Zum Wohl der Biene
Am Ende wirkt Engelbert Pohl erleichtert. “Ich bin froh, dass jetzt endlich Klarheiten geschaffen wurden”, sagt der Obmann des Südtiroler Imkerbunds. Knapp eine Stunde dauerte die Pressekonferenz, bei der am Montag (6. Februar) Nachmittag die Ergebnisse der APISTOX-Studie präsentiert wurden. Drei Jahre lang haben Wissenschaftler der Laimburg 13 Bienen-Standorte beobachtet, 9 davon im Burggrafenamt, 4 im Bezirk Überetsch/Unterland. Die Frage, die die Laimburg beantwortet haben wollte, war: Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Obstbau und dem Auftreten von Anomalien an Bienenvölken um und während der Bienenwanderung, die zeitlich mit der Apfelblüte zusammenfällt? Die Antwort lautet: Ja.
Mehr tote Bienen
Damit ist der Verdacht, der Imkern im Meraner Raum schon vor Jahren gekommen ist, bestätigt. “Wir haben einerseits eine erhöhte Sterblichkeitsrate zu Momenten mit vermehrtem Einsatz von bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln beobachtet und andererseits festgestellt, dass die Volksentwicklung zum Teil hinter den Erwartungen zurückbleibt”, berichtet Manfred Wolf, Projektleiter von APISTOX an der Laimburg. Unterschiede bei den Bienenvölkern im Burggrafenamt, wo massiver gespritzt wird, und im Überetsch/Unterland gibt es keine. Das Problem sei vielmehr, dass die Bienen auch in der Nachblüte zwischen Ende Mai und Anfang Juni die Obstanlagen aufsuchen. “Sie fliegen dann vor allem in den Unterwuchs, weil zwischen der Apfel- und der Kastanienblüte das Nahrungsangebot zu gering ist”, erklärt Wolf. Da aber nach der Blüte auch das Spritzverbot für die Obstbauern aufgehoben wird und der Zeitraum, in dem sie Pflanzenschutzmittel ausbringen dürfen, relativ knapp bemessen ist, “kommt es zu massiven Behandlungen in kurzer Zeit auf großen Flächen – und für die Bienen ist es unmöglich, unbehandelte Flächen zu finden. Es ist daher praktisch unvermeidbar, dass mehr Bienen sterben”, so Wolf.
Beziffern kann der Wissenschaftler die Verluste nicht: “Man kann davon ausgehen, dass 1.000 bis 1.500 Bienen am Tag eines natürlichen Todes sterben – weil ihre Lebensdauer nach rund einem Monat endet. Das passiert im Normalfall außerhalb des Bienenstocks. Sobald im Stock selbst eine Sterblichkeit nachgewiesen wird – wie bei APISTOX der Fall –, heißt das, dass das natürliche Gleichgewicht gestört ist. Da aber im Stock nur ein Teil der Bienen aufgefunden wurde, die mit den für sie gefährlichen Spritzmitteln in Kontakt gekommen waren, ist es schwierig, die Verluste abzuschätzen. Unsere Schätzungen haben jedoch gezeigt, dass die Völker zwar allesamt gewachsen sind, sich aber nicht so entwickelt haben, wie es zu erwarten gewesen wäre. So gab es zum Beispiel viel Brut, aber verhältnismäßig weniger Bienen.” Soweit die Ausführungen des Wissenschaftlers. Dass auch Rückstände von Pflanzenschutzmitteln sowohl auf den Tieren als auch auf Pollen, die der Brut als Nahrung dienen, gefunden wurde – wie von salto.bz vorab berichtet –, bestätigt Wolf. “Über die Auswirkungen kann man allerdings noch nichts sagen. Das war auch nicht Gegenstand der APISTOX-Studie.” Auf die Frage, wie es den Bienen denn nun gesundheitlich gehe, antwortet er: “Es könnte ihnen besser gehen.”
Nach der Diagnose die (alternative) Therapie
Für die Aufzählung der konkreten Maßnahmen, die nach den jüngsten Erkenntnissen nun ergriffen werden, um die Gesundheit der Bienen zu schützen, waren auf der Pressekonferenz Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler und Harald Weis von der Arbeitsgruppe für Integrierten Obstanbau (AGRIOS) zuständig. Dass es nur ein Miteinander zwischen Imkern und Obstbauern geben kann, wurde am Montag Nachmittag gleich mehrmals betont, sowohl vonseiten der Politik als auch vom Obmann des Südtiroler Apfelkonsortiums: “Wir sind aufeinander angewiesen und absolut daran interessiert, Probleme konfliktfrei und im Interesse aller zu lösen”, so Georg Kössler. Bei AGRIOS setzt man allen voran auf Information und Weiterbildung der Obstbauern. “Gut ausgebildete Bauern sind die Voraussetzung, damit die Biene so gut es geht geschützt wird”, meinte AGRIOS-Obmann Weis. Doch das alleine reicht nicht. So soll etwa die Ausbringungstechnik von Pflanzenschutzmitteln weiter verbessert werden und alternative Methoden wie etwa jene der Verwirrung zum Einsatz kommen. Die beiden wichtigsten Maßnahmen, auf die man nach den Erkenntnissen aus APISTOX umgehend geeinigt hat, betreffen hingegen die Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln und eine andere Art der Bodenpflege.
So wird etwa Chlorpyrifos-ethyl ab dem heurigen Jahr südtirolweit verboten sein. Der Wirkstoff ist als bienengefährlich eingestuft und steht unter Verdacht, für massives Bienensterben verantwortlich zu sein. “Es ist ein großer Schritt, dass auf dieses für die Landwirtschaft doch bedeutende Mittel verzichtet wird”, sagte Landesrat Schuler gestern. Darüber hinaus will man verstärkt nach Alternativen zu bienengefährlichen Insektiziden suchen. Denn derer sind noch mehrere in Südtirol im Einsatz. Wie zum Beispiel jene, die Neonikotinoide enthalten – Wirkstoffe, die weltweit unter großer Kritik stehen. “Allerdings wegen ihres unkontrollierten Einsatzes auf Flächenkulturen wie Getreide oder Mais”, präzisiert Andreas Platzer, Fachberater für Bienenzucht im Imkerbund. Neonikotinoide sind in den Flächenkulturen mittlerweile EU-weit verboten, in Südtirols Raumkulturen mit ihren Obstbäumen sei aber vielmehr Chlorpyrifos-ethyl das Hauptproblem, so Platzer. “Trotzdem gibt es die Tendenz, auch Neonikotinoide zu ersetzen”, fügt er hinzu. Das Problem ist laut AGRIOS-Obmann Weis, dass noch kein gleichwertiger, für Bienen weniger bedenklicher Ersatz gefunden worden sei.
Ebenso aus aus dem AGRIOS-Programm gestrichen wurde neben Chlorpyrifos-ethyl das alternierende Mulchen als Methode der Bodenpflege im Obstanbau. Der blühende Unterwuchs, der die Bienen auch nach der Blüte in die Apfelanlagen lockt, soll von den Bauern zur Gänze entfernt werden. Und gleichzeitig Ausweichmöglichkeiten geschaffen, wo sich Bienen ihre Nahrung in der kargen Zeit zwischen den großen Blüten holen können. Als zusätzliche Maßnahme spricht Arnold Schuler auch ein konsequentes Ausbringen von Spritzmitteln in Zeiträumen, in denen die Bienen nicht fliegen – wie etwa in den Nacht- oder Morgenstunden – an.
Prognose: Es tut sich etwas
“Man sieht, dass der Wille da ist, an der Situation etwas zu ändern”, lautet das Fazit von Imkerbund-Obmann Pohl nach der Pressekonferenz. Sein Wunsch sei es nun, “dass die Erkenntnisse und Maßnahmen, die aus APISTOX folgen, von den Vertretern der Landwirtschaft an die einzelnen Bauern weitergegeben werden – dafür ist nicht der Imkerbund zuständig”. Der “offene Dialog”, der von allen Seiten gelobt wurde, soll auch in Zukunft weitergeführt werden. Dazu wurde bereits Ende Jänner eine technische Arbeitsgruppe zum Schutz der Bienen und zur gemeinsamen Lösungsfindung eingerichtet, an dem Vertreter des Amtes für Landwirtschaft, der Obst- und Weinwirtschaft ebenso sitzen wie ihre Beratungsringe, der Bauernbund, die Laimburg, und die Imker – unterstützt vom Julius-Kühn-Institut, das den Imkerbund fachlich begleitet. An der Laimburg selbst will man sich auf den Ergebnissen von APISTOX nicht ausruhen. “Wir haben eine Vielzahl von Beobachtungen entlang des Weges gemacht, die wir nun vertiefen wollen”, kündigt der Leiter des Versuchszentrums Michael Oberhuber an, “und mit unserer Arbeit fortfahren, um die wissenschaftliche Basis für Entscheidungen liefern”. Ein erster wichtiger Schritt ist mit APISTOX bereits getan.
Gibt es die Studie als pdf?
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In risposta a Gibt es die Studie als pdf? di Ludwig Thoma
Das werde ich in Erfahrung
Das werde ich in Erfahrung bringen.
In risposta a Gibt es die Studie als pdf? di Ludwig Thoma
Die Veröffentlichung ist
Die Veröffentlichung der Studie ist "etwa für Anfang März" geplant, hat man mir aus der Laimburg mitgeteilt.
Wir von Bioland Südtirol
Wir von Bioland Südtirol verfolgen und beobachten die Debatte um Bienenflug-Artenschutz-Obstwirtschaft sehr genau. An dieser Stelle sei folgendes angemerkt, besonders was den Vorschlag betrifft, den blühenden Unterwuchs zur Gänze zu entfernen:
Der Bioland Obstbau steht nicht für leergeräumte Fahrgassen. Das kann nicht der Sinn einer die biologische Vielfalt fördernden Landwirtschaft sein. Auf über 1.400 ha biologischen Obstbaus in Südtirol setzen wir uns seit Jahren für den Bestand von Nützlingen, Wildbienen und die Honigbiene ein, durch Einsaaten blühender Pflanzen in den Fahrgassen, Untersaaten im Pflanzstreifen und der Pflanzung von Hecken, in Zukunft noch verstärkt durch das Projekt "Ökologie-Naturschutz und Artenvielfalt". Es kann nicht angehen, unsere Obstwiesen blüten- und unterwuchsfrei zu halten bzw. die Bodenpflege so zu betreiben, dass die Bienen fernbleiben.
Als Neo-Imkerin habe ich mir
Als Neo-Imkerin habe ich mir am Montag Nachmittag die Zeit genommen, die Pressekonferenz zur Vorstellung der APISTOX-Studie zu besuchen - denn solche Veranstaltungen sind allen Interessierten zugänglich.
Punkt 14 Uhr war ich im vollen Pressesaal des Landes. Ich habe die rund 60 Minuten dauernde Veranstaltung aufmerksam verfolgt. Es wurden Daten geliefert, Bilder gezeigt, Landkarten und Zahlen eingeblendet und von jedem Redner kam ein Kommentar. Wie ein roter Faden zog sich durch die Statements aller Redner die Wichtigkeit der nun endlich wissenschaftlich erfassten Dynamiken, die Freude über diese enge Zusammenarbeit zwischen den, an der Studie beteiligten Institutionen und der Stolz über die, durch die Studienergebnisse getroffenen Maßnahmen. Doch es war mehr als augenscheinlich, dass so mancher Redner von einem enormen Unbehagen und großer Verunsicherung geplagt war. Es wurde sehr oft nach Worten gerungen, es wurde höchst sorgfältig jedes Wort gewählt, es wurde auch hilflos herumgestottert. Es fiel auf, dass vor Beginn mancher Antworten nervöse Blicke unter den Rednern ausgetauscht wurden. Ich erlebte diese Stunde als sehr eigenartiges Schauspiel, wo die Diskrepanz zwischen dem Gesprochenen und der Mimik/Gestik/Körperhaltung der Sprechenden deutlich sichtbar war. Warum genau so viel Unbehagen, Verunsicherung vorhanden war, kann ich nur vermuten....
Wer möchte, kann sich das Gruppenfoto der gesammelten Riege der Redner beim Abschluss der PK oben im Artikel von L.M. Gasser von Salto genauer ansehen. Welche Körperhaltungen sehen sie ? Ich sehe markant hochgezogene Schultern, besorgt versunkenes Grübeln, vor dem Körper verschränkte Arme.... Eine Interpretation ist jedem überlassen....
Zum Wohl der Biene soll nun
Zum Wohl der Biene soll nun des nachts gespritzt werden.
Was bedeutet das für Nachtfalter und Fledermaus?
Im Grunde bedarf es keiner einzigen weiteren Studie um heute wissen zu können, wer herkömmlich spritzt, der tötet.
So wie "bio" tatsächlich eine Alternative darstellt,
so ist "konventionell" die weitreichende persönliche Entscheidung aus wirtschaftlichen Gründen zu töten.