Cronaca | Corona-Krise

“Die Stimmung ist relativ schwierig”

Für Südtirol gelten nun einige neue Vorgaben: Mund-Nasen-Schutz ist Pflicht, Eltern dürfen gemeinsam hinaus. Beschlüsse über Hilfsleistungen gibt es nach wie vor keine.
Arno Kompatscher
Foto: Screenshot/Youtube/Land Südtirol

Die einschränkenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus wurden italienweit bis zum 13. April verlängert. Nach dem Dekret von Ministerpräsident Giuseppe Conte hat Landeshauptmann Arno Kompatscher am Donnerstag Abend eine neue Dringlichkeitsverordnung unterzeichnet, mit der die staatlichen Vorgaben übernommen und teilweise präzisiert werden. Vier Anpassungen wurden für Südtirol gemacht.

 

“Bürgerpflicht” Mund-Nasen-Schutz

 

Obwohl sich Experten nicht einig sind, wie sinnvoll das allgemeine Tragen eines Mundschutzes ist, ist das Bedecken von Mund und Nase beim Verlassen der eigenen Wohnung nun in Südtirol Pflicht. “Das bietet keinen 100%-igen Schutz”, betont Landeshauptmann Kompatscher. “Aber so wird das Ansteckungsrisiko mittels Tröpfchenübertragung reduziert.” In der Verordnung heißt es wörtlich, dass Mund und Nase “mit geeigneten Schutzmitteln” bedeckt werden müssen. “Geeignet”, um das Übertragungsrisiko einzuschränken, sind laut Kompatscher nicht alleine übliche chirurgische Masken, sondern auch ein Schal, ein Schlauchtuch oder ein Halstuch. Es gilt also keine allgemeine Maskenpflicht, sondern die “Bürgerpflicht”, einen “Mundschutz in irgendeiner Form” zu tragen, so der Landeshauptmann wörtlich.

 

Handel

 

Alle Menschen, die derzeit in den Lebensmittelgeschäften, Metzgereien und Bäckereien arbeiten, müssen nun eine persönliche Schutzausrüstung tragen. Diese werde der Südtiroler Sanitätsbetrieb in den kommenden Tagen bereit stellen, kündigt Kompatscher an.

Zudem hat er angeordnet, dass in den Geschäften des Detailhandels neben Lebensmitteln und Gütern des Grundbedarfs auch Schreibwaren und Artikel des täglichen Gebrauchs mit verkauft werden, sofern sie im Sortiment des Geschäfts (die Rede ist vor allem von kleinen Gemischtwarenhändlern, die der Nahversorgung dienen) vorhanden sind. In den vergangenen Tagen hatte die Finanzpolizei bei Kontrollen mehrere Strafen verhängt, weil das staatliche Dekret keine spezifischen Vorgaben enthält, ob andere Produkte als Lebensmittel verkauft werden dürfen. Für Südtirol ist das nun geregelt.

 

Firmenbesitzer zur Arbeit

 

Für Firmenbesitzer ist es möglich, in ihrem Betrieb zu arbeiten. Auch Familienmitglieder des Betriebsinhabers dürfen in der Firma mitarbeiten, sofern sie mit diesem in einem Haushalt leben. “Persönliche Kontakt zu Kunden oder Lieferanten sind jedoch nicht erlaubt”, stellt Kompatscher klar. “Außerdem muss für die eventuelle Hinfahrt bzw. für die Rückfahrt von der Betriebsstätte die Eigenerklärung mitgeführt werden.” (hier zum Download in deutscher oder italienischer Sprache)

 

Beide Eltern und Sport

 

Anders als im Dekret von Premier Conte festgelegt, dürfen in Südtirol beide Eltern mit ihren Kindern für einen kurzen Spaziergang das Haus verlassen. Allerdings dürfen sie sich weiterhin nicht mit anderen Familien treffen. Grundsätzlich gilt, so der Landeshauptmann: “Wer gemeinsam ständig in einem Haushalt lebt, darf gemeinsam hinaus. Die Nähe zu anderen Personen, mit denen man nicht unter einem Dach lebt, ist zu vermeiden.”

Bewegung und Sport sind – in einem Abstand von drei Metern von anderen Personen – erlaubt. Kompatscher erinnert: “Bei allen Bewegungen gilt nach wie vor: Man darf nur in der Nähe des eigenen Zuhauses unterwegs sein. Eine Vorgabe des Abstands in Metern von der eigenen Wohnung ist in der Dringlichkeitsmaßnahme nicht enthalten. Gemeinden können allerdings eine Vorgabe dazu machen. Spiel- und Freizeitaktivitäten sind weiterhin nicht erlaubt. Parks und Spielplätze bleiben geschlossen. Auf Bänken im Freien darf man sich nicht hinsetzen. Die Ordnungskräfte werden weiterhin kontrollieren, wobei das Hauptaugenmerk bei der Einhaltung der Regeln auf dem Schutz der Gesundheit liegt.”

 

Wann kommt das Geld?

 

Auf Nachfrage der Journalisten, wann die zugesagten wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen umgesetzt werden, gestand Kompatscher bei der virtuellen Medienkonferenz am Donnerstag, dass es noch keinen Beschluss der Landesregierung gebe. Anders als angekündigt hat am Donnerstag keine außerordentliche Sitzung der Landesregierung stattgefunden. Man sei noch dabei die letzten Details zu klären und zusammenzutragen. “Spätestens am Dienstag” soll ein erster Beschluss vorliegen, mit dem die Hilfen für Unternehmen, Familien und Bürger anlaufen.

Die Kapitalbeiträge für Unternehmen und Familien, die Bankgarantien des Landes und die Umbuchungen im Landeshaushalt wird die Landesregierung im Dringlichkeitsverfahren mittels Beschluss regeln. Diese werden anschließend vom Landtag ratifiziert. Darauf hat sich der Landeshauptmann am Donnerstag erneut mit den Fraktionssprechern verständigt. “Ich bin dankbar, dass sie diesem unkonventionellen Vorgehen einhellig zugestimmt haben”, sagt Kompatscher. In den kommenden drei Wochen wird allerdings keine Landtagssitzung stattfinden. Außerdem ist immer noch nicht klar, in welcher Form sie abgehalten wird: normal oder digital? Es könnte darauf hinaus laufen, dass es eine physische Sitzung gibt – unter Einhaltung sämtlicher Sicherheitsvorschriften –, bei der Landtagsabgeordnete, die sich nicht nach Bozen begeben wollen per Video zugeschaltet werden.

 

Das große Hilfspaket, das die Landesregierung geschnürt hat, wird hingegen den ordentlichen Gesetzesweg durch den Landtag nehmen und im Mai dort behandelt werden. “Ich hoffe, die Landtagssitzung im Mai im Plenarsaal stattfinden kann – natürlich mit Schutzmaßnahmen für Abgeordnete und Personal”, sagt Landtagspräsident Sepp Noggler.

 

Landeshauptmann Arno Kompatscher schloss die Medienkonferenz am Donnerstag mit einem persönlichen Kommentar: “Ich, aber auch andere, haben beobachtet, dass die Stimmung im Land inzwischen relativ schwierig geworden ist. Immerhin leben wir nun schon seit langer Zeit mit großen Einschränkungen. Da ist es klar, dass mitunter die Nerven blank liegen. Die Appelle zum Zusammen- und Durchhalten kann man vielfach nicht mehr hören. Trotzdem: Wir müssen weiter schauen, das Beste aus der Situation zu machen. Die Zahlen lassen uns glauben, dass die Maßnahmen deutliche Wirkung zeigen und wir auf dem richtigen Weg sind.” Nach Ostern, so die Hoffnung, könne der “schrittweise Übergang” zur Wiederaufnahme des wirtschaftlichen und dann auch sozialen Lebens beginnen.