Politica | Kabinett Conte

Alle Augen ruhen auf Rom

Landeshauptmann Kompatscher reagiert verhalten auf die Gelb-Grüne Regierung. “5 Stelle und Lega haben das demokratische Recht, sich zu beweisen”, sagt Paul Köllensperger.
Giuseppe Conte
Foto: quirinale.it

In diesen Minuten wird im Quirinalspalast in Rom die neue italienische Regierung vereidigt. 18 Ministerinnen und Minister und einen Unterstaatssekretär stellt sich Ministerpräsident Giuseppe Conte zur Seite. 
“Ein gut geglückter Mix aus Technikern und Politikern”, kommentiert der Südtiroler 5-Sterne-Landtagsabgeordnete Paul Köllensperger. Auch Giuseppe Conte gefällt ihm: “Ich glaube, dass Conte sehr wohl eine scharfe Persönlichkeit besitzt und seine Rolle klar wahrnehmen wird – und nicht einzig eine Figur ist, die ein Regierungsprogramm auszuführen hat. Der Wille zu regieren ist da.” 

 

Erwartungen und Appelle

Doch zunächst: Wie reagiert das institutionelle Südtirol auf die Gelb-Grüne Regierungskoalition, die nach wochenlangem Tauziehen doch noch zustande gekommen ist – und der die SVP bisher skeptisch bis ablehnend begegnet ist? “In erster Linie begrüße ich es natürlich, dass die Phase der politischen und institutionellen Unsicherheit mit dieser Regierungsbildung gestern (Donnerstag, 31. Mai, Anm.d.Red.) zu Ende gegangen ist”, lässt Landeshauptmann Arno Kompatscher kurz vor Mittag ausrichten. “Italien hat jetzt eine Regierung, und der wünsche ich, dass sie es schafft, für stabile politische und wirtschaftliche Verhältnisse im Staat zu sorgen.” 

“Und ich erwarte mir, dass sie im europäischen Geist handelt”, fügt Kompatscher hinzu. Ein klares “Nein zu antieuropäischen Experimenten” war noch Mitte der Woche aus der SVP gekommen. Jetzt setzt der Landeshauptmann – zumindest was Südtirol betrifft – “auf einen offenen und konstruktiven Dialog über die Entwicklung der Autonomie”. “Ich erwarte mir”, so Kompatscher, “dass sich diese Regierung auch den Schutz der Minderheiten zum Ziel setzt”. Eine erste Möglichkeit zu Austausch und Zusammenarbeit zwischen dem Land und der neuen Regierung in Rom wird der Verkehrsgipfel zum Thema Brennerachse am 12. Juni sein, zu dem neben dem österreichischen und dem deutschen auch der neue italienische Verkehrsminister Danilo Toninelli (M5S) in Bozen erwartet wird.

Einen mehr oder weniger direkten Appell an die Regierung Conte richtet auch der Präsident des Unternehmerverbandes Federico Giudiceandrea. Gerade jetzt, da die USA Zollgebühren auf den Import von Stahl und Aluminium aus Europa verhängt haben, gelte es, die EU zu stützen, betont Giudiceandrea: “Wir müssen uns alle gemeinsam dafür einsetzen, das vereinte Europa zu stärken. In diesem Prozess kommt Italien, als Gründungsstaat der EU, eine tragende Rolle zu.”

 

Den Tag nicht vor dem Abend verdammen

“Kein Grund zur Freude, sondern zu scharfer Wachsamkeit” ist die erfolgreich abgeschlossene Regierungsbildung für Südtirols Grüne. “Mit der heutigen Angelobung beginnt eine neue Phase für Italien, aber auch für Südtirol”, schreiben sie in einer Aussendung. “Der absehbare Kurs der neuen, von Di Maio und Salvini geführten Mehrheit wird zwar von vielen Wählerinnen und Wählern getragen, ob die Regierung die Probleme Italiens auch nur im Ansatz lösen kann, steht auf einem anderen Blatt”. Es gelte nun, das definitive Regierungsprogramm abzuwarten, “allfällige Stärken anzuerkennen und die absehbaren Schwächen unnachsichtig zu kritisieren”, so die Grünen. “Wir hoffen auch, dass Italien aus Europa konkrete Vorschläge anstelle von erhobenen Zeigefingern erfährt, denn allzu lange wurde das Land allein gelassen, etwa in der Frage von Flucht und Migration.”

Mit dieser Hoffnung stehen die Grünen nicht alleine da. Nein, Europafeind sei er keiner – ebensowenig wie seine Bewegung, betont Paul Köllensperger. “Aber Italien muss mit Europa die notwendige Flexibilität aushandeln, um wieder in Schwung zu kommen, etwa mit einer expansiveren Fiskalpolitik. Wenn Italien zum Schuldner auf ewig verdammt wird, nimmt Europa in Kauf, sich über kurz oder lang den Rechten auszuliefern”, warnt der 5-Sterne-Landtagsabgeordnete. Europa stärken – das sei auch in seinem Sinne, “aber das bedeutet, endlich Lösungen für Italien zu finden, für die Wirtschaftskrise und in der Flüchtlingsfrage”.

Abgesehen davon solle man die Regierung jetzt erst einmal mit der Arbeit beginnen lassen, “Vorverurteilungen sind unangebracht”, sagt Köllensperger in einer erster Reaktion zu salto.bz. “Ich bin froh, dass es eine politische Mehrheit im Parlament gibt – und das sollte für alle gelten. 5 Sterne und Lega haben das demokratische Recht, sich zu beweisen. Wenn sie etwas zustande bringen, dann hat das ganze Land damit verdient. Wenn nicht, dann löst sich das Problem der ‘Populisten, die nichts imstande sind’, wie gerne gesagt wird, von alleine. Aber die Chancen, es besser zu machen als die vorherigen Regierungen sind zahlreich.”