Politica | Pollo der Woche

Bressas Freundin

Francesca Puglisi soll Südtirols Image in Italien aufbessern. Allein ihre Ernennung bewirkt aber genau das Gegenteil. Die Chronik der Dummheit des Jahres.
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Foto: upi
Ungeschickter kann man kaum sein.
Die politischen und amtlichen Vorgaben sind klar: Das Bild Südtirols in Italien ist in den vergangenen Jahren durch Negativschlagzeilen, durch verzerrte und falsche Nachrichten und durch politische und publizistische Vorurteile arg ramponiert worden. Genau das ist auch das Ergebnis einer Umfrage, die die Landesregierung in Auftrag gegeben hat. Deshalb haben Arno Kompatscher & Co bereits im vergangenen Jahr beschlossen, eine Art publizistische Imagekampagne für Südtirol in Italien durchzuführen. Dazu sollte ein Markting- und Journalismusfachmann oder eine Fachfrau eingesetzt werden, der oder die direkte Verbindungen zu den großen italienischen Medien hat.
Diese Woche ist die Beauftragung erfolgt. Die Wahl der Landesregierung fiel dabei auf Francesca Puglisi, bis vor zwei Monaten PD-Senatorin und Lebensgefährtin des Südtirol-Belluneser PD-Senators Gianclaudio Bressa.
Es bedarf nicht übersinnlicher Fähigkeiten, um in dieser Berufung den Geruch der politischen Freunderlwirtschaft und den Geschmack der Arbeitsvermittlungsagentur Namens PDSVP zu erschnüffeln. Die Berufung ist ein nachträgliches Weihnachtsgeschenk für alle jene, die hemmungslos und teilweise völlig irrational gegen die Politik, die Politiker und die „Casta“  wettern.
Puglisis Beauftragung hat deshalb nicht nur in Südtirol zu einem Aufschrei geführt, sondern sie wurde italienweit zum Thema gemacht. Alle großen Zeitungen von der „Repubblica“ über den „Fatto Quotidiano“ beleuchten die Entscheidung äußerst kritisch. Nach der Parlamentskandidatur von Maria Elena Boschi ist es das zweite Mal innerhalb weniger Monate, dass eine PD-Exponentin über Südtirol in die nationalen Negativschlagzeilen gerät.
Damit hat jene Frau, deren Aufgabe es ist, Südtirol in Italien schönzuschreiben, noch bevor sie ihren Arbeitsvertrag unterschrieben hat, genau das Gegenteil bewirkt. Allein ihre Berufung beschädigt das Image des Landes, der Landesverwaltung und der Landesregierung nachhaltig.
 
Es bedarf nicht übersinnlicher Fähigkeiten, um in dieser Berufung den Geruch der politischen Freunderlwirtschaft und den Geschmack der Arbeitsvermittlungsagentur Namens PDSVP zu erschnüffeln.
 
Ich erlaube mir nicht, über die Fähigkeiten von Francesca Puglisi zu urteilen. Die 48-jährige Doktorin der Wirtschaftswissenschaften aus Fano ist Berufsjournalistin und Marketingexpertin.
Schaut man sich ihre Internetseite oder ihren Facebook-Account an, so fällt einem in beiden Bereichen weder etwas besonders Negatives noch besonders  Positives auf.  Großartige journalistische Leistungen sind von ihr nicht bekannt. Auch von den Marketing-Aktivitäten findet man im Internet keine Spur.
Sicher ist: Francesca Puglisi ist eine durchaus engagierte Frau, die auf eine beachtliche politische Karriere zurückblicken kann. Im November 2009 ernennt sie Pier Luigi Bersani zur nationalen Sprecherin im PD im Bereich Schule. Matteo Renzi erneuert diesen Auftrag und erweiterte ihre Bereiche auch noch in Richtung Universität und Forschung.
Francesca Puglisi sitzt als Bildungsbeauftragte seit fast zehn Jahren in der nationalen PD-Leitung. 2013 wird sie auf der PD-Liste in den Senat gewählt. 2016 ist sie für eine Weile ernsthaft als Bildungsministerin im Gespräch. 2017 wird sie im Senat zur Präsidentin der „Commissione parlamentare di inchiesta sul femminicidio, nonché su ogni forma di violenza di genere“ gewählt.
Frauenrechte und die Gewalt gegen Frauen, das ist  neben der Bildung das zweite große Thema, das Puglisi beschäftigt. Zu diesen Themen referiert und engagiert sich die ehemalige PD-Senatorin seit Jahren italienweit.
Francesca Puglisi kennt auch Südtirol. Immerhin ist sie (oder war sie - das ist nicht ganz klar) die Lebensgefährtin von Gianclaudio Bressa. Bressa hat zumindest eine Ferienwohnung samt Wohnsitz am Karerpass. Zudem nahm Puglisi mehrmals auch in Südtirol an PD-Veranstaltungen teil. Vor drei Jahren veranstalte der Südtiroler PD im Brixner Forum eine Tagung mit dem Titel „Südtirol: Die Schule im Mittelpunkt“. Bereits damals versammelten sich jene, die auch jetzt bei der Beauftragung ihre Finger im Spiel hatten. Die Einführung in Brixen übernahm Carlo Costa. Am Podium saßen Francesca Puglisi, Arno Kompatscher, Christian Tommasini und Gianclaudio Bressa.
Eine Art demokratisches Familientreffen.
 
Der angebliche öffentliche Wettbewerb war und ist eine Augenauswischerei. Die  Einsetzung von Francesca Puglisi ist eine Direktberufung in der besten Tradition der (partei)politischen Versorgungsposten-Verteilung.
 
Jene, die Francesca Puglisi diese Woche zur Landesangestellten (auf Zeit) mit Dienstsitz im Außenamt des Landes in Rom gemacht haben, berufen sich jetzt darauf, dass man einen öffentlichen Wettbewerb zur Besetzung der Stelle ausgeschrieben  habe. Und eben Puglisi diesen gewonnen habe. „Darf jemand, der in Politik war, danach nicht mehr in einem öffentlichen Amt arbeiten?“, ärgert sich Landeshauptmann Arno Kompatscher im Gespräch mit dem Verfasser über die Polemik.
Mit Verlaub: Es  ist die falsche Frage.
Denn der angebliche öffentliche Wettbewerb war und ist eine Augenauswischerei. Die  Einsetzung von Francesca Puglisi ist eine Direktberufung in der besten Tradition der (partei)politischen Versorgungspostenverteilung. Geplant am grünen Tisch und zugeschnitten auf eine Person.
Ein harter Vorwurf, der aber durch Fakten untermauert werden kann.
Denn Francesca Puglisi wollte noch vor wenigen Wochen Politikerin bleiben. Bei den Parlamentswahlen am 4. März 2018 tritt die „Sachverständige für Marketingfragen“ noch im Verhältniswahlkreis „Emilia Romagna 1“ des Senats für den PD an. Die damalige Regierungspartei schafft in diesem Wahlkreis zwar 26,92 Prozent und damit zwei Senatssitze, Puglisi ist aber auf den vierten Listenplatz gereiht und fällt durch. Damit ist die Ex-PD-Senatorin auf Arbeitssuche.
Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte das Projekt „Befristeter Sachverständigenauftrag“ (so lautet der offizielle Titel des Beschlusses) irgendwo zwischen Rom, Bologna und Bozen geboren sein. Das Timing jedenfalls ist perfekt.
 
Am 5. April 2018 werden die Führungskräfte des Landes angeschrieben, mit der Frage, ob es jemand in ihrem Bereich gebe, der an der Stelle interessiert sei. Dieser Schritt ist vom Landesgesetz her vorgeschrieben. Nur wenn sich kein interner Bewerber  meldet,  kann eine Landesstelle über ein Sonderverfahren von außen besetzt werden.
Zwei Wochen lang meldet sich niemand.
So geht man zur „öffentlichen Ausschreibung“ der Stelle über.
Weil man eine Person sucht, die ein Netzwerk in ganz Italien haben soll, wäre es eigentlich logisch, dass man für die Auswahl auch ein paar Stelleninserate in großen italienischen Tageszeitungen schaltet. Das wird aber nicht gemacht. Am 19. April 2018 veröffentlicht die Personalabteilung des Landes auf der Homepage eine Online-Bekanntmachung. In derselben Größe und Art, wie man eine Putzfrau oder einen Schuldiener sucht.
Ist das eine ernsthafte Suche nach einem Marketinggenie?
 
Die Personalabteilung des Landes veröffentlicht auf der Homepage eine Online-Bekanntmachung. In derselben Größe und Art, wie man eine Putzfrau oder einen Schuldiener sucht. Ist das eine ernsthafte Suche nach einem Marketinggenie?
 
Genau zehn Tage lang bleibt die Ausschreibung online. Es meldet sich neben Francesca Puglisi noch ein zweiter Kandidat. Beide werden für den 11. Mai 2017 zu einem Vorstellungsgespräch mit dem Leiter der Kommunikationsagentur Marco Papallardo und Chefredakteurin Johanna Wörndle geladen. Der zweite Kandidat, ein Trentiner Publizist, seit Jahren in der öffentlichen Verwaltung tätig und mit dem Zweisprachigkeitsnachweis A ausgestattet, kann an diesem Vormittag nicht. Er ist als Beobachter des Invalsi-Tests in den Schulen im Einsatz. Als er nachfragt, ob man das Gespräch verschieben kann, gibt man ihm den Termin 10. Mai. Es sind genau die beiden Tage für die Invalsi-Tests. Der Kandidat kann deshalb nicht hingehen und gibt auf.
18 Tage später ernennt die Landesregierung Francesca Puglisi zur Leiterin der nationalen Charmeoffensive. Wie immer öfter üblich, steht der Beschluss nicht auf der Tagesordnung, sondern wird während der Sitzung „fuori sacco“ eingebracht.
Weil der PD-Politikerin der Zweisprachigkeitsnachweis fehlt, muss zur Anstellung eine Sonderbestimmung angewandt werden, die es möglich macht, eine Beauftragung auch ohne Zweisprachigkeit durchzuführen.
Der Vertrag soll vorläufig nur bis zum Jahresende laufen. Francesca Puglisi wird rund 2.600 Euro Netto im Monat erhalten.
 
Francesca Puglisi hätte an dieser Ausschreibung nie teilnehmen dürfen. Das hätten ihr Landeshauptmann Arno Kompatscher und ihr Noch- oder Ex-Lebensgefährte Gianclaudio Bressa sagen müssen. Vor allem aber hätte ihr das der eigene Hausverstand sagen müssen.
Was hätten wir in dieser Situation tun sollen?“, fragt ein hoher SVP-Funktionär kopfschüttelnd.
Die Antwort darauf ist einfach. Francesca Puglisi hätte an dieser Ausschreibung nie teilnehmen dürfen. Das hätte ihr Landeshauptmann Arno Kompatscher sagen müssen. Oder ihr Ex-Lebensgefährte Gianclaudio Bressa. Und das hätte ihr der Südtiroler PD erklären müssen.
Vor allem aber hätte ihr das der eigene Hausverstand sagen müssen.
Francesca Puglisi mag ein Genie sein und vielleicht auch die beste Expertin, die man für diesen Job finden kann. Dennoch ist diese Ernennung die größte politische Dummheit, die man sich nur vorstellen kann.
Arno Kompatscher und die Landesregierung haben der Opposition damit wenige Monate vor den Landtagswahlen einen Elfmeter aufgelegt. Und sie haben der Politikverdrossenheit Nahrung und den Wutbürgern neue Argumente geliefert.
Diese Aktion macht auch deutlich, wie sehr diese Landesregierung einen Experten oder eine Expertin in Sachen Marketing nötig hat.
Aber nicht nur unterhalb von Salurn.
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Marcus A. Sab, 06/02/2018 - 21:08

Zufall, purer Zufall.

Immer diese Verschwörungstheorien! Neid muss man sich verdienen, Mitleid bekommt man geschenkt!

Was soll denn Herr Costa mit dieser ganzen Sache am Hut haben? Herr Costa ist ein Vorbild, ein Vorbild für uns alle.

Unvergessen sein selbstloses Handeln mit welchem er einen Raser im Dienste der Allgemeinheit auf der Autobahn stoppte!
Ich zitiere aus www. tageszeitung.it/2018/04/15/voellig-korrekt-gehandelt/

"Aufgrund der von diesem Fahrverhalten ausgehenden offensichtlich großen Gefahr für die körperliche Unversehrtheit der anderen Verkehrsteilnehmer sowie von Ing. Costa selbst und dank einer vorübergehenden Staubildung gelang es ihm, sich dem auf diese Weise fahrenden Fahrzeug – einem weißen 3er Touring BMW – seitlich zu nähern und mit einem Handzeichen dem Fahrer anzuzeigen, er solle auf der Notspur anhalten."

denn

[...] Costa sei nämlich – Zitat – „dafür zuständig, die Sicherheitsbedingungen für den Verkehr auf der gesamten Stecke der Brennerautobahn und für sämtliche Fahrzeuge zu gewährleisten“.[..]

Und wieder einmal wird ein selbstloser Politiker Opfer der Undankbarkeit des gemeines Volkes! Schlimmer noch, man unterstellt hier schlimme Sachen, wenn ein absolut fähige Person nach einem knallhartem Auswahlverfahren mit absolut neutralem Assessment-Center die ausgeschriebene Stelle erhält!

Undankbares Südtiroler Volk!

Kein Wunder, dass immer mehr Politiker frustriert sind!

Sab, 06/02/2018 - 21:08 Collegamento permanente
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Salto User
Sepp.Bacher Dom, 06/03/2018 - 07:04

Mich wundert, dass in dieser Angelegenheit nur die Art der Bestellung auf Kritik stößt. Ich würde schon einen Schritt früher ansetzen.
Kompatschers Hauptanliegen scheint zu sein, anstatt auf Missstände einzugehen und die Politik danach auszurichten, alles was auf Kritik stößt einfach schön zu reden und schön zu schreiben. Dazu hat er ja schon Pappalardo bestellt. Er hat dafür eine neue hochdotierte Stelle geschaffen. Wenn ich mich richtig erinnere, sollte bereits Pappalardos Aufgabe sein, das anscheinende schiefe Südtirolbild in Italien wieder gerade zu rücken. Aber das scheint jetzt auch nicht mehr zu genügen! Man braucht noch jemand für diese Aufgabe, die auch eine Menge Geld kostet. Diesbezüglich meine Fragen:
Bei allem wird gespart, aber dafür ist immer Geld genug da?
Ist Südtirol überhaupt nur mehr eine Marke, eine Destination, für die man viel Geld ausgeben kann? Ist Südtirol nicht viel mehr? Und ist es richtig, wenn man eigens Marketingfachleute und Journalisten mit der Aufgabe bestellt, die Meinung zu manipulieren und schön zu schreiben?

Dom, 06/03/2018 - 07:04 Collegamento permanente
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Salto User
Sepp.Bacher Dom, 06/03/2018 - 07:50

Fortsetzung von Oben:
Was kommt als nächster Schritt: Alle Journalisten, welche ein geschöntes Bild von Südtirol zeichnen, kriegen monatlich einen Gratis-Geschenkkorb mit Südtiroler Edel-Produkten zugestellt und einmal jährlich einen Gratis- Erlebnis-, Wellness- oder Ski-Urlaub in einem Hotel gehobener Klasse?
Und der nächste Schritt? Alle Journalisten, die kritisch berichten...??? ..da müssen wir uns erst etwas einfallen lassen; das Geld hätten wir ja, wir sparen ja bei den einfachen Leuten, aber die gesetzlichen Möglichkeiten müssen wir erst mit der neuen Regierung, der Autonomie-freundlichsten aller bisherigen, aushandeln. Möglich wäre eine Durchführungsbestimmung zu erlassen, die Strafen für Journalisten möglich macht, die kritisch über Südtirol und unseren Landeshauptmann berichten und dadurch unser Bild als beste, schönste, reichste, sympatischste, ...., Provinz beschmutzen.

Dom, 06/03/2018 - 07:50 Collegamento permanente