Cultura | Bibliophile Fragen

„Es werden keine Bücher zurückgelassen!“

Der Autor und Kulturkritiker Ilja Stefflbauer weilte für einen Vortrag in Bozen. Bei der Gelegenheit hat er auch die "immer gleichen Fragen" von SALTO beantwortet.
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Foto: Kulturelemente
  • SALTO: Welches Buch hat Sie in Ihrer Kindheit nachhaltiger geprägt, als Sie damals je geglaubt hätten?

    Ilja Stefflbauer: Tolkiens „Kleiner Hobbit“. Gelesen habe ich es mit 12 als eine phantastische Geschichte voller Helden, Monster, Abenteuer, verstanden erst Stück für Stück später im Leben als eine epische Meditation über die verführerische Macht des Goldes. 

    Welcher letzte Satz eines Romans ist und bleibt für Sie ganz großes Kopfkino?

    Kein letzter Satz im Buch aber der Dialog zwischen Jack Aubrey und Steven Maturin, Ende der Verfilmung von Patrick O’Brians „Master & Commander“: 

    Jack: Mr Mowett, change of course. Southeast by east. We'll intercept the Acheron and escort them into Valparaíso.
    - Aye, sir. Sou'east by east.
    - And William...
    - Sir?
    - Beat to quarters.
    - Very good, sir.
    Jack (by way of an excuse): Subject to the requirements of the service.
    Steven: Ah.
    Jack: Well, Stephen... the bird's flightless?
    Steven: Yes.
    Jack: It's not going anywhere.
     

    Freunden, bei denen ich mich auch bedenkenlos an den Tisch setzen würde, wenn sie kochen. 

  • Ilja Steffelbauer, geboren 1976, studierte Alte Geschichte und Geschichte in Wien und Athen. Jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lektor an der Alten Geschichte und an der Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien tätig. Er ist wissenschaftlicher Referent an der Fakultät für Wirtschaft und Globalisierung in Krems. Am Donnerstag war Steffelbauer in Bozen bei den Bücherwelten. Der Titel seines Vortrags lautete: "Ein Identitätskonflikt: Warum müssen wir unbedingt wer sein?" Außerdem wurde an dem Abend die neue Ausgabe der "Kulturelemente" vorgestellt. Ilja Steffelbauer hat für die Zeitschrift (#180-181) einen Aufsatz geschrieben. Foto: Kulturelemente

    Reimen ist doof, Schleimen ist noch doofer… Auf welches – anscheinend gute – Buch konnten Sie sich nie wirklich einen Reim machen?

    Any Rands ganze Romanreihe. Auch wenn manche der Ideen verfangen und man das Sentiment Stellenweise nachvollziehen kann, bleibt das Gefühl, als würde ein Blinder Farbe beschreiben. 

    Ein Fall für Commissario Vernatschio. Wie erklären Sie einem Außerirdischen die geheimnisvolle Banalität von Lokalkrimis?

    Umberto Eco hat das in seinem Streichholzbriefchen über Derrick eigentlich auf den Punkt gebracht: Es scheint fast so, als wünschten sich die Verbrecher von einem netten Menschen, den sie kennen, überführt zu werden, damit die Last ihres Verbrechens von ihnen genommen wird. Ein vikarischer Akt intimer, zwischenmenschlicher der Buße, dem wir lesend oder zusehend mitvollziehen. Eine Art weltlichtes Passionsspiel aufgeführt auf der Dorfbühne.  

    Gewichtig! Welchen Buch-Tipps schenken Sie noch uneingeschränkt Vertrauen?

    Freunden, bei denen ich mich auch bedenkenlos an den Tisch setzen würde, wenn sie kochen. 

    Was für ein Fehlschlag! Welches Buch würden Sie auf einer einsamen Insel zurücklassen?

    Es werden keine Bücher zurückgelassen!  

    Das Rauschen des Blätterns. Welches Buch würden Sie auf keinen Fall am E-Book-Reader lesen?

    Alte, antiquarische, denen der Geruch der Zeit anhaftet und die ihre eigene Geschichte mitbringen. 

    Welches Buch zu Südtirol oder eines/einer Autors/Autorin aus Südtirol würden Sie unbedingt weiterempfehlen?

    Sepp Forchers „Die Berge meines Lebens“ bei Brandstätter, da meine Partnerin Carina Chitta die ihm fein säuberlich in Kurrent und phonetisch (!) beschrifteten Fotos der Berge Südtirols für die Ausgabe transkribiert hat und wir Abende damit verbracht haben die Punkte auf der Landkarte zu suchen, von denen aus die Aufnahmen gemacht wurden.