese Vielfalt prägt und bereichert unsere Architektur.
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Architektur prägt unseren gesamten Lebensraum. Sie ist nicht nur eine ästhetische Disziplin, sondern trägt auch gesellschaftliche Verantwortung und beeinflusst direkt unsere Lebensqualität.
Philipp Steger
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Etwas, das in Südtirol noch fehlt, ist ein Haus der Architektur. Wie steht es um dieses Projekt?
Steger: Das Haus der Architektur ist uns ein Herzensanliegen, weil wir die Sensibilisierung der Bevölkerung weiter vorantreiben möchten. Eine eigene Plattform, auf der man Veranstaltungen durchführen und Gäste empfangen kann, wäre ein großer Schritt nach vorn. Derzeit müssen wir meist auf Räumlichkeiten von Sponsoren zurückgreifen oder Säle mieten.Kürzlich fand dazu ein sehr positives Treffen mit Landeshauptmann Kompatscher sowie den Landesräten Brunner und Bianchi statt. Das Projekt existiert schon seit einigen Jahren und soll nun konkretisiert werden. Momentan wird geprüft, welche Immobilien dafür in Frage kommen.
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