Cultura | Bibliophile Fragen

„Hallo, ist da unten jemand?“

Markus Pfeifer hat vor kurzem das Buch "Springweg brennt" veröffentlicht. Und er hat "die immer gleichen Fragen" von SALTO beantwortet.
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Foto: Privat
  • SALTO: Welches Buch hat Sie in Ihrer Kindheit nachhaltiger geprägt, als Sie damals je geglaubt hätten?

    Markus Pfeifer: Vermutlich Michael Ende’s Unendliche Geschichte und Die drei ???.  Fantasy und Unheil. Das erweckte meine Vorstellungskraft. 

    Welcher letzte Satz eines Romans ist und bleibt für Sie ganz großes Kopfkino?

    Nicht der letzte Satz, aber ein häufiger Satz in Buch und Film: „Hallo, ist da unten jemand?“. Wenn jemand oben an der Treppe steht und diesen Satz in den Keller hinab ruft, bedeutet das meist nichts Gutes. Metaphorisch auch ein Ruf ins Unterbewusstsein. I love it. Da kann sich alles öffnen.
     

    Nach dem Lokalkrimi weißt du alles über sie. Scheint mir nachhaltiger, als sie zu entführen.

  • Kurzbio: Geboren 1975 in den Dolomiten. Aufgewachsen ebenda. Immer gut zu Kühen gewesen. Punkrock, Milano, Zürich, Wien. Lange Jahre in den Niederlanden gelebt, Brecheisen gestemmt. Später Madrid. Dann in Hamburg Deutscher geworden. Jetzt in Berlin. So ist das. Foto: Privat

    Reimen ist doof, Schleimen ist noch doofer… Auf welches – anscheinend gute – Buch konnten Sie sich nie wirklich einen Reim machen?

    Ganz allgemein tue ich mich schwer, Begeisterung für dicke, schwere Bücher von Männern aufzubringen. Schwer verständliche Bücher, die wiederum von anderen Männern als Meisterwerke bezeichnet werden. Mir erschleicht sich das Gefühl einer Kakophonie beizuwohnen. Ich meine: wie viele Menschen haben Ulysses gelesen und ernsthaft verstanden. Abgesehen davon, dass es ohne detailliertes Wissen über die zeitgenössischen Debatten des Irlands im 19. Jahrhundert nicht versteht, sagte James Joyce über das Buch, dass er so viele Rätsel in dem Text versteckt hätte, dass sich Professoren noch in hundert Jahren darüber streiten werden, was er damit gemeint habe. Rätsel. Seriously? 

    Ein Fall für Commissario Vernatschio. Wie erklären Sie einem Außerirdischen die geheimnisvolle Banalität von Lokalkrimis?

    Liebes Alien, wenn du etwas über die Leute erfahren willst, lese deren Lokalkrimis. Nach dem Lokalkrimi weißt du alles über sie. Scheint mir nachhaltiger, als sie zu entführen.

  • Das Buch vom Life-Blogger: Utrecht in den 90er-Jahren: Eine Hausbesetzergang knackt ein uraltes, bezauberndes Altstadthaus. Drinnen spukt es, manchmal brechen unerklärliche Brände aus. Außen ist die Besetzung ständig von Räumkommandos bedroht. Und völlig unerwartet wird Springweg 23 zu einem Symbolkampf der alternativen Szene. Markus Pfeifer erzählt diese autobiografische Geschichte mit Wärme und Gelassenheit. Foto: edition schelf

    Gewichtig! Welchen Buch-Tipps schenken Sie noch uneingeschränkt Vertrauen?

    Miriam Zeh vom Deutschlandfunk. Die hat einen tollen Pony und ein gutes Gespür für die Gegenwart.

    Was für ein Fehlschlag! Welches Buch würden Sie auf einer einsamen Insel zurücklassen?

    Moby Dick. Drei Mal versucht, drei Mal beiseite gelegt. Ich würde es aber gerne mögen wollen.

    Das Rauschen des Blätterns. Welches Buch würden Sie auf keinen Fall am E-Book-Reader lesen?

    Ich bin da nicht dogmatisch. Wenn ein Buch zu dick ist, ziehe ich es als E-book vor, weil es mir sonst ins Gesicht fällt, wenn ich einschlafe. Umgekehrt habe ich keine Präferenzen.

    Welches Buch zu Südtirol oder eines/einer Autors/Autorin aus Südtirol würden Sie unbedingt weiterempfehlen?

    Geografisch bedingt bin ich in der zeitgenössischen, Südtiroler Literatur leider nicht sehr bewandert. Sollte ich wirklich mal nachholen. Sonst: Was macht eigentlich Kurt Lanthaler? Aber neben (natürlich) NC Kaser vor allem Anita Pichler, eine Pionierin der Südtiroler Literatur. Leider zu jung gestorben und deswegen auch nur mit einem schmalen Nachlass. 

  • Mehr von Markus Pfeifer findet sich auf seinem Blog mequito