Frag Schettino!
Als Land der unbegrenzten Möglichkeiten macht Italien den USA schon lange Konkurrenz. Nur hier ist es möglich, dass ein Mann nach Sexeskapaden, Nazi-Vergleichen im EU-Parlament, Steuerhinterziehung und Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs immer noch Politik machen kann. Nur hier ist es möglich, dass es in Senat und Parlament beinahe zu Schlägereien kommt und man sich gleichzeitig als zivilisiertes Land beschreibt. Und nur hier scheint es möglich zu sein, dass ein Katastrophenkapitän wie Francesco Schettino plötzlich an einer renommierten Uni wie La Sapienza in Rom auftaucht und den Studenten einen Vortrag über Panikmanagement hält.
Diesmal handelt es sich um keinen irreführenden Witzbericht des Satireblatts „Der Postillon“. Neben seinen Partybesuchen auf Ischia fand Schettino tatsächlich die Zeit, am 5. Juli auch in eine Kriminologie-Vorlesung der Universität La Sapienza zu kommen und seine Sicht der Dinge von der Unglücksnacht zu schildern. Unter anderem referierte er darüber, wie man optimal mit Panik umgeht. Rektor Luigi Frati distanzierte sich sofort von der Einladung des unangenehmen Gastes. Der Dozent, der Schettino eingeladen hatte, Vincenzo Maria Mastronardi, muss sich nun vor der Ethik-Kommission der Uni rechtfertigen.
Die Reaktionen der Politik sind scharf. „Verstörend“ findet Bildungsministerin Stefania Giannini den Auftritt. Als „puren Wahnsinn“ bezeichnet ihn Barbara Saltamarini von Nuovo Centrodestra. Auch Sandra Savino, Forza Italia-Abgeordnete, erkennt in dem Vorfall die Einzigartigkeit Italiens und fragt:
"In welchem anderen demokratischen Land wird einerseits einem Papst wie Benedikt XVI. die Begegnung mit den Studenten untersagt und dann andererseits im Abstand von ein paar Jahren Schettino die Plattform geboten?"