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Kandidierst du jetzt?

Vor zwei Tagen sah ich meinen Namen auf der Centro-Destra-Kandidatenliste für die Südtiroler Landtagswahl. Gut, daß politische Leben meistens schnell vergehen.
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Foto: Centro Destra
1999 erfuhr ich aus der Schweizer Weltwoche, die man damals noch lesen konnte, daß Ingeborg Bachmann eine Namensvetterin in Zürich hat. „Was, Sie leben noch?“ wurde die Psychologin häufig angesprochen. Solche Sätze verfolgten sie wie ein schlechter Witz.
An einen Witz dachte auch meine Mutter Anfang der 1990er Jahre, als sie telephonisch darüber aufgeklärt wurde, daß ihre Tochter einer anderen Frau den Ehemann weggeschnappt habe. Die aufgebrachte Anruferin war kaum zu beruhigen, erst nachdem sie mein Geburtsjahr erfahren hatte und über meine damalige Tätigkeit an der Universität in Venedig aufgeklärt worden war, begriff die Schimpfende, daß sie mit der Mutter der falschen Sabine Gruber sprach.
Google Alert informiert mich zudem regelmäßig über die Auftritte einer Zithersolistin aus Tirol.
Jahrzehnte später unterstellte mir jemand ein Verhältnis mit einem Kulturjournalisten. Als sich dann Mails an mich verirrten, die für die Namensvetterin gedacht waren, überlegte ich kurz, in die Rolle der anderen zu schlüpfen und dem Journalisten schmachtende Zeilen zu schicken.  Aber so dreist war ich dann doch nicht. Ich reagierte erst gar nicht, hoffte anfangs, daß es ein einmaliges Versehen bleiben würde, bei der dritten Mail klärte ich den Herrn über seinen Irrtum auf.
Allein in Wien gibt es eine Plastische Chirurgin, eine Filmproduzentin und eine Photographin meines Namens. Google Alert informiert mich zudem regelmäßig über die Auftritte einer Zithersolistin aus Tirol und über neue Veröffentlichungen einer in Tübingen dozierenden Germanistin, die u.a. für ihre wissenschaftlichen Arbeiten zu Clemens Brentano oder zur Gattung des Briefes bekannt ist. Bei Lesungen habe ich auch schon eine ihrer Publikationen auf dem Bücher-Tisch vorgefunden.
 
Kurz hatte ich sogar einmal überlegt, einen Namenswechsel vorzunehmen, mich nach dem ledigen Namen meiner Mutter zu benennen, aber es war zu jenem Zeitpunkt schon zu spät
 
Immerhin hat es sich inzwischen herumgesprochen, daß ich nicht mit der Klosterneuburgerin Sabine Maria Gruber ident bin, die ihr erstes Buch noch unter diesem Namen publiziert hat, es dann aber vorgezogen hat, unter Sabine M. Gruber zu publizieren. Die Beschwerden jener Leser und Leserinnen, die sich in Buchhandlungen vergriffen hatten, waren eine Zeit lang lästig gewesen, inzwischen dürften aber fast alle wissen: Ein Buchstabe ist ein Buchstabe ist ein Buchstabe, mit dem ich nichts am Hut habe.
 
Gruber, Sabine
Schriftstellerin Sabine Gruber: „Meine Bücher und ich sprechen eine andere Sprache.“
 
 
Kurz hatte ich sogar einmal überlegt, einen Namenswechsel vorzunehmen, mich nach dem ledigen Namen meiner Mutter zu benennen, aber es war zu jenem Zeitpunkt schon zu spät gewesen; Monauni ist außerdem kein Name, den man sich leicht merkt. Wer ihn nur einmal gehört hat und ihn wiederzugeben versucht, verfällt leicht ins Miauen.
Warum sollte ich nicht bei Gruber bleiben? Ich mag auch den Allerweltsnamen Müller, wenn ich an Heiner oder Herta denke...
Unterstellte Liebschaften, fehlgeleitete Post – das sind amüsante Begleiterscheinungen eines im süddeutschen Raum oft vorkommenden Namens. Mitleid aber hatte ich Ende der 1990er Jahre mit dem ehemaligen Hanser-Verleger Michael Krüger, als in den Medien ständig von einem anderen Michael Krüger, dem FPÖ-Nationalratsabgeordneten und Freund Jörg Haiders, die Rede gewesen war. In Erinnerung geblieben ist mir nur, daß der Politiker einen Jaguar als Dienstwagen bestellen wollte. Seine Funktion als Justizminister währte nur kurz, gerade mal 25 Tage, dann trat der FPÖ-Mann aus „gesundheitlichen Gründen“ zurück. Gut für den Verleger.
 
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Die Kandidatin, die meinen Namen trägt, ist auf Platz 6 gereiht und wird es ziemlich sicher nicht in den Landtag schaffen.
 
Nun scheint mir Ähnliches zu blühen: Vor zwei Tagen sah ich meinen Namen auf der Centro-Destra-Kandidatenliste für die Südtiroler Landtagswahl. Wofür diese Partei steht, ist allgemein bekannt: Faschismus-Nostalgie, Homophobie, Antifeminismus und Rassismus, um nur einige Eckpfeiler zu nennen. Meine Bücher und ich sprechen eine andere Sprache.
Die Kandidatin, die meinen Namen trägt, ist auf Platz 6 gereiht und wird es ziemlich sicher nicht in den Landtag schaffen.
Gut, daß politische Leben oft erst gar nicht beginnen oder meistens schnell vergehen.
Gut, daß Bücher lange leben. Gut für die Schriftstellerin.
 
 
 
Sabine Grubers Roman „Die Dauer der Liebe“ steht zum zweiten Mal auf Platz 1 der ORF-Bestenliste und ist soeben in der 3. Auflage erschienen.
 
 
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Salto User
MiB . Mer, 09/13/2023 - 19:43

„Wofür diese Partei steht, ist allgemein bekannt: Faschismus-Nostalgie, Homophobie, Antifeminismus und Rassismus, um nur einige Eckpfeiler zu nennen”

Mi interesserebbe sapere dall’autrice dell’articolo dove ella abbia desunto questi aspetti così peculiari di un soggetto politico nato solo sei mesi fa in seguito ad una scissione avvenuta all’interno della Lega, che non ha ancora partecipato ad alcuna tornata elettorale e di cui non riesco a trovare in Rete neppure il programma elettorale.

Mer, 09/13/2023 - 19:43 Collegamento permanente
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Salto User
Andreas Thaler Gio, 09/14/2023 - 07:25

Schriftsteller (und Journalisten) können ganz schön eitel sein wenn es um ihren Namen geht ("Es kann nur einen geben"). Da werden sie ganz schnell widerspenstig und sehen sich in der Pflicht gleich verbale Zäune aufzustellen ("Ich bin nicht wie die da"). Das kann ja noch toleriert werden. Aber wenn die Gruber (Schriftstellerin) eine Person, die zufällig den gleichen Namen trägt und mit der sie nie persönlich gesprochen hat, "verbale Steine in den Garten" wirft ist das mehr als unhöflich. So sind sie eben die Pseudo-Demokraten....

Gio, 09/14/2023 - 07:25 Collegamento permanente