Economia | Offener Brief

„Völlig unrealistische Erwartungen“

Der Signater Bauer Hanno Mayr über die politische Agitation des Bauernbundes in Sachen Wolf und seinen Ärger über diese Gangart.
Wolf
Foto: Pixabay
Das Schreiben ging am Montag an den Obmann des Südtiroler Bauernbundes Leo Tiefenthaler, an SBB-Direktor Siegfried Rinner, an Landesrat Arnold Schuler und an Amtsdirektor Luigi Spagnolli.
Die Mail mit dem Betreff „Rückmeldung eines SBB-Mitglieds zum Thema wolfsfreies Südtirol“ kommt vom Signater Bauern Hanno Mayr. Mayr, der für die Südtiroler Grünen auch im Rittner Gemeinderat sitzt, beginnt sein Schreiben mit einem durchaus versöhnlichen „lieber Leo“, um dann aber Klartext zu schreiben.
 
Heute hat mich der unten angehängte Aufruf zur Teilnahme an einer Anti-Wolf-Demo in Sterzing erreicht. Warum ich mich darüber geärgert habe, möchte ich im Folgenden kurz darlegen.
Anders als zum Beispiel in Österreich, wo die Landwirtschaftskammer für den Service und der Bauernbund für Parteipolitik zuständig ist, wickelt der Südtiroler Bauernbund beide Arbeitsbereiche unter einem Dach ab. Das geht meistens gut und schafft sicher auch viele Synergien und Einsparungspotential. Manchmal geht die Vermischung aber auch deutlich in die Hose. Im vorliegenden Fall nutzt der SBB ein reines Serviceportal für die die Verwaltung von Rechnungen und Löhnen, Arbeitssicherheit und Weiterbildung zur politischen Agitation gegen den Wolf. Dass der Servicezugang zu den Mitgliedern für Politik missbraucht wird, ist also Absicht.
Im vorliegenden Fall nutzt der SBB ein reines Serviceportal für die die Verwaltung von Rechnungen und Löhnen, Arbeitssicherheit und Weiterbildung zur politischen Agitation gegen den Wolf.
Sie haben als Vertreter des größten und vor allem für den ländlichen Raum wichtigsten Verbandes eine große Verantwortung für alle ihre Mitglieder, aber auch darüber hinaus. Daher ist Ihr Aufruf zum wolfsfreien Südtirol auch inhaltlich problematisch weil völlig unrealistische Erwartungen geweckt werden. Weder naturschutzrechtlich und schon gar nicht praktisch wird ein wolfsfreies Südtirol jemals machbar sein. Und das wissen Sie.
Immerhin freut mich, dass bereits im Untertitel realistischere Ziele ausgegeben werden: "STOPP der unkontrollierten Ausbreitung..." Eine kontrollierte Ausbreitung des Wolfes wäre für Sie also akzeptabel. Ich bitte hier darum, in Ihren Botschaften etwas mehr Klarheit zu schaffen.
Zur Klarheit beitragen könnte auch eine Statistik zu den bisherigen Wolfsrissen mit entsprechenden Schadenssummen. Natürlich müssten vom Wertverlust für die Viehhalter-innen, die Entschädigungszahlungen des Landes abgezogen werden. Das Amt für Jagd und Fischerei hilft Ihnen hier sicher weiter. Eine solche Statistik wäre hilfreich, um die Ängste der Weidevieh haltenden Bäuerinnen und Bauern ein klein wenig mit Fakten aufzufangen.
Wahrscheinlich würde auch die wirtschaftliche Relevanz des Themas Wolf besser einschätzbar. Vor allem im Vergleich zu den leider vielen anderen Herausforderungen der Südtiroler Landwirtschaft
Das hätte dem SBB viele tausende Euro an sinnloser Imagewerbung gespart und von Wolfsschäden Betroffenen wirklich geholfen.
Wenn Sie schließlich Ihren dritten Titel zumindest halbwegs ernst nehmen würden, hätten Sie schon längst zahlreiche Lehrfahrten für Bergbäuerinnen und Bergbauern z.B. in die Schweiz, Tagungen zum praktischen Umgang mit dem Wolf auf den alpinen Weiden, Fortbildungen für Hirtinnen und Hirten, Sennerinnen und Senner und alle Halter-innen von Weidevieh organisiert. Sie hätten unter Nutzung europäischer Gelder diese Veranstaltungen annähernd kostenlos für Betroffene Bergbäuerinnen und Bergbauern und mit viel medialem Rückenwind auf die Beine gestellt. Sie hätten Programme gestartet, das Hirtenwesen neu zu beleben und hätten so viel positive Aufmerksamkeit für die Berglandwirtschaft geweckt.

Das hätte dem SBB viele tausende Euro an sinnloser Imagewerbung gespart und von Wolfsschäden Betroffenen wirklich geholfen.

Mit freundlichen Grüßen,
Hanno Mayr
 
Man darf gespannt sein, ob und wie der Bauernbund antworten wird.