Chris im Glück
„Ich habe schon lange nicht mehr so hart und konzentriert gearbeitet“, sagt er mit leiser Stimme. Es ist lange nach Mitternacht und im Hotel in Rimini herrscht Nachtruhe. Bis spät in der Nacht steht Chris Costa an diesem Tag auf der Bühne. Hinter verschlossenen Türen probt man für die Welttournee von Eros Ramazzotti. 14 Tage Proben im August in Mailand und jetzt zehn Tage in Rimini, wo am kommenden Samstag die Perfetto-Tour 2015/2016 starten wird. 28 Konzerte allein bis zum 7. November. Dreimal die Arena in Verona und dreimal das Mediolanum Forum in Mailand ausverkauft. Davor und danach Prag, Lubiljana, Wien, München, Amsterdam, Sofia, Krakau und Brüssel sind nur einige Stationen des italienischen Superstars. Im Frühjahr 2016 geht es dann weiter nach Frankreich, Russland und in den baltischen Staaten. Später nach England und in die Staaten.
Mit dabei ist der Südtiroler Sänger und Musiker Chris Costa, „Ich habe lange gedacht, das ganze ist ein Scherz“, sagt er in diese Nacht. „jetzt langsam glaube ich wirklich daran“.
Christian Pescosta in arte Chris Costa ist in Corvara geboren. Seit zwei Jahrzehnten tingelt der Gadertaler durch die Welt. „Mein Traum ist es, durch die Welt zu reisen und meine Musik zu machen“, sagt er und fügt dann hinzu: „Ich weiß, dass das geht.“
Costa ist Multinstrumentalist. Er spielt Klavier, Keyboards, Gitarre und Percussion. Vor allem aber singt er. Der Musiker mit den abstehenden Haaren, dessen Aussehen an Einstein auf Acid erinnert, ist eine One-Man-Band, der mit seinen Loops und seinen Songs jede Hütte zum Kochen bringt.
Costa ist dabei absolut crossover. Seine Lieder und Sounds gehen querbeet durch die Musikgeschichte. In einem Moment Folk, im nächsten Punk. Eine Strophe klassisch instrumentiert, die nächste alá Daft Punk. Jazz, Blues oder Disco. Der Typ macht nirgends eine schlechte Figur.
„Mein Traum ist es, durch die Welt zu reisen und meine Musik zu machen“
Costa lebte in Bozen, Bologna, Livorno und Verona, aber auch in Deutschland und Holland. Nebenbei organisiert er das „Valbadiajazz“ Festival, das jedes Jahr im August im Gadertals über die Bühne geht.
Vor allem aber ist der Mann immer auf Tour. Frenetisch und unaufhaltsam versucht er seine Musik an den Mann und die Frau zu bringen. Auch er weiß, dass das ganze absurd ist. „Ausgerechnet einer wie ich landet dann auf der Bühne mit Eros“, kann er selbst herzlich lachen.
Am Anfang stand der Entschluss Italien zu verlassen. Aus und Schluss mit diesem Land der Widerstände und Widersprüche. Wie so viele junge Italiener zog Chris Costa vor fünf Jahren nach London. In der pulsierenden Musikszene an der Themse wollte er eintauchen und an seiner Karriere basteln. Was heißt: 20 Stunden am Tag Musik zu machen.
Chris Costa und Eros Ramazzotti: „Mit Musikern auf der Bühne, deren Fan ich immer war“
Ausgerechnet in diesem Moment schaffte er den Durchbruch. Aber in Italien. „Ich hatte immer im Leben einfach Glück“, sagt er heute. Das erste Engagement bekam er aus Zufall und Freundschaft. Er sang auf der Tour der italienischen Senkrechtsstarterin Malika Ayane im Background-Chor. Danach folgte eine Tour mit Cesare Cremonini. Dazwischen spielte Chris Costa in einem Video von Jovanotti mit und machte CDs mit eigenen Bands (Mood Filter oder Capsicum Tree). Ende vergangenen Jahres komponierte er dann seine erste längere Filmmusik für die Komödie „Italiano medio“ von Maccio Capotondo. Bei der Arbeit in Mailand lernt er auch Freunde von Eros Ramazzotti kennen.
Es war Zufall und ein Gespräch in einem Mailänder Plattengeschäft. Ramazzotti suchte nach Musikern und Sängern für seine Welttour. Chris Costa wird empfohlen, man trifft sich, findet sich auf den ersten Blick sympathisch und das Abenteuer beginnt. „Ich habe in meinem Leben nirgends vorspielen müssen“, sagt Chris Costa nachdenklich. Auch bei Ramazzotti nicht.
Nachdem klar ist, dass er mit auf Tour geht, folgt die Ernüchterung und harte Arbeit. „Die letzten drei Monate waren reine Panik für mich“, sagt der Gadertaler Musiker offen. Er lernte sich durch 50 Ramazzotti-Songs. Akkord für Akkord, Wort für Wort. In den meisten Songs singt Chris Costa Background. Ebenso spielt er aber auch akustische Gitarre und das eine oder andere Keyboard.
„Ich habe in meinem Leben nirgends vorspielen müssen“
Er der so gerne improvisiert, der sich treiben lässt von der Stimmung und dem Publikum, der alleine hunderte von Konzerten jährlich bestreitet und es damit gewohnt ist, auf niemanden als auf sich selbst zu horchen, ist plötzlich Teil eines riesigen, perfekt funktionierenden musikalischen Uhrwerks. Eine andere Welt.
In dieser Nacht in Rimini glänzen ihm die Augen. „Es ist verrückt, plötzlich stehe ich mit Musikern auf der Bühne, deren Fan ich immer war“, sagt er. Etwa den Mailänder Ausnahmegitarristen Giorgio Secco oder den Londoner Phil Palmer, der bereits bei den Dire Straits, Tina Turner und Eric Clapton die sechs Seiten zupfte.
„Ich fühle mich einfach geehrt hier dabei zu sein können“, sagt Chris Costa und die Worte klingen keineswegs aufgesetzt. Da ist eine gewisse Unsicherheit die mitschwingt. So als wolle er es immer noch nicht ganz glauben, dass das kein Traum ist.
La fortuna sorride agli
La fortuna sorride agli intrepidi. Chapeau und viel Spass und Erfolg! Ich hielte es keine 5 Minuten mit Ramazzottis Genäsle aus, das musste ich noch rauslassen.