„Das Rote Boot"
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Zur Person
Alexander Zöggeler ist Architekt und seit 2018 Präsident des Südtiroler Künstlerbundes. Seit 2004 ist er Redaktionsmitglied der Architekturzeitschrift „turrisbabel“.
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SALTO: Wie planen Sie, die gesammelten Spenden konkret für die Unterstützung von Frauen in Not einzusetzen?
Alexander Zöggeler: Wir haben eigens ein Spendenkonto eingerichtet, damit jeder Beitrag transparent und nachvollziehbar bleibt. Ein Teil der Spenden wurde bereits einer Frau zur Verfügung gestellt, die Opfer von Gewalt geworden ist. Sie wurde von Anfang an über das Projekt informiert, und die Entscheidung, ihr Unterstützung zukommen zu lassen, wurde gemeinsam von allen beteiligten Organisationen getroffen. Auch künftig möchten wir jeden weiteren Betrag direkt und unbürokratisch Betroffenen zugutekommen lassen – dort, wo Hilfe sofort benötigt wird.
Das ProjektDie soziale Kunstaktion „Das Rote Boot", eine Initiative des Vereins Erlebnis Pragser Wildsee und des Südtiroler Künstlerbunds, hat beeindruckende 25.000 Euro an Spenden gesammelt. Das Projekt setzt mit künstlerischen Mitteln ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen und für weibliche Selbstbestimmung.
Seit einem Jahr tourt das leuchtend rote Boot durch Südtirol – als Symbol für Hoffnung, Solidarität und gesellschaftliche Verantwortung. Entstanden in der idyllischen Kulisse des Pragser Wildsees, transportiert es eine klare Botschaft: Gewalt an Frauen darf nicht im Verborgenen bleiben. Die Ausstellung vereint 18 Künstlerinnen und Künstler, die mit ihren Arbeiten das Boot in einen Ort der Reflexion verwandeln.
Welche Organisationen oder Initiativen werden dabei unterstützt?
Interessanterweise ist das Projekt zu einem Selbstläufer geworden. Ursprünglich hatten wir lediglich eine einmalige Aktion geplant: eine Ausstellung in Bozen rund um den 25. November, den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Zwei Dinge haben uns überzeugt, weiterzumachen. Erstens die hohe Qualität der eingereichten Kunstprojekte. Deshalb haben wir beschlossen, nicht nur das Siegerprojekt von Indra Moroder umzusetzen, sondern auch die anderen 17 künstlerischen Ideen zu visualisieren.
Die Präsentation am 25. November 2024 hat gezeigt, wie stark das Bedürfnis ist, Verantwortung zu übernehmen.
Zweitens die große Resonanz des Publikums. Die Präsentation am 25. November 2024 hat gezeigt, wie stark das Bedürfnis ist, Verantwortung zu übernehmen, hinzusehen und Betroffenen eine Stimme zu geben. Unterstützt wird das Projekt von den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern, indem sie uns ihre Ideen zur Verfügung stellen, vom Initiatorenverein Erlebnis Pragser Wildsee, der auch die logistische Abwicklung, wie den Transport des Bootes von A nach B übernimmt. Mit dabei ist auch das Amt für Chancengleichheit. Besonders lebt die Kunstinitiative von den Unternehmen und Institutionen, die das Projekt übernommen haben und in ihrem Umfeld wieder andere Menschen erreichen sowie von zahlreichen Einzelpersonen, die das Anliegen weitertragen. Von Anfang an mit im Boot ist die Stiftung Südtiroler Sparkasse. Dieses Zusammenspiel macht „Das Rote Boot“ zu einem Gemeinschaftsprojekt mit Wirkung.
Wie sehen Sie die Rolle von Kunst und Kultur bei der Bekämpfung von Gewalt an Frauen, und wie kann „Das Rote Boot“ langfristig wirken?
Leider löst Kunst allein das Problem nicht. Aber sie kann etwas Entscheidendes tun: der Ohnmacht etwas entgegensetzen. Unser Ziel ist es, unermüdlich Menschen immer wieder auf das Thema aufmerksam zu machen – nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern über Bilder, Geschichten und Emotionen.
Die Menschen schauen genauer hin, fangen an darüber zu sprechen, erzählen ihre eigenen Erfahrungen.
Jedes Kunstwerk erzählt eine andere Geschichte von Verletzlichkeit, Stärke, Angst und Mut. Diese diversen Zugänge verstärken die Wirkung, werden zum Echo: Die Menschen schauen genauer hin, fangen an darüber zu sprechen, erzählen ihre eigenen Erfahrungen. Viele Besucherinnen und Besucher haben uns berichtet, dass sie berührt und aufgewühlt aus der Ausstellung gegangen sind. Wenn durch Kunst Bewusstsein geschaffen und Empathie auslöst wird, ist das bereits ein Schritt in die richtige Richtung. „Das Rote Boot“ bleibt sichtbar – und Sichtbarkeit ist der Anfang.
Hier geht "Das Rote Boot" vor AnkerNach Stationen im SKB ARTES, im Bildungshaus Neustift, bei LanaLive, in der Südtiroler Sparkasse am Waltherplatz, beim Thrive Festival Bruneck wird „Das Rote Boot“ im November 2025 auf der Messe Bozen vom 6. bis 9. November sowie während der Agrialp vom 20. bis 23. November 2025 gezeigt. Am 21. November findet im FotoForum mit der Künstlerin Indra Moroder ein Dialogabend mit Filmvorführung statt. Am 25. November 2025, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, wird die Installation auf dem Landhausplatz in Bozen präsentiert.
Was war die Inspiration hinter dem Projekt „Das Rote Boot“?
Die Idee stammt ursprünglich nicht von uns, sondern von den Bäuerinnen von Prags. Sie haben im Herbst 2023 das knallrote Boot vor der Kulisse des Pragser Wildsees fotografiert. Dieses Bild war unglaublich stark und hat medial große Kreise gezogen und sich bereits in das kollektive Bewusstsein eingebrannt, viele haben sich ein Jahr später an das Motiv erinnert. 2024 haben wir dieses Sujet aufgegriffen und einen Kunstwettbewerb ausgeschrieben. Besonders berührt hat uns, wie vielseitig die Künstlerinnen und Künstler das Thema gegen Gewalt an Frauen interpretiert haben – mit Symbolik, poetischer Kraft, mit Wut und Engagement. Das rote Boot steht heute als Bild für viele Frauen, es ist zu einem Sinnbild geworden: für Menschlichkeit und Mut. Es erreicht Menschen ohne Worte – radikal und unmittelbar und ist doch zugänglich.
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